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Jens Peter Jacobsen

Jens Peter Jacobsen. Wir werden uns am leichtesten über die Stellung, die der Däne Jens Peter Jacobsen (geb. 1847 zu Thisted in Jütland, gestorben 1885) in der Geschichte der Weltliteratur einnimmt, klar werden, wenn wir ihn als Vorläufer jener Richtung betrachten, für die in Deutschland der Ausdruck »Desillusionsliteratur« geprägt worden ist. Im Gegensatz zu den sogenannten »Illusionisten«, deren Streben dahin ging, im Zuhörer die Vorstellung der realen Wirklichkeit zu erzeugen, griffen die Desillusionisten auf ein älteres Programm zurück, indem sie das Maß der Künstlerschaft nicht an die Wirklichkeitsmöglichkeit legten, sondern verlangten, daß sich das Kunstwerk als solches dem Bewußtsein des Genießenden einpräge. Wie bei nur wenigen wurzeln die Grundlagen von Jacobsens dichterischem Talent in seiner wissenschaftlichen Bildung. Die intime Beschäftigung mit der Natur hat seiner Dichtung ihre Signatur gegeben. Schon in jungen Jahren trat er mit naturwissenschaftlichen Abhandlungen in die Öffentlichkeit; seine Arbeit über Tangarten wurde sogar mit einer Preismedaille der Universität ausgezeichnet. Später treffen wir ihn als eifrigen Mitarbeiter der »Neuen dänischen Monatschrift« und als Übersetzer der Schriften Darwins.

Seine frühesten poetischen Arbeiten zeigen bereits deutliche Spuren jenes Impressionismus, der mit der Technik der Malerei die meisten Berührungspunkte hat und sich besonders in der Behandlung der Sprache zum Ausdruck bringt. Diese ungemein scharfe Beobachtungsgabe, die die Dinge beständig unter der Lupe sieht, ihnen ihre feinsten Schattierungen und Fältchen abzusehen versteht, spricht sich in seinen Jugendnovellen »Mogens« 1872 und »Ein Schuß in den Nebel« 1875, wie in seinem ersten kulturhistorischen Roman »Frau Marie Grubbe« 1876 deutlich aus. Der Stoff trägt das Kolorit des dänischen 17. Jahrhunderts und gibt meisterhafte Schilderungen des damaligen Gesellschaftslebens. Sein letztes und größtes Werk ist aber der Roman »Niels Lyhne« 1880. Der Einfluß, den gerade dieses Buch auf das Ausland hatte, ist einer der stärksten der nordischen Literatur überhaupt gewesen. Die neue Art, mit der der Dichter Stimmungen technisch zu fassen wußte, wie er beispielsweise die Psychologie des Hand- und Gesichtsausdruckes verwertet hat, entwickelte sich unter seinen Nachahmern rasch zur Manier. Auch seine Lyrik trägt das Gepräge einer scharfen Eigenart, steht aber an künstlerischen Qualitäten hinter der Prosa zurück.

V. H.


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