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Josef Ruederer

Josef Ruederer, geb. 1861 in München, lebt ebenda. Ruederer gab in seiner »Fahnenweihe« eine gut komponierte Bauernkomödie. Auch die Charakteristik ist durchweg gelungen, von einer frischen Kraft und inneren Wahrheit. In scharfen Rissen sind die Porträts der handelnden Menschen entworfen, mit zwingender Dramatik sind sie einander gegenübergestellt. Fast eben solches Talent für Charakterstudien bewies »Ein Verrückter«, worin der Kampf eines armen Lehrers gegen seinen Pfarrer geschildert wird. Das Menschliche der Tendenz wirkt gewinnend, und die Figur des armen Revolutionärs, der schließlich unterliegt und im Wahnsinn endet, hat viel echte Tragik. In den »Tragikomödien« schildert Ruederer mit Meisterschaft einen alten, mit brutaler Zähigkeit am Leben hängenden Bauern, der alle jungen Keime, die rings um ihn herum erwachen, erstickt. Die Erzählung »Gansjunge« und die »Wallfahrer-, Maler- und Mördergeschichten« haben viel Gemeinsames im Kolorit. Eine seltsame Mischung von souveränem Humor und bitterer Spottlust gab den letztgenannten Erzählungen etwas Groteskes. Ruederer ist mit seiner Vorliebe für das Grausige ein späterer Nachkomme Th. A. Hoffmanns. Aber sein Stil ist leider nicht konsequent genug, als daß man sagen könnte, Ruederer sei der berufenste Vertreter für das grotesk-dämonische Genre in der Moderne.

V. H.


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