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Otto Erich Hartleben, geboren 3. Juni 1864 in Clausthal, starb 1905 in Salo. Hartleben stand als Lyriker unter dem Einfluß Maupassants. Unter dem Deckmantel formeller Anspruchslosigkeit entwickelte er eine Manier aus Elementen der Romantik und des Klassizismus. Überhaupt hatte er wenig eigene Linie, dagegen ein unverkennbares Geschick, Originalität vorzuspiegeln.
Er erreichte das, indem er seine Vorbilder übertrieb und parodierte. Rein technisch gesehen, erscheinen seine lyrischen Produkte trotzalledem auf einer gewissen Höhe. Er verstand es eben, fremde Stile von einem einheitlichen Gesichtspunkte aus sich nutzbar zu machen, beständig darauf bedacht, sich nirgends zu verraten, was ihm auch stets gelungen ist. Er ist nichts weniger als ein plumper Eklektiker, er ist ein raffinierter, sehr kluger Kenner, für den sich eine literaturhistorische Schlinge nicht so leicht knüpfen läßt. Seine bekanntesten lyrischen Sammlungen sind »Meine Verse« 1895 und die inhaltlich realistische, formell im Ton der römischen Elegien gehaltene Sammlung von Liebesgedichten »Prosa der Liebe«. Während in der ersten Sammlung der bereits erwähnte Einfluß des Franzosen sich vordrängt, hat für die andere Goethe den Lehrmeister abgegeben. An dieser Stelle sei auch erwähnt, daß Hartleben überhaupt zu den eifrigsten Verehrern Goethes unter der jüngeren Schule zählt. Sein »Goethebrevier« 1895 fand viel Beachtung.
Viel schärfer und eigenartiger prägt sich uns die humoristische Seite seines Wesens ein. Hartleben war der geborene Humorist, ein moderner Anakreontiker, der einzige vielleicht! Und er leistete das Beste in dieser Kunst, nachdem er die geeignete Form, sein Innerstes auszuleben, gefunden hatte. Diese war für ihn die kleine Prosaerzählung. Seine Geschichten »Vom abgerissenen Knopf«, »Vom gastfreien Pastor« und »Der römische Maler« werden seinen Namen am längsten klingen lassen. Wieder ist es die leichte, schmiegsame Art des Franzosentums, die ihm die Feder führt, aber diesmal in einem Rahmen, der gerade nach solcher Füllung verlangte! Sein literarisches Bild wird ergänzt, aber nicht erweitert durch seine dramatische Produktion. Das leichtere Genre, d. h. die mit Satire und einer Art sentimentalem Humor gewürzte Situationskomödie lag ihm am besten. »Die sittliche Forderung« und die Tragikomödie »Hanna Jagert« haben manches Wertvolle. Einen großen materiellen Erfolg erntete der Dichter mit »Rosenmontag«, der ihm den Grillparzerpreis eintrug und über sämtliche Bühnen Deutschlands und Österreichs ging. Literarisch wenig wertvoll, beweist das Stück einen sicheren Blick für Bühnenwirkungen. Hartleben steht als Dramatiker gewissermaßen zwischen Hauptmann und Sudermann einerseits und Halbe-Schnitzler andererseits. Er hat von allen den Genannten technisch gelernt, ihnen eigentlich aber nur Äußerlichkeiten absehen können, die er im »Rosenmontag« mit allem Raffinement verwertet. – Genannt seien noch »Angele« 1891, »Erziehung zur Ehe« 1893, »Ein Ehrenwort« 1894 und der Einakterzyklus »Die Befreiten«. Auch als Literaturästhetiker ist Hartleben hervorgetreten. Neben seinem »Goethe- Brevier« sei noch des »Angelus Silesius« 1896 und seiner Herausgabe Logaus Erwähnung getan.