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Unmittelbar nachdem sich Murdock und sein Kompagnon zu ihrer Besprechung in das Bibliothekzimmer zurückgezogen hatten, läutete es an der Tür. Im selben Augenblick hatte Audrey ihre Demütigung und ihren Zorn vergessen.
»Er ist da! Und ich habe so ein rotes Gesicht!« Ach ja, zerzauste Federn sind nicht das Kleid, in dem man seinem Liebsten zufliegt. Audrey flüchtete fast noch rascher, als sie vor Gregorys Zudringlichkeiten geflüchtet war, in ihr Zimmer.
Ihr Herz ließ ihr keine Zweifel darüber, daß Roger Warren ihr die Verzögerung nicht übel nehmen würde. Sie eilte vor den Spiegel. Ihre verweinten Augen fragten: »Bist du das wirklich? Du bist doch nicht dieselbe, die du noch vor ein paar Augenblicken gewesen bist?« Vergnügt tilgte sie die verräterischen Spuren ihrer Tränen, und voller Seligkeit kam sie die Treppe wieder herunter. Sie summte halb unbewußt eine Melodie, zu der ihr klopfendes Herz den Takt schlug.
Es tat ihrer Vergnügtheit keinen Abbruch, als sie entdeckte, daß der Besuch nicht Roger Warren, sondern Edith Winthrop war. Audrey hatte Edith darum nicht minder gern, weil sie ziemlich heftig mit jungen Leuten und ganz besonders heftig mit Harry Gregory kokettierte. Im Gegenteil, die unternehmungslustige, etwas extravagante, reiche junge Witwe, deren Ehe eine Geldheirat und keine Liebesheirat gewesen war, bedeutete für Audrey jetzt den besten Schirm und Schild gegen Gregory, besten Gespräch mit ihrem Vater ja bald zu Ende sein mußte.
Also begrüßte sie Edith mit ehrlicher Herzlichkeit, um so mehr, als ihr Kommen ja durchaus nicht Warrens Besuch ersetzen sollte, noch ihre Freude auf ihn störte, sondern sie eigentlich durch die Verzögerung noch vermehrte.
»Nein, Audrey, Kindchen, wie gut du heute wieder aussiehst. Einen Scharm hast du. Ich bin wieder ganz überrascht. Nach der Nacht gestern und der ganzen schrecklichen Geschichte –« und so redete sie noch eine ganze Weile weiter, gurrend und girrend wie eine Turteltaube.
Edith hatte Warren nicht gesehen gehabt, wenigstens nicht länger als einen flüchtigen Augenblick und nicht anders als den Kriminalbeamten, der sachlich, aber liebenswürdig seine Anweisungen zu geben hatte. Nein, Edith hatte nicht seine klaren, haselnußbraunen Augen gesehen unter den faltenlosen Lidern, diese Augen, deren ruhige Klarheit Audrey so erstaunte, daß sie sich fragte, welche Zauberkraft wohl ihren Träger davor bewahrt haben mochte, daß weder die Sorgen seines schweren Berufes noch die Lebensgefahr, die er eben bestanden, ihre Spuren hinterlassen hatten.
Audrey war durchaus nicht traurig. Sie konnte sich nicht genug tun, Edith ihre Freude zu zeigen, und die junge Witwe war immer wieder erstaunt über ihre strahlende Unbedrücktheit.
»War das nicht ein merkwürdiger Abschluß, gestern abend?« meinte Audrey fragend. »Ach, Sie hätten sich gewundert, Edith, wenn Sie all die Polizeibeamten gesehen hätten, die höheren Beamten, meine ich. Sie waren furchtbar rasch hier, aber Sie waren ja schon fort. Und dann war ein Detektiv hier, aber den haben Sie, glaube ich, noch gesehen. Er hatte den Einbrecher einsteigen sehen und ist ihm ins Haus nachgekommen. Die Schüsse, die wir gehört haben, hatte er abgefeuert. Der Einbrecher hatte fehlgeschossen, der Detektiv aber traf. Der Mann hätte beinahe meinen Vater erschossen. Dafür hat ihn jetzt die Kugel getroffen. Sie haben ihn natürlich fortgeschafft.«
Audrey brauchte weiter nichts zu sagen.
»Mein Gott, wie romantisch!« Für Edith war die Geschichte genau so interessant, wie wenn es sich um einen Verbrecherfilm gehandelt hätte. »Und der Detektiv, ist er verwundet worden?«
»Natürlich. Ein Schuß aus dem Revolver des Einbrechers hat seinen Oberarm gestreift. Mein Vater hat mir übrigens bestätigt, daß er ihm tatsächlich das Leben gerettet hat. Ach, diese Kriminalbeamten sind keine Feiglinge.«
»Da ist ja Mr. Gregory!« Mrs. Winthrops Ausruf verriet eine so offensichtliche Freude, daß Audrey sich schwer eines spöttischen Lächelns enthalten konnte. Wenn Gregory doch nur die junge Witwe gehört hätte und auf ihre Gefühle eingehen wollte, dachte Audrey. »Und Ihr Vater!« fügte Edith nachlässig hinzu, als ob sie damit zum Ausdruck bringen wollte, daß Väter sozusagen unwesentliche Inventarstücke eines Haushalts seien, während unverheiratete Männer, ganz gleich welchen Alters, unschätzbare Juwelen bedeuteten.
Die beiden Herren unterhielten sich scherzend. Sie kamen die Treppe herunter und begrüßten Mrs. Winthrop. Ein vielsagender Blick ihres Vaters hinter dem Rücken der beiden anderen beruhigte Audrey vollkommen. Sie verstand, daß Gregory einen Verweis bekommen und entsprechende Versprechungen für die Zukunft hatte machen müssen. Das Band zwischen Vater und Tochter war wieder fester als in der vergangenen Nacht, in der es fast überdehnt worden war, und als in demselben Augenblick die Glocke läutete, hatte Audrey im Überschwang ihrer Freude alles vergessen bis auf den neuen Besucher.
Es war Roger Warren.
Gregory erkannte ihn natürlich sofort. Es konnte ihm auch nicht entgehen, daß sich Audreys Gesicht tiefer färbte, als ihre Lippen den Willkommensgruß formten.
»Fein, daß Sie kommen! Freue mich außerordentlich!« rief Murdock Warren entgegen und ging mit ausgestreckten Händen auf ihn zu. »Ein etwas angenehmerer Besuch als heute nacht, was?«
»Ich hoffe, daß ich nicht ungelegen komme«, erwiderte Warren mit einer leisen Verbeugung zu Gregory hin. »Der Grund meines Kommens ist nämlich, daß ich noch ein paar Kleinigkeiten für meinen Rapport klarstellen möchte.«
»Mr. Warren – Mrs. Winthrop«, stellte Murdock vor. Warren verbeugte sich. »Ich habe die gnädige Frau bereits heute nacht kennengelernt,« erklärte Warren, »dienstlich allerdings und nur sehr flüchtig.« Er war höflich und schien durchaus nicht weiter interessiert.
Als sich die Tür hinter Mrs. Winthrop geschlossen hatte, warf Gregory Murdock einen Blick zu und schlüpfte wie ein Aal aus dem Zimmer. Murdock murmelte ein »Sie entschuldigen mich wohl für ein paar Minuten« und verschwand. Weder Warren noch Audrey achteten weiter auf die beiden.
*
»Hier heißt's aufpassen«, erklärte Gregory, als sie außer Hörweite waren, ohne seine Stimme über ein heimliches Flüstern zu erheben. »Stehen und fallen wir zusammen oder nicht?«
»Selbstverständlich,« antwortete Murdock, »aber was soll das heißen?«
»Dieser Warren ist wieder da. Mach' dir nichts vor, Murdock. Ich kenne diese Kerle von Kriminalbeamten. Und der da drin ist durchaus kein Wasserkopf. Er ließe sich gar nicht so übel in einem unserer Geschäfte gebrauchen. Er weiß, was er will. Drück dich für einen Augenblick, hol' dir meinetwegen eine Zigarre oder sonst was. Ich passe inzwischen schon auf. Er hat mich vorhin fixiert, sage ich dir. Er ist nicht hergekommen, um ein paar Kleinigkeiten klarzustellen. Das hat er heute nacht besorgt, und die Akten sind längst im Kasten. Ich weiß, was ich weiß. Streite nicht mit mir. Du kannst es ruhig lassen. Bleib ein paar Augenblicke draußen. Ich werde schon bald raushaben, weshalb er gekommen ist.«
Murdock war nicht sofort dazu bereit, aber Gregory traf den Kernpunkt seiner eigenen, fieberhaft arbeitenden Gedanken, als er hinzufügte: »Vergiß nicht das Loch in der Wand oben. Lauf hinauf und hol' dir eine Zigarre. Schieb einen Stuhl davor. Wenn der Kerl nach oben geht, setz' dich in den Stuhl und geh nicht eher wieder 'raus, als bis er 'raus ist. Verstanden?«
Murdock ging also, sich eine Zigarre zu holen. Er sagte wenigstens so zu Gregory. Er sprach so laut, daß ihn Audrey und Warren hören sollten, aber sie hörten ihn nicht.
Gregory sah sich die Szene zwischen den beiden einige Augenblicke mit an. Dann trat er wieder mitten ins Zimmer und sah Warren mit einem Ausdruck beleidigender Überlegenheit von oben her an.
»Sie sind in dienstlicher Angelegenheit gekommen, wenn ich Sie richtig verstanden habe, nicht wahr?« bemerkte er spitz.
Bei Gregorys Eintritt hatten die beiden ihre Unterhaltung abgebrochen, was ihn erneut verdroß. Es war kaum anzunehmen, daß er der Gegenstand ihres Gespräches war, aber das plötzliche Schweigen war doch immerhin etwas verdächtig.
»Sehr richtig«, erwiderte Warren.
Er beschränkte seine Antwort auf möglichst wenige Worte. Er witterte, daß Gregory eine Szene vom Zaun brechen wollte, und eine solche Szene vor Audreys Augen wäre zum mindesten etwas verfrüht gewesen. Wenn Gregory Grund hat, die Polizei zu fürchten, wird er nicht gerade mit mir Händel suchen, dachte Warren. Vermutlich war Gregory nur eifersüchtig auf ihn.
Gregory machte eine Verbeugung und fuhr noch spitzer fort: »Pflichten wollen erfüllt werden. Wenn ich Ihnen irgendwie dabei behilflich sein darf –« Was Worte nicht sagten, sagte sein Gesichtsausdruck, der ungefähr soviel meinte wie: »Mit welchem Recht bist du eigentlich hier? Du bist ein Kriminalbeamter und nichts weiter. Das Mädchen ist kein Spielzeug für dich.«
»Verzeihung, Mr. Gregory«, unterbrach ihn Audrey. »Ich hatte Mr. Warren gebeten, mich zu besuchen.«
»Ich bitte um Entschuldigung. Das habe ich nicht geahnt.«
Gregory besaß eine beneidenswerte Selbstbeherrschung. Merkwürdig dachte er, warum hat mir Murdock das nicht glatt gesagt und hat sich so ohne weiteres nach einer Zigarre schicken lassen? Murdock läßt sich doch sonst nicht schicken oder sich etwas befehlen. Er pflegt gewöhnlich Befehle zu geben. Wußte er darüber Bescheid, daß Audrey Warren gebeten hatte, zu kommen? Irgend etwas war nicht ganz klar. Gregory wußte nur noch nicht, was.
»Ich habe mich nicht streiten wollen, Audrey. Verlangen Sie noch eine weitere Entschuldigung von mir? Aber, mir scheint, Ihre Gäste haben bisher nicht zum Polizeikorps gehört.«
Das junge Mädchen war außerstande, ihm zu antworten. Ein innerer Zweifel, vermischt mit einer unbestimmten Furcht, durchfröstelte sie. Zum Glück hörte sie die Schritte ihres Vaters. Sie konnte sich nicht erinnern, daß sie ihr je willkommener gewesen wären.
Gregory wandte sich zu Murdock, der eine Zigarre rauchte. Audrey war verwirrt, denn ihr Vater rauchte fast niemals und dann höchstens in seinem Arbeitszimmer.
Warren war ebenfalls völlig konsterniert. Audrey las es aus seinen Mienen und erklärte: »Mr. Gregory ist meines Vaters Kompagnon, verstehen Sie?«
Warren machte abermals eine Verbeugung, um seine erneute Überraschung zu verbergen. Ihre unzweifelhafte Feststellung hatte einer seiner Thesen jeden Boden entzogen. Er bemühte sich, sich wieder zurechtzufinden, und seine Gedanken flogen zurück zu der Besprechung, die er am Morgen mit dem Chef der Polizei gehabt hatte. Er fragte sich, ob der Chef wohl wüßte, daß Gregory Murdocks Kompagnon war. Er kam indessen zu dem Schluß, daß er es vermutlich nicht gewußt hatte, denn als er von Gregory als von einem Angestellten Murdocks gesprochen hatte, war er nicht korrigiert worden.
Warrens erster Verdacht gegen Gregory hatte ihn bereits wie ein Schlag getroffen. Jetzt war er noch verstärkt worden durch seine Kenntnis von dem innigen geschäftlichen Verhältnis der beiden Männer zueinander. Mußte nicht auch auf Murdock ein Verdacht fallen?
Gregory unterbreitete inzwischen Murdock in der Halle einen neuen Vorschlag.
»Du sollst deinen Willen haben, Gregory«, sagte Murdock lächelnd. »Vielleicht hast du recht. Aber, das laß dir sagen, ich lasse mich von keinem Polizeimenschen um meinen gesunden Menschenverstand bringen. Wenn Warren ein heimtückischer Hund ist, werden wir es schon merken. Audrey kann ihn übrigens um den kleinen Finger wickeln. Das habe ich schon gestern beobachtet.«
»Laß uns jetzt gehen«, meinte Gregory. »Du magst es besser wissen. Kann sein,« und Gregorys Ton verriet einen ehrlichen Zweifel, »daß ich mich diesmal irre. Aber wie dem auch sein mag, laß uns jetzt gehen, dann werden wir am ehesten wissen, ob ich recht habe oder nicht.«
Murdock lachte hellauf. Gregorys Bedenken kamen ihm zu kindisch vor. Dies Lachen verstärkte Warrens ursprüngliche Auffassung. Es war zu offen für irgendein Schuldbewusstsein.
»Gregory mag ein Verbrecher sein,« dachte er bei sich, »aber Murdock ist es bestimmt nicht. Er kann lachen wie ein Junge.«
»Warum sollen wir eigentlich ausgehen?« fragte Murdock.
»Damit er seine Karten aufdeckt«, erklärte ihm Gregory. »Wenn er wirklich hergekommen ist, um nur ein paar Kleinigkeiten aufzuklären, die er für seinen Rapport braucht, dann wird er es auch ohne uns tun. Wenn er aber etwas von uns gewollt hat, wird er wiederkommen, und dann wissen wir, was los ist.«
»Na schön, ich tu dir deinen Willen«, sagte Murdock nachgiebig. »Aber vorhin hast du auch nicht recht gehabt, als du mich nach oben geschickt hast. Du mußt dir abgewöhnen, dich bei jeder Gelegenheit von Polizeibeamten einschüchtern zu lassen. Ein Polizeibeamter ist und bleibt ein Polizeibeamter. Wir zwei sind Geschäftsleute, und wir haben erfreut zu sein, wenn wir einen Polizeibeamten sehen. Manchmal sogar hocherfreut. Gestern nacht zum Beispiel.«
Gregory gab keine Antwort. Er nahm Hut und Mantel. Murdock gab Anweisung, sein Auto vorfahren zu lassen. Darauf begaben sich die beiden wieder ins Zimmer, um sich zu verabschieden.
»Mr. Warren,« sagte Murdock in seiner eleganten Liebenswürdigkeit, »wenn ich Ihnen irgendwie zur Hand gehen kann, solange ich noch im Hause bin, stehe ich Ihnen gern zu Diensten. Aber es darf nicht sehr lange dauern.«
»Herzlichen Dank. Lassen Sie sich bitte nicht durch mich aufhalten. Die Sache ist nicht weiter wichtig. Wenn ich im Lauf des morgigen Tages bei Ihnen im Bureau vorsprechen darf, kann ich es bei dieser Gelegenheit ebensogut erledigen, vielleicht sogar noch bester.«
Warren hatte seine Worte nicht vorher überlegt. Er folgte der Eingebung seiner jagenden Phantasie. Es war eine ähnliche Eingebung eines überraschenden Gedankens wie die, die er in der vergangenen Nacht erfahren hatte, als er den »Masken-Micky« in der Halle hatte tanzen sehen. Aber sie entzündete eine Flamme in seinen Augen, deren Aufleuchten Murdock nicht entgehen konnte. Er sah sie mit der Selbstverständlichkeit, die einem so scharf beobachtenden und mit allen Wassern gewaschenen Verbrecher eigentümlich ist, und zog daraus seine unmittelbaren Schlüsse.
»Der einzige und erste Tag, mein lieber Warren,« erwiderte Murdock, »an dem ich für Sie nicht zu jeder Stunde zu sprechen sein dürfte, wird der sein, an dem mich meine zahlreichen Freunde und gewiß noch zahlreicheren Feinde zur letzten Ruhe begleiten.«
Und Murdocks Worte waren restlos ehrlich gemeint, galten sie doch dem Manne, der ihn vor kaum vierundzwanzig Stunden der Welt und seinem innig geliebten Beruf wiedergegeben hatte.
Gregory war weniger jovial und bei weitem nicht so aufrichtig. Während Murdock feine Tochter zum Abschied küßte, wandte er sich an Warren:
»Ach ja, diese späten Gesellschaften und das Geschäft vertragen sich gar nicht miteinander. Eins von beiden muß man lasten. Abends ist es ja ganz nett, König Tut zu feiern, aber nachher die Nerven! Und dazu diese dumme Geschichte, die Sie ja hierher ins Haus gebracht hat. Na, Sie sehen mir nicht so aus, als ob Sie schon mal solchen Kater gehabt haben! Mein Schädel fühlt sich an, als wenn man mir einen eisernen Ring drumgelegt hätte. Ich glaube, ich brauche vier Wochen Schlaf und Krankenkost dazu.«
Warren konnte sich nur schwer verstellen, wenn es seine persönlichen Gefühle anging. Audrey Murdocks halbvertrauliches Geständnis hatte den einen Teil seines Verdachtes gegen Gregory zum mindesten bestätigt.
»Sie mögen recht haben«, antwortete er Gregory und wandte sich zu Audrey: »Ich glaube, es ist Zeit, daß ich auch gehe.«
»Aber doch nicht gleich jetzt«, bat sie. »Ich muß mit Ihnen noch wegen Wachtmeister sprechen.«
Gregory verabschiedete sich mit einem Lächeln von Audrey, aber als er in der Tür war, verzog es sich in ein eifersüchtiges Grinsen. Er stieg mit Murdock in das Auto. Es glitt um die Ecke und tauchte unter in dem Gewühl des Straßenverkehrs.
»Wachtmeister!« wiederholte Gregory mit einem gewissen Ekel. »Was meinte Audrey damit?«
»Daß du weder bellen noch beißen könntest,« gab ihm sein Kompagnon grimmig zur Antwort, »wenn du mir nicht vorhin dein Ehrenwort gegeben hättest. – Es ist der Name von Audreys jüngstem Kavalier, – Warrens Polizeihund!« Murdock lachte vor sich hin. Gregory runzelte die Stirn.
»Was hat Warren eigentlich damit sagen wollen, daß er morgen zu dir ins Bureau kommen will?« war seine nächste Frage.
Murdock war wieder ganz bei der Sache. Sein Gesicht zeigte wieder die alte Glätte und Unergründlichkeit.
»Na, besinnst du dich wieder auf dich selbst, Gregory? Wenn du mich nur immer fragen wolltest! Ich weiß Bescheid. Warren ist ein Detektiv. Er ist ein netter Kerl, aber er möchte schlauer sein, als er ist. Soll ich dir verraten, was er mich morgen fragen will? Aber sei vernünftig und gewöhne dir die Gänsehaut ab, wenn du etwas von Polizei hörst, wenigstens solange du mich dabei hast.«
Gregory sah ihn erstaunt an. Ging Murdock seine eigenen Wege?
»Also Roger Warren wird morgen zu mir kommen,« erklärte Murdock in aller Seelenruhe, »um mir zu erzählen, daß die Seide, die man heute nacht auf dem Hudson gestohlen hat, von ganz genau der gleichen Sorte ist wie das Stück, mit dem ihm Audrey seinen Arm verbunden hat. Zuerst wird er sich aber entschuldigen müssen, daß er einem Geschäftsmann wie mir überhaupt eine solche Frage unterbreitet. Ich werde ihm sämtliche Papiere auf den Tisch des Hauses legen. Er kann dann seinen Rapport vollpfropfen mit Tatsachen. Denn es sind Tatsachen. Dafür habe ich gesorgt, und zwar beizeiten. Komm und überzeuge dich, daß sich die Polizei nicht rühren kann. Du solltest eigentlich wissen, daß ich die ganzen Jahre dafür gesorgt habe, daß sie vor Tatsachen nicht weiterkommt.«