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Gustav Wied (geb. 1858 auf dem Gute Holmegaard auf der Insel Lolland, lebt in Kopenhagen) ist eine der seltsamsten Erscheinungen der modernen Literatur, eine Gestalt von jenem sympathischen Anarchismus der Seele, dem das Leben nicht mehr gilt als eine geschickte Grimasse. Wenn er von sich erzählt, er wohne zwischen einer Kirche und einem Irrenhause, so will er damit nicht mehr als sein menschliches Verhältnis zur Welt karikieren. In wie weit man diese Glosse auch auf seine Produktion anwenden darf, lehrt eine Vertiefung in die Werke dieses unbändigen Satirikers und Humoristen, der bei aller Souveränität des Witzes noch so viel für Ernst und Wehmut übrig hat. Von seinen zahlreichen Werken sind die bedeutendsten in die deutsche Sprache übertragen worden und auf die jüngste Generation nicht ohne Einfluß geblieben. Viele Bewunderer hat sein Roman »Die von Leunbach« gefunden, ein Werk von überzeugender Kraft der Charakteristik und Schilderung. Von der kräftigen Hand eines überzeugten Realisten entworfen, wachsen diese Menschen, »die von Leunbach«, vor unseren Augen aus dem Boden und gewinnen unsere Sympathien. Ähnlich hinreißend durch Reichtum der Ausdrucksformen ist sein anderer Roman »Die leibhaftige Bosheit«. Den besten Klang jedoch hat Wieds Name durch seine Satiren und Komödien erhalten. Allerdings ist dieser Witz, dieser seine Esprit nicht für die breiten Massen berechnet, umsomehr wird der Kenner in diesen rücksichtslosen Pinselstrichen das entdecken, was wir von unseren deutschen Autoren noch immer erwarten müssen, die Qualitäten des Lustspieldichters. »Erotik«. ein Satirspiel in drei Akten, gibt ohne viel dramatischen Apparat eine glänzende Ironie der unehrlichen ländlichen Romantik der alten Schule. »Abrechnung« ist eine lustige harmlose dramatische Kleinigkeit mit virtuos gezeichneten Figuren.
V. H.