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Abschied vom Jahre 1844.

Ein Jahr muß stets zu Grab das andre bringen,
Sie morden sich wie es die Menschen thun:
O Zeit, ein einziger Schlag noch Deiner Schwingen,
Und dieses Jahr wird auch im Grabe ruhn.
Mög', sterbend Jahr, von Deines Hauches Wehen
Dein Lebenslämpchen immerhin verglühn –
Ich werde nimmer schreiben Dich dahin,
Wo all' die Jahre meines Glückes stehen!

Mir in das Haupt, erfüllt von hohen Plänen,
Hast viel Gedankenkeime Du gestreut,
Ich aber darf, beglückt, mit stolzem Wähnen,
So reich gedieh'n die Früchte schauen heut';
Der Stern des Ruhmes sandte von den Höhen
Mir seinen Strahlenkranz für all mein Mühn –
Und dennoch schreib ich nimmer Dich dahin,
Wo all' die Jahre meines Glückes stehen!

Mein Herz war lang' in Mißgeschickes Händen,
Die schmerzdurchglühte Welt der Leiden, ach;
Ergreistes Jahr! Du sprachst: der Brand soll enden,
Und auf Dein Wort erstarb er allgemach.
Ein Aschenbrand nur meiner einst'gen Wehen
Glimmt mir im fast genes'nen Herzen drin –
Und dennoch schreib' ich nimmer Dich dahin,
Wo all' die Jahre meines Glückes stehen!

O sterbend Jahr! an Deines Grabes Pforten
Lullt meiner Hoffnung Wiege mich so süß,
Und darf ich glauben ihren Seherworten:
Steh' an der Schwelle ich zum Paradies.
Ein Lebewohl ruf' ich Dir in den Nähen
Solch sel'ger Zeiten zu, mit heit'rem Sinn –
Und dennoch schreib' ich nimmer Dich dahin,
Wo all' die Jahre meines Glückes stehen!

Es hing an Dir mit heißem Flehn, verschmachtend,
Mein armes Volk mit seines Blickes Schein,
Doch Du, auf seine Bitte nimmer achtend,
Du donnertest ihm zu Dein starres: Nein!
Du hast zerpflückt den Kranz aus Himmelshöhen,
Den grüne Hoffnung meinem Volk verliehn –
Und darum schreib' ich nimmer Dich dahin,
Wo all' die Jahre meines Glückes stehen!


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