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Robert Reitzel, geb. 1847 in Tuttlingen (Württemberg), starb 1897 in Detroit (Amerika). Als junger Student der Theologie ging Reitzel im Jahre 1871 nach Amerika. Er gewann bald Fühlung mit freiheitlich gesinnten Landsleuten, durchreiste als freigeistiger Prediger das Land, bis er sich in Detroit (Michigan) niederließ und dort sein Blatt »Der arme Teufel« gründete. In dieser höchst eigenartigen Zeitschrift, die völlig den Stempel seiner eigenen Persönlichkeit trug, zeigte sich Reitzel als ebenso scharfer Zeitkritiker wie als Essayist und als Dichter, und zwar erkannte man den Dichter nicht nur aus den Versen, die er hier und da in seinem Blatte veröffentlichte, sondern vor allem aus dem schwunghaften, persönlich durchlebten und ganz ursprünglichen Stil. Ohne sich an irgend eine Richtung zu binden, vertrat Reitzel die Forderungen der Freiheit und des kulturellen Fortschritts mit einer Schärfe und einem antiphiliströsen Humor, der ihm den Haß und die unausgesetzte versteckte Anfeindung der Frömmler und Spießer, und die glühende Verehrung eines wenn auch kleinen Kreises von Künstlern und Literaten eintrug. Mitarbeiter hatte er an seinem Blatte nur wenige, u. a. M. G. Conrad und H. H. Ewers; im allgemeinen enthalten die vierzehn Jahrgänge des »Armen Teufels«, eines anarchistischen Blattes im edelsten, rein individualistischen Sinne, nur Beiträge Reitzels. Seine Essays über Scheffel, Heine, Kleist, über die jüngere deutsche Literatur, über philosophische, religiöse, künstlerische Fragen usw. machten sein Blatt zu einem Brennpunkt deutscher Kultur in Amerika und zum Tempel der deutschen Sprache. Weiteren Kreisen ist er in Deutschland nie bekannt geworden. Die Herausgeber des anarchistischen »Sozialist«, sowie Michael Georg Conrad als Herausgeber der »Gesellschaft« wiesen unausgesetzt auf Reitzels große Bedeutung hin, so daß er auf einen engeren Kreis mehr und mehr Einfluß gewann, so starken Einfluß, daß sein Name unter den großen Anregern im Verlauf der modernen Literaturbewegung nicht übergangen werden darf. – Nach seinem Tode sammelte Martin Drescher eine Reihe der besten Aufsätze, Skizzen und Novellen Reitzels, die unter dem Titel »Das Reitzelbuch« in einigen tausend Exemplaren in Subskription erschien. Nur wenige gelangten davon nach Deutschland. So kommt es, daß Deutschland einen seiner bedeutendsten Geister nicht kennt und nicht kennen wird; nicht eine moderne Literaturgeschichte erwähnt überhaupt nur den Namen dieses Großen!
E. M.