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Heinrich Mann, geb. 1869 zu Lübeck, lebt in Florenz. Seine literarische Laufbahn begann mit einer Sammlung von Novellen »Das Wunderbare«. Ein früherer Roman – »In einer Familie« – ist für die Art des Dichters nicht bezeichnend, ist auch unzulänglich als Roman. Dagegen haben wir im »Schlaraffenland«, einem Roman aus der Berliner Haute-Finance, den ganzen Heinrich Mann vor uns: in jener merkwürdigen Mischung von Burleske und schwebender Ironie, von Ernst und Laune. Die Kultur des Stils setzt hier an, um in den drei Romanen der Herzogin von Assy (»Die Göttinnen«) einen Triumpf zu feiern. Man hat ihn, weil er der erste Stilkünstler ist, den wir heute haben, »Artist« genannt. Es käme auf die Definition des Wortes an; gewiß ist er, was Baudelaire einen »Dilettanten« nannte: ein intellektueller Wollüstling, ein Pfadfinder in den sensationstollen Labyrinthen dekadenter Seelen. Die »Göttinnen« sind die Eine, das Weib. Es wandelt sich von einer Diana zur Minerva, der kunstberauschten und kühlen; sie geht im Zeichen der Venus in Flammen auf, ohne den köstlich überlegenen Intellekt zu verlieren. Die Herzogin von Assy ist Königin über ihr Leben und schafft aus ihm ein dreifaches Feuerwerk, ein dreifaches Zeichen für das Schicksal, Weib zu sein, es göttlich ganz zu sein. Der Roman spielt in Italien, weil Italien für Mann der Hochofen aller europäischen Kultur ist. Weil es die Farben und die Menschen hervorbringt, in die sich ein wie das Leben starkes Symbol würdig hineinstellen läßt. Doch die letzte Wildheit ist beherrscht: niemals stand die Meisterschaft Heinrich Manns höher und unnahbarer. Es ergeben sich die Tollheit der Menschen und die Möglichkeiten für ihre Schönheit – und die Kraft, das zu gestalten. »Die Jagd nach Liebe« ist von Flaubert beeinflußt; das Buch ist technisch das interessanteste von allen Büchern Heinrich Manns. Hier ist ihm die Lösung des gerade für seine Art zu schaffen äußerst schwierigen Problems geglückt: ein sentimentales Erlebnis als Ironiker ernsthaft, ja herzergreifend durchzuführen. Die Novellensammlungen »Flöten und Dolche« enthält das meisterhafte Stück »Pipo Speno«, mit dessen Held d'Annunzio gemeint sein mag, und als Kraftleistung an Konzentration ragt unter den anderen älteren Arbeiten der »Drei Minutenroman« hervor, »Professor Unrath« ist erst kürzlich (1905) erschienen. Mann behandelt hier den Niedergang eines »Oberlehrers«, der einer Chantantdame unter die Tatzen gerät, die ihn nun langsam in den Sumpf zerrt, Schritt für Schritt. Die Tragik ist von einem überwältigenden Humor, und der Humor liegt doch in nichts weiter als in der Art, lebendige Menschen zu zeichnen, in dieser nobeln Karikatur, die das Wesentliche eines Charakters in Kürze zu geben vermag.
R. S.