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Traurige Nacht.

Bald Mitternacht – doch Schlaf mein Auge flieht,
Ich lull' die Sorg' nicht ein, die mich durchzieht.
Was einst mit mir, dem Vaterland geschehe:
Die Doppelfrag' raubt mir die Seelenruh'?
Als hätt' ich nicht genug am eignen Wehe,
Was quälst mich Lieb' zum Vaterland auch Du?

Das also ist, stets das des Dichters Loos,
Zu segeln hin im ew'gen Meergetos?
Was frommt es ihm, wenn er aus Meergefährden
Im Rettungsboot gebracht wird an den Port,
Wenn nun er bangt: was wird aus Jenen werden,
Die noch im Schiff zurückgeblieben dort?

Was ließest Du zur Schul' mich, Vater, gehn,
Was ließest Du mich ackern nicht und mähn?
Im Buch 'ne schöne – falsche Zaub'rin lebet;
Du schlägst es auf, sie packt dein Herze jäh',
Zum funkelndsten Gestirn sie dich erhebet,
Doch trägt sie nicht – sie stürzt dich aus der Höh'!

Statt in das Buch, blick' in die Sonn' hinein,
Des Auges Glanz erstirbt im Sonnenschein;
Nicht so beim Buch: das so viel Licht vereinet,
Daß du daraus für's Auge Stärke ziehst;
Es bringt dir Alles nah'! ... doch schöner scheinet
Dir Alles doch, was du von ferne siehst.

O, daß ich lernte! und nicht leben kann,
Wie's Gott gewollt, als schlichter Ackersmann:
Nicht qualvoll wachend würd' ich jetzt verbringen
Die ewiglang dahin sich zieh'nde Nacht;
Als Vöglein würden Träume mich umsingen,
Und schaukeln sich ob meiner Seele sacht.

O! wär ich Landmann oder Schafhirt nur!
Der draußen lebt auf ferner Haideflur,
Indeß um ihn die Lämmer klingelnd grasen,
Legt er sich in den kühlen Busch hinein
Ganz unbelauscht die Flöte da zu blasen
Nach Herzenslust, sich selbst nur zu erfreu'n!

Geht Sonntags heim ums blanke Linnenkleid,
Da harret sein schon die verliebte Maid.
Die Maid ist frisch, ist emsig, ohne Tücke
Und schön wie junger Lenz; – Der Schäfer küsst
Und wird geküsst, er ist in seinem Glücke,
Und glaubt daher, daß auch die Welt es ist.


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