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Petri Kettenfeier Rosegger. Was man mit der Bezeichnung »Volksschriftsteller« sagen will, ist ein ziemlich begrenzter Begriff, aber doch relativ genug, um bald bei der Charakteristik des Genres, bald als Qualitätsmaß in Anwendung zu kommen. Bei Petri Kettenfeier Rosegger (geb. 1843 zu Alpl in Obersteiermark, lebt in Graz) ist diese Bezeichnung wie bei keinem angebracht, er kann fast nur von solchen Gesichtspunkten aus genossen werden. Was ihn zu unserer Moderne in eine Beziehung setzt, ist der Umstand, daß er u. a. für eine bestimmte Gruppe der jüngeren Dichter vorbildlich geworden ist und gewissermaßen als ihr Stammvater betrachtet wird – ich meine die sogenannte »Heimatkunst«, die er allerdings an Kraft der Persönlichkeit und Eigenart der Linie weit überragt.
Als Kind eines kleinen Landmanns wuchs Rosegger ganz in einem bäuerlichen Milieu auf, dessen Geist und Kolorit alle die zahlreichen Bände seiner Feder ausatmen. Autodidaktisch, unter den Auspizien eines pensionierten Dorfschullehrers, eignete er sich nur dürftige Kenntnisse an, bekam jedoch bald Gelegenheit durch Förderung seitens Albert Swobodas, des Redakteurs der »Grazer Tagespost«, an den er seine poetischen Erstlinge gesandt hatte, seinen Horizont zu erweitern. Nach einem mißglückten Versuch die Buchhändlerlaufbahn einzuschlagen, kam er 1885 nach Graz an die Akademie für Handel und Industrie. Später machte er Reisen nach Holland, Schweiz und Italien und gründete nach seiner Rückkehr die Monatschrift »Heimgarten«, als deren Herausgeber er noch immer zeichnet.
Von seinen zahlreichen Schriften, unter denen viele einen großen Erfolg zu verzeichnen haben, ist sehr viel Wertloses, aber auch einiges künstlerisch Bedeutsame. Besonders seine kleineren Arbeiten, jene kurzen Alpengeschichten, die seinen Namen zuerst in weitere Kreise trugen, lassen ihn als einen scharfen Beobachter und feinen Charakteristiker erscheinen. Wie sein Landsmann Anzengruber versteht er es, Menschen und Landschaft in großen Zügen zu schildern, ohne jedoch die Plastik und innere Rundung dieses großen Individualisten zu erreichen. In Rosegger steckt ein stark demokratisches Element, das ihn verleitet, dem Typus allzu große Aufmerksamkeit zu schenken und die besten Keime und Ansätze der Einzeldarstellung in breit angelegten Milieuschilderungen und Koloritflächen ertrinken zu lassen.
Seine frühesten Arbeiten waren, neben jugendlich unreifen Entwürfen zu Erzählungen und Dramen, die Gedichte »Zither und Hackbrett«, die ihm 1872 ein Stipendium des steyrischen Landesausschusses verschafften. 1873 folgten »Geschichten aus den Alpen«, »Das Geschichtenbuch des Wanderers«, »Dorfsünden« und die berühmt gewordenen »Schriften eines Waldschulmeisters«. Seine metaphysischen Anschauungen legte er in dem Roman »Gottsucher« nieder. Eine Selbstbiographie des Dichters enthält gewissermaßen der Roman »Heidepeters Gabriel«. Dem sozialen Roman versuchte Rosegger in »Jakob der Letzte«, dem historischen in »Peeter Mayer, der Wirt an der Mahr,« näher zu kommen.
V. H.