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XXII

Noch immer stand Großmutters Begräbnis wie ein heller Schein hinter allem, was man dachte und unternahm; es war damit wie mit gewissen Speisen, die einen angenehmen Nachgeschmack im Munde hinterlassen, lange nachdem sie schon verzehrt sind. Kalle hatte aber auch alles aufgeboten, um einen festlichen Tag daraus zu machen; da war ein Überfluß an Essen und Trinken, und seine drolligen Einfälle wollten kein Ende nehmen. Und ein feiner Schelm, wie er war, hatte er einen Vorwand gefunden, um Madam Olsen mitzubitten – das war eine hübsche Art und Weise, das Verhältnis anzuerkennen.

Für Lasse und Pelle war da genug, um einen ganzen Monat darüber zu reden; und nachdem es ausgeredet war und anderem hatte Platz machen müssen, blieb es doch da drinnen hinter allem sitzen wie ein Wohlbehagen, von dem niemand so recht wußte, woher es eigentlich kam.

Aber nun rückte der Frühling heran, und mit ihm kamen die Sorgen, die alles verfinsterten – auch wenn man nicht daran dachte. Pelle sollte zu Ostern konfirmiert werden, und Lasse wußte nicht ein noch aus, wie er ihm alles das beschaffen sollte, was dazu gehörte: einen neuen Anzug, einen neuen Hut, neue Schuhe! Der Junge sprach oft davon, er war offenbar bange, daß er in der Kirche zum Gespött für die anderen werden würde.

»Na, das wird sich schon alles ordnen!« sagte Lasse, sah aber nicht den entferntesten Ausweg. Auf den gewöhnlichen Höfen, wo noch die gute alte Sitte herrschte, sorgte die Herrschaft für das Ganze. Aber hier war alles so verdammt neumodern, mit barem Gelde, das einem zwischen den Fingern weglief. Hundert Kronen Lohn erschien ja wie eine erschreckliche Summe, wenn man sie sich auf einem Fleck dachte. Aber sie wurde nur leider allmählich aufgenommen, Öre für Öre, ohne daß man den Finger irgendwohin setzen und sagen konnte: da hast du was Erkleckliches gekriegt! – »Ja, ja, das wird sich schon alles ordnen!« sagte Lasse laut, wenn er sich in die verzweifeltsten Spekulationen hineinverwirrt hatte; und damit beruhigte sich Pelle dann. Es gab nur einen Ausweg: das Geld von Madam Olsen zu leihen, und zu diesem Ausweg mußte sich Lasse bequemen, so ungern er es auch tat. Aber Pelle durfte nichts davon wissen.

Lasse sträubte sich so lange wie möglich dagegen und hoffte, es würde irgend etwas geschehen und ihn vor der Schande bewahren, seine Braut um ein Darlehen bitten zu müssen. Aber es geschah nichts, und die Zeit verging. Eines Morgens faßte er dann einen schnellen Entschluß, als Pelle dastand, um zur Schule zu gehen. »Willst du nich' hinlaufen und Madam Olsen dies geben«, sagte er und reichte dem Jungen ein Paket. »Das is etwas, was sie für uns in Ordnung bringen will.« Inwendig auf dem Papier stand das große Kreuz, das Lasses Kommen für diesen Abend meldete.

Von oben von den Hügeln herab sah Pelle, daß das Eis in der Nacht aufgegangen war. Fast einen Monat hatte es nun die Bucht als rauhe, dicke Masse angefüllt, auf der man sich ebenso sicher tummelte wie auf dem festen Lande. Das war eine neue Seite an dem Wesen des Meeres, und zum großen Ergötzen der anderen hatte Pelle mit den Schnauzen seiner Holzschuhe vorsichtig tastend geprüft. Später lernte er es, sich frei auf dem Eise zu bewegen, ohne bei dem Gedanken zu schaudern, daß die großen Fische des Meeres dicht unter seinen Holzschuhen schwammen und vielleicht nur darauf warteten, daß er hindurchplumpsen würde. Jeden Tag machte er einen Ausflug hinüber nach dem hohen Wall aus Packeis, der eine Viertelmeile weit da draußen die Grenze bildete, hinter der das offene Meer lag und im Sonnenschein wie ein grünes Auge schimmerte. Er ging da hinaus, weil er nun einmal nicht hinter den anderen zurückstehen wollte. Aber ganz sicher fühlte er sich dem Meere gegenüber niemals.

Nun befand sich das Ganze im Aufbruch. Die Bucht war voll von wiegenden Eisschollen, die sich rasselnd aneinanderrieben; die äußersten Eisschollen mit Bruchstücken von dem Wall waren schon auf der Wanderung ins Meer hinaus begriffen. Pelle hatte da drüben viele Heldentaten ausgeführt, war aber im Grunde ganz froh darüber, daß das Ganze jetzt zusammenpackte und von dannen zog, – so daß es wieder eine ehrliche Sache war, an Land zu bleiben.

Der alte Fris saß oben auf seinem Platz; er verließ ihn nie mehr während der Stunde, wie arg es auch unten in der Klasse aussehen mochte, sondern begnügte sich damit, mit dem Rohrstock auf das Pult zu schlagen. Er war nur noch ein Schatten seines alten Ich. Sein Kopf wackelte beständig hin und her, und die Hände griffen leicht verkehrt. Die Zeitung brachte er noch immer mit und faltete sie zu Anfang der Stunde auseinander, aber er las nicht darin. Er verfiel in Sinnen, saß aufrecht da, die Hände auf dem Pult und den Rücken gegen die Wand gelehnt, und war völlig geistesabwesend. Dann konnten die Kinder sich so lustig tummeln wie sie wollten, er rührte sich nicht; nur eine schwache Veränderung in dem Ausdruck des Auges zeugte davon, daß er überhaupt noch lebte.

Es war jetzt ruhiger in der Schule, es verlohnte sich nicht, den Lehrer zu foppen – er merkte es ja kaum. Dadurch verloren die Possenstreiche einen großen Teil ihres Reizes. Es hatte sich nach und nach eine Art Selbstjustiz unter den größeren Jungen gebildet, sie bestimmten den Gang der Schulstunden; Ungehorsam und Uneinigkeit über die Macht wurden auf dem Spielplatz ausgefochten – mit geballten Fäusten und Holzschuhschnauzen. Der Unterricht setzte sich so wie ehedem fort, indem die Klügeren ihr Wissen auf die anderen übertrugen; es wurde ein wenig mehr gerechnet und gelesen als zu des alten Fris Zeiten, dafür mußten dann die geistlichen Lieder zurückstehen.

Es geschah wohl hin und wieder einmal, daß Fris erwachte und in den Unterricht eingriff. »Gesänge!« rief er mit seiner halbverwelkten Stimme und schlug nach alter Gewohnheit auf das Pult. Dann legten sie ihre Sachen beiseite, um sich dem Alten zu fügen, und fingen an, irgendeinen Gesang herzuleiern – sie rächten sich, indem sie den einen Vers die ganze Stunde leierten. Das war ihr einziger wirklicher Scherz mit dem alten Mann, und das Vergnügen blieb auf ihrer Seite – Fris begriff nichts mehr.

Fris hatte so lange davon geredet, daß er abgehen wollte, jetzt begriff er auch das nicht mehr. Zur bestimmten Zeit schwankte er zur Schule und von der Schule wieder nach Hause – und wußte wohl auch davon nichts. Ihn geradezu abzusetzen, das konnte man nicht übers Herz bringen. Mit Ausnahme der Gesänge, die ein wenig zu kurz kamen, war auch eigentlich als Lehrer nichts über ihn zu sagen; bisher war noch kein Junge aus seiner Schule abgegangen, der nicht sowohl seinen Namen schreiben als auch ein gedrucktes Buch lesen konnte – wenn es mit der alten Schrift gedruckt war. Den modernen Druck mit lateinischen Buchstaben lehrte Fris nicht, obwohl er in seiner Jugend Latein gelernt hatte.

Fris selber spürte wohl kaum die Veränderung, er hatte aufgehört zu fühlen – für sich selbst wie auch für andere. Niemand kam mehr mit seinen menschlichen Sorgen zu ihm und fand Trost bei einer mitfühlenden Seele – seine Seele war nicht zu Hause. Sie schwebte außerhalb seines Körpers, halbwegs losgerissen, so wie ein Vogel, dem es schwer wird, sein altes Nest zu verlassen, um die unbekannte lange Reise anzutreten; diesem Flattern der Seele folgten wohl seine Augen beständig, während sie matt in ihren Höhlen standen und sich bewegten, dem leeren Raume zugewandt. Aber die jungen Leute, die ins Dorf zurückkamen, um zu überwintern, und Fris als alten Freund aufsuchten, spürten die Veränderung. Für sie war daheim ein leerer Platz entstanden; sie vermißten den alten Brummbär, der sie alle durch die Bank haßte, solange sie in der Schule saßen! – um sie dann später alle mit gleicher Liebe zu umfassen, gute wie schlechte, und von einem jeden von ihnen sein drolliges: er war mein bester Junge! zu sagen. – –

Die Kinder machten früh Pause und stürzten hinaus, noch ehe Pelle das Zeichen gegeben hatte. Fris trippelte seinen gewohnheitsgemäßen Gang nach dem Dorf, um die gewohnten zwei Stunden wegzubleiben. Die Mädchen stellten sich an den kleinen Häusern auf und verzehrten ihr Butterbrot, die Knaben wirbelten wie losgelassene Vögel auf dem Platz herum.

Pelle war wütend über die Aufsässigkeit und sann über ein Mittel nach, wie er sich in Respekt setzen könne. Er hatte heute die anderen großen Jungen gegen sich gehabt – er fuhr über den Platz wie eine kreisende Möve, den Körper schräg vornübergebeugt, die Arme ausgespreizt wie ein Flügelpaar. Die meisten machten ihm genügend Platz, wer nicht freiwillig aus dem Wege ging, mußte dennoch weichen. Die Stellung war bedroht, und er hielt sich in unablässiger Bewegung – als wollte er die Frage in der Schwebe halten, bis sich eine Möglichkeit zeigte, niederzustoßen.

So ging es eine Weile weiter. Er stieß einige und schlug im Laufen gegen andere, während sich ein zorniges Machtgefühl in ihm regte. Er wollte sie alle zu Feinden haben. An der Kletterstange fingen sie an, sich zusammenzurotten, und plötzlich hatte er die ganze Schar über sich. Er versuchte, sich aufzurichten und sie alle abzuschütteln, so daß sie hierhin und dorthin flogen, vermochte es aber nicht; und die Knöchel drangen von oben herab durch den Haufen und trafen ihn so, daß es brannte. Er arbeitete unverdrossen, aber es wollte nichts Rechtes werden, bis er seine Gutmütigkeit aufgab und zu den weniger feinen Mitteln griff: er bohrte seine Finger in die Augen, in den Mund, in die Kehle und wohin er kommen konnte.

Dann bekam er Luft und konnte sich aufrichten und einen letzten kleinen Burschen über den Platz schleudern.

Pelle war arg zerschunden und ganz außer Atem – aber er war froh. Die ganze Schar stand da, sperrte Mund und Augen auf und ließ ihn sich ruhig abbürsten – er war der Sieger. Er ging mit seiner zerrissenen Bluse zu den Mädchen hinüber, und die hefteten sie mit Stecknadeln zusammen und gaben ihm Näschereien. Zum Dank dafür knotete er zwei von ihnen mit den Zöpfen aneinander, sie kreischten und ließen ihn gewähren, ohne böse zu werden – das Ganze war so, wie es sein sollte.

Aber ganz sicher war er seines Sieges nicht. Er konnte nicht, wie Henrik Bödker seinerzeit – gleich nach einer Prügelei quer durch die ganze Schar gehen, die Hände in den Hosentaschen, und so tun, als existierten sie gar nicht. Er mußte von Zeit zu Zeit nach ihnen hinüberschielen, während er an den Strand hinabschlenderte und mit aller Macht bemüht war, seine Atemzüge wieder ins Gleichgewicht zu bringen; nächst dem Weinen war die größte Schande, die einen treffen konnte, wenn man außer Atem geriet.

Pelle ging an den Strand hinab und bereute, daß er nicht gleich wieder auf sie losgesprungen war, während der Drauflosgehemut noch in ihm kochte – jetzt war es zu spät. Dann würde es vielleicht auch von ihm geheißen haben, daß er die ganze übrige Klasse zusammen verprügeln könne. Jetzt mußte er sich damit begnügen, der stärkste Junge in der Schule zu sein.

Ein wildes Kriegsgeheul von oben von der Schule her machte ihn zusammenzucken. Die ganze Schar kam hinter dem Giebel heraus mit Stöcken und Holzscheiten in den Händen. Pelle wußte, was auf dem Spiel stand, wenn er entfloh. Er zwang sich, ruhig abwartend stehen zu bleiben, obwohl es ihm in den Beinen zuckte. Aber plötzlich stürzten sie in wilder Eile auf ihn los, und er wandte sich mit einem Sprung zur Flucht. Da lag das Meer vor ihm und versperrte ihm den Weg, dicht bepackt mit schaukelndem Eis. Er lief auf eine Eisscholle hinaus, sprang von da auf die nächste, die nicht so groß war, daß sie ihn tragen konnte – mußte weiter.

Die Flucht war ihm in die Glieder gefahren und gestaltete die Angst vor dem, was hinter ihm lag, übermächtig groß. Unter ihm gaben die Eisschollen nach; er mußte von einer Scholle auf die andere springen. Die Füße gingen unter ihm wie die Finger auf den Tasten. Er hatte noch so viel Besinnung, daß er die Richtung geradeswegs auf die Hafenmole zu einschlug. Drinnen am Strande standen die anderen und sperrten Mund und Augen auf, während Pelle auf dem Wasser tanzte wie ein Stein, der die Fläche nur von Zeit zu Zeit streift. Die Eisschollen tauchten unter, sobald er sie nur berührte, oder sie legten sich auf die hohe Kante. Aber Pelle kam und glitt vorüber wie ein Anschlag, warf sich blitzschnell nach der Seite hinüber, griff ändernd, mitten im Sprunge ein, wie eine Katze. Es war wie ein Tanz auf glühendem Eisen, so schnell zog er seinen Fuß wieder zurück, brachte ihn an einer neuen Stelle an und hatte ihn auch schon wieder weggenommen. Von den Eisschollen, die er berührte, spritzte das Wasser schimmernd und quatschend auf, und hinter ihm lag ein krummer Streifen von Unruhe bis zu der Stelle, wo die Jungen standen und den Atem anhielten. Es gab keinen zweiten wie Pelle – niemand hätte ihm das da nachmachen können. Als er sich in einem letzten Sprung auf den Bauch über die Mole warf, riefen sie hurra für ihn. Pelle hatte in seiner Flucht gesiegt!

Ermattet und keuchend lag er auf der Mole und starrte stumpfsinnig zu einer Brigg hinüber, die vor dem Dorf vor Anker gegangen war. Ein Boot kam hereingerudert – vielleicht mit einem Kranken, der abgesondert werden sollte. Das arg mitgenommene Äußere des Schiffes erzählte, daß es auf der Winterreise ausgewesen war in Eis und schwerer See. Die Fischer kamen aus den Hütten heraus und schlenderten auf die Stelle zu, wo das Boot anlegen mußte. Alle Schulkinder kamen gezogen. Auf der Achterbank des Bootes saß ein älterer, wettergebräunter Mann mit einem Kranzbart. Er war in blauem Anzug; vor ihm stand eine Schiffskiste. »Das is ja Bootsmann Olsen!« hörte Pelle einen Fischer sagen. Dann stieg der Mann an Land und reichte die Hand rundherum. Die Fischer und die Schulkinder bildeten einen dichten Kreis um ihn.

Pelle schlug den Weg nach oben hinauf ein. Er schlich sich hinter Booten und Schuppen dahin. Sobald er von dem Schulhause gedeckt war, jagte er in schnellem Lauf geradeswegs über die Felder auf Steinhof zu. Der Gram brannte bitter in seiner Kehle, die Schande veranlaßte ihn, einen großen Bogen um Häuser und Menschen zu machen. Das Paket, das er am Morgen nicht hatte abliefern können, war gleichsam ein offenbarer Zeuge seiner Schande für alle. Er warf es während des Laufens in eine Mergelgrube.

In den Hof hinein wollte er nicht, er donnerte an die Außentür des Stalles. »Kommst du schon nach Hause?« rief Lasse erfreut aus.

»Nu–nu is Madam Olsen ihr Mann wiedergekommen!« stöhnte Pelle und ging an dem Vater vorüber, ohne ihn anzusehen.

Lasse war es, als zerspringe die ganze Welt und als bohrten die Splitter sich ihm ins Fleisch. Alles schlug ihm fehl. Er ging umher und zitterte, griff alles verkehrt an. Sprechen konnte er nicht, alles in ihm stockte. Er hatte einen Strick in die Hand genommen und ging auf und nieder, hin und her und sah dabei in die Luft hinauf.

Da trat Pelle zu ihm heran. »Was willst du mit dem Strick?« fragte er barsch.

Lasse ließ den Strick aus der Hand fallen und fing an zu jammern, so traurig und armselig war das Leben. Man verlor eine Feder und dann noch eine Feder. Schließlich stand man als Vogel ohne Federn im Dreck – alt und abgetan, ohne jede Hoffnung auf ein sorgenloses Alter.

So fuhr er fort, halblaut vor sich hinzujammern, und die Klage verschaffte ihm Linderung.

Pelle erwiderte nichts. Er dachte nur an den Schimpf und die Schande, die über sie gekommen waren, und fand keine Linderung.

Am nächsten Morgen nahm er sein Frühstück und ging wie gewöhnlich fort. Als er aber den halben Weg zurückgelegt hatte, verkroch er sich unter einem Dornbusch. Dort lag er und grämte sich und fror, bis zu der Zeit, wo die Schule aus war. Dann ging er nach Hause. Das wiederholte sich mehrere Tage. Dem Vater gegenüber war er stumm, fast feindselig. Lasse ging umher und jammerte, und Pelle hatte genug an seinem Eigenen zu tragen. Sie wanderten jeder in seiner Welt, und da war keine Brücke zwischen ihnen. Keiner hatte dem anderen ein gutes Wort zu sagen.

Aber eines Tages, als Pelle so nach Hause geschlichen kam, empfing ihn Lasse mit strahlender Miene und schlotternden Knien. »Was zum Teufel soll man trauern?« sagte er mit verschmitztem Gesicht und wandte Pelle seine zwinkernden Augen zu – zum erstenmal, seitdem die Unglücksbotschaft gekommen war. »Hier sieh mal, was ich mir für eine neue Braut angeschafft habe – küß sie, Junge!« Lasse holte eine Flasche Branntwein aus der Streu und hielt sie ihm hin.

Pelle stieß sie wütend von sich.

»So, du bist großschnauzig!« rief Lasse aus. »Ja, ja, es würde eine Sünde und Schande sein, Gutes mit Bösem aufdrängen zu wollen.« Er setzte die Flasche an den Mund und segelte hintenüber.

»Das läßt du jetzt sein!« rief Pelle laut brüllend aus und packte ihn beim Arm, so daß die Flüssigkeit umherspritzte.

»Ho, ho!« sagte Lasse verwundert und wischte sich mit dem Ballen der Hand ab. »Herrje, wie sie zappelt – ho, ho!« Er umfaßte die Flasche mit beiden Händen und hielt sie tüchtig fest, als habe sie versucht, sich ihm zu entziehen. »Also du bist obsternatsch, du?« Da traf sein Blick Pelle. »Und du weinst, du! Hat dir jemand was zuleid getan? Weißt du denn nich', daß dein Vater Lasse heißt – Lasse Karlsson aus Kungstorpet? Du brauchst nich' bange zu sein, denn Lasse, der is hier! Und er will schon die ganze weite Welt zur Verantwortung ziehen.«

Pelle sah, daß der Vater auf einmal ganz umnebelt wurde und zu Bette mußte, wenn nicht jemand kommen und ihn da an der Erde finden sollte. »Komm jetzt, Vater!« bat er.

»Ja, nu will ich hingeh'n. Er soll mir Rechenschaft ablegen, und wenn er auch der alte Satan aus Smaaland wär' – du mußt nich' weinen!« Lasse wollte nach dem Hof hinaus.

Pelle versperrte ihm den Weg: »Jetzt kommst du mit, Vater! Dir schuldet keiner Rechenschaft.«

»Also nich' – und du weinst doch! Aber er soll mir Rechenschaft für all die Jahre ablegen – dieser großschnauzige Gutsbesitzer!«

Jetzt wurde Pelle bange. »Aber Vater!« brüllte er, »geh' doch nich' dahin! Er wird wütend und jagt uns vom Hof herunter! Du bist ja betrunken, bedenk' das doch!«

»Ja, betrunken bin ich!« antwortete Lasse, »ich bin voll, aber nich' voll Bosheit.« Er stand da und tastete herum, als wollte er den Haken an der Untertür losmachen.

Es war ja unrecht, Hand an seinen eigenen Vater zu legen. Aber jetzt sah sich Pelle gezwungen, sich über alle Rücksichten hinwegzusetzen. Er packte den Alten mit fester Hand beim Kragen. »Jetzt sollst du hierher kommen!« sagte er und zog ihn mit sich nach der Kammer.

Lasse lachte und hickste und widersetzte sich. Er hakte sich fest – wo er nur konnte: an den Pfosten und an den Schwänzen der Kühe, während Pelle brüllend mit ihm abzog. Pelle hatte ihn von hinten um den Leib gefaßt und trug ihn halb; in der Türöffnung blieben sie stecken. Der Alte stemmte seine beiden Hände dagegen. Pelle mußte ihn losreißen und ihn auf die Arme schlagen, so daß er fiel; dann endlich gelang es ihm, ihn ins Bett zu schleppen.

Lasse lachte während des ganzen Ringens albern, als sei das Ganze nur ein Spiel, und machte Narrenpossen, wo er nur konnte. Ein paarmal versuchte er aufzustehen, wenn ihm Pelle den Rücken zukehrte – die Augen hatten sich verkrochen, aber es zuckte hinterlistig um seinen Mund – er glich einem ungezogenen Jungen. Plötzlich fiel er hintenüber und schnarchte laut.

Am nächsten Tage hatte die Schule frei, und Pelle brauchte sich nicht zu verstecken. Lasse schämte sich und ging demütig umher. Er hatte eine ganz deutliche Vorstellung von dem, was am vorhergehenden Tage vorgefallen war; denn auf einmal kam er hin und berührte Pelles Arm. »Du bist wie Noahs guter Sohn, der die Schande seines Vaters zudeckte!« sagte er, »aber Lasse is ein Schwein. Es is nu aber auch ein harter Rückschlag für mich gewesen, das kannst du mir glauben! Aber ich weiß ja recht gut, daß es nich' nützen kann, daß man sich von Sinn und Verstand trinkt; der Kummer is schlecht begraben, der mit Branntwein beschwört werden muß. Was in Schnee verborgen wird, kommt bei Tauwetter wieder zum Vorschein, wie das Sprichwort sagt.«

Pelle erwiderte nichts.

»Wie fassen die Leute es eigentlich auf?« fragte Lasse vorsichtig. Er war nun so weit gekommen, daß er Gedanken für das Beschämende bei der Sache hatte. »Hier auf dem Hof, glaub' ich, is es noch nich' ruchbar geworden, aber was sagen sie sonst dazu?«

»Was weiß ich das!« entgegnete Pelle mürrisch.

»Also hast du nichts gehört?«

»Glaubst du vielleicht, daß ich zur Schule gehen und für sie alle zum Gespött werden will?« Pelle war wieder nahe daran zu weinen.

»Denn hast du dich also 'rumgetrieben und deinem Vater eingebildet, daß du in die Schule gingst? Das war unrecht von dir. Aber ich darf woll nich' mit dir ins Gericht gehen, so viel Schande, wie ich deinem ehrliebenden Sinn bereitet hab'! Und wenn du nu unverschuldet in Ungelegenheit kommst, weil du die Schule geschwänzt hast? – Das eine Unglück hat das andere an der Hand, und Böses vermehrt sich wie die Läuse im Pelzwerk. Wir müssen uns in acht nehmen, was wir tun, wir beide – damit es uns nich' zu übel ergeht.«

Schnellen Schrittes ging Lasse in die Kammer und kehrte mit der Flasche zurück, er nahm den Kork ab und ließ den Branntwein langsam auf den Boden laufen. Pelle sah ihm verwundert zu. »Gott verzeih' mir, daß ich schlecht mit seinen Gaben umgehe!« sagte Lasse – »aber das is 'n schlimmer Versucher, bei sich stehen zu haben, wenn einer Herzenskummer hat. – Und wenn ich dir nu die Hand darauf geb', daß du mich nie wieder so sehen sollst wie gestern, willst du denn nich' auch morgen wieder versuchen, in die Schule zu gehen – und zusehen, daß du mit der Zeit da über wegkommst? Wir können mit der Obrigkeit selbst zu tun kriegen, wenn du noch länger wegbleibst; es steht große Strafe auf so was hierzulande, glaub' ich.«

Pelle versprach es, und er hielt Wort. Aber er war auf das Schlimmste vorbereitet und steckte verstohlen einen Totschläger in die Tasche, den Erik in den Tagen seiner Macht benutzt hatte, wenn er auf ländliche Bälle und an solche Orte ging, wo man sein Mädchen mit der Faust verteidigen mußte. Aber er sollte keine Anwendung dafür haben. Die Jungen waren ganz in Anspruch genommen von einem Schiff, das auf Grund hatte laufen müssen, um nicht zu sinken, und das nun dalag und seine Weizenladung in die Boote aus dem Dorf löschte. Am Hafen lag der Weizen schon in großen Haufen, naß und gequollen von dem Salzwasser.

Und ein paar Tage später, als es schon eine alte Geschichte war, geschah etwas, das Pelles Schulgang für immer ein Ziel setzte. Die Kinder rechneten unter beständigem Geplauder und rasselten mit den Tafeln. Fris saß wie gewöhnlich oben auf seinem Platz, den Nacken gegen die Wand gelehnt und die Hände auf das Pult gestützt; die halbgebrochenen Augen waren auf einen Punkt irgendwo im Raum gerichtet, auch nicht ein Zucken verriet, daß er lebte. Das war seine gewöhnliche Stellung, und so hatte er schon seit der Pause gesessen.

Die Kinder wurden unruhig, die Zeit näherte sich, wo sie nach Hause sollten. Ein Bauernsohn, der eine Uhr hatte, hielt sie in die Höhe, so daß sie Pelle sehen konnte. »Zwei!« sagte er laut. Sie packten lärmend die Tafeln ein und fingen an sich zu prügeln; bei diesem Aufbruchlärm pflegte Fris sonst immer zu erwachen, aber heute rührte er sich nicht. Dann trampelten sie hinaus, ein Mädchen strich in ihrer Ausgelassenheit im Vorübergehen über die Hand des Lehrers. Sie zuckte erschreckt zusammen. »Er is ganz kalt!« sagte sie schaudernd und zog sich hinter die anderen zurück.

Sie bildeten einen Kreis um das Pult und spähten nach Fris' halbgeöffneten Augen, dann stieg Pelle die beiden Stufen hinauf und legte die Hand auf seines Lehrers Schulter. »Wir wollen nach Hause!« sagte er mit unnatürlicher Stimme. Fris' Arm fiel steif vom Pult herab, Pelle mußte seinen Körper stützen. »Er is tot!« ging es wie ein Frieren über die Lippen der Kinder.

Fris war tot – auf seinem Posten gestorben, wie die braven Leute in der Gemeinde es nannten. Pelles Schulgang hatte für immer ein Ende, er konnte frei aufatmen. – –

Er blieb zu Hause und half dem Vater, sie lebten sehr gemütlich miteinander und kamen sich wieder ganz nahe, jetzt, wo keine dritte Person zwischen ihnen stand. An die Sticheleien der anderen Leute auf dem Hofe kehrten sie sich nicht. Lasse war lange im Dienst und wußte zuviel von jedem einzelnen, er konnte wiederbeißen. Er sonnte sich so recht in Pelles mildem Kindersinn und plauderte unaufhörlich. Immer wieder kam er auf dasselbe zurück: »Ich muß dir dankbar sein, denn wenn du mich damals nich' zurückgehalten hätt'st, als ich partout zu Madam Olsen ziehen wollt', denn wär' es eine schlimme Geschichte für uns geworden. Ich glaub' woll, er hätt' uns in seinem Zorn totgeschlagen. Hier, wie immer, bist du mein guter Engel gewesen.«

Auf Pelle wirkte Lasses Geschwätz wohltuend wie Liebkosungen, er ging umher und machte es sich gemütlich und war mehr Kind, als man nach seinen Jahren voraussetzen sollte.

Aber am Sonnabend kam er vom Pfarrer nach Hause und war ganz verändert, alles an ihm hing wie ein toter Hering, er ging nicht hinüber, um zu essen, sondern kam gleich durch die Außentür herein und warf sich über einen Futterhaufen.

»Was hast du bloß einmal?« fragte Lasse und kam ganz dicht zu ihm heran. »Hat dir jemand was getan?«

Pelle antwortete nicht, sondern lag da und zupfte an dem Heu. Lasse wollte sein Gesicht zu sich herumdrehen, aber Pelle bohrte es nur noch tiefer in den Haufen hinein. »Kannst du denn nich' einmal Vertrauen zu deinem eigenen Vater haben, ich will ja doch nichts weiter hier auf der Welt als dein Bestes!« Lasses Stimme klang betrübt.

»Ich soll abgewiesen werden«, brachte Pelle heraus und bohrte sich in das Heu, um das Weinen zurückzuhalten.

»Das sollst du doch woll nich'?« Lasse fing an zu zittern. »Was kannst du denn bloß verbrochen haben?«

»Ich hab' den Paster seinen Sohn halb totgeschlagen.«

»Ach, das war bald das Schlimmste, was du tun konnt'st, Hand an den Paster seinen Sohn legen! Ich weiß recht gut, daß er es woll verdient haben muß, aber – du hätt'st es nu doch nich' tun soll'n. Außer wenn er dich einen Dieb genannt hat – denn das braucht ein ehrlicher Mann sich von keinem Menschen gefallen zu lassen – und wenn es der König selbst wär'.«

»Er – er hat dich Madam Olsens Kebsweib genannt«, Pelle hatte Mühe, es herauszubringen.

Lasse bekam einen scharfen Zug um den Mund und ballte die Hände. »Hm, ja, hm, ja! Hätt' ich ihn hier, ich wollt' ihm die Gedärme aus 'n Leib 'raustreten, dem Affengesicht! Du hast ihm doch woll genug gegeben, so daß er es noch lange fühlt?«

»Nee, so schlimm war es nich', denn er wollt' sich nich' wehren – er schmiß sich hin und schrie. Und da kam der Paster!«

Lasse ging eine Weile außer sich vor Zorn umher, von Zeit zu Zeit stieß er eine Drohung aus. Dann wandte er sich an Pelle. »Und nu haben sie dich auch noch abgewiesen? – Bloß weil du für deinen alten Vater eingetreten bist! Immer muß ich dich auch ins Unglück bringen, obgleich ich nur dein Bestes will. – Aber was machen wir denn nu, du?«

»Ich will hier nich' länger bleiben«, sagte Pelle sehr bestimmt.

»Nee, laß uns hier bloß wegkommen, hier is nie ein anderes Kraut als Wermut für uns gewachsen, hier auf 'm Hof. Vielleicht liegen da draußen neue, frohe Tage und warten auf uns. Und Pasters gibt es woll überall. Wenn wir beide uns da draußen zu einer guten Arbeit zusammentun, können wir Geld wie Heu verdienen. Und denn geh'n wir einen Tag hin und schmeißen einem Paster fünfzig Kronen auf den Tisch, und es müßt schnurrig zugehen, wenn er dich nich' auf der Stelle kunfirmieren tät – und sich am End' noch obendrein einen Tritt vor den Arsch geben ließ. Die Art Leute, die sind bannig hinter Geld her.«

Lasse hatte sich straff aufgerichtet unter seinem Zorn, und seine Augen hatten einen wütenden Ausdruck angenommen. Er schritt schnell durch den Futtergang und schleuderte rücksichtslos nach rechts und links, was ihm in den Weg kam, Pelles abenteuerlicher Vorschlag hatte ansteckend auf die jugendlichen Gefühle in ihm gewirkt. Mitten während der Arbeit sammelten sie alle ihre Kleinigkeiten zusammen und packten sie in die grüne Kiste. »Na, werden die hier auf 'm Hof morgen früh große Augen machen, wenn sie kommen und das Nest leer finden«, sagte Pelle munter. Lasse lachte, daß es gluckste.

Ihr Plan ging dahin, daß sie ihre Zuflucht zu Kalle nehmen und dort ein paar Tage bleiben wollten, während sie sich einen Überblick über das verschafften, was die Welt bot. Als am Abend alles besorgt war, nahmen sie die grüne Kiste zwischen sich und schlichen durch die äußere Tür nach dem Felde hinaus.

Die Kiste war schwer, und die Dunkelheit machte ihnen das Gehen nicht leichter; sie bewegten sich in kleinen Stößen vorwärts, wechselten sich mit den Händen ab und ruhten sich aus. »Wir haben ja die Nacht vor uns!« sagte Lasse munter.

Er war ganz aufgelebt; während sie auf dem Kistendeckel saßen und sich ausruhten, redete er drauflos über alles, was da draußen lag und auf sie wartete. Wenn er schwieg, begann Pelle. Keiner von beiden hatte sich einen bestimmten Plan für die Zukunft gemacht; sie erwarteten ganz einfach das Märchen selbst mit seinen unfaßlichen Überraschungen. Alles das, was sie imstande sein würden, sich so in aller Ruhe an Bestimmtem auszumalen, erschien so winzig im Vergleich mit dem, was kommen mußte; daher ließen sie es nach und gaben sich dem Überfluß in die Hände.

Lasses Füße traten so unsicher in der Dunkelheit, immer häufiger mußte er die Last niedersetzen. Er ward müde und atemlos, die lichten Worte erstarben ihm auf den Lippen. »Ach, wie schwer sie is!« seufzte er »wieviel Dreck scharrt man nich' auch zusammen im Laufe der Zeit.« Und dann saß er auf der Kiste und rang nach Atem – er konnte nicht mehr. »Hätte ich man bloß 'ne kleine Stärkung gehabt«, sagte er matt. »Wie dunkel und traurig es auch über Nacht is!«

»Hilf mir die Kiste auf den Nacken!« sagte Pelle, »denn will ich sie ein Stück tragen.«

Lasse wollte nicht, gab aber schließlich nach, und es ging wieder vorwärts; er lief voran und meldete, wenn Gräben und Erdwälle kamen. »Wenn Bruder Kalle uns nu nich' haben kann!« sagte er plötzlich.

»Das kann er gewiß – da is ja Großmutters Bett, das is breit genug für uns beide.«

»Aber, wenn wir nu keine Arbeit kriegen? – denn liegen wir ihm ja zur Last!«

»Wir werden schon was kriegen – es fehlt überall an Arbeitskraft.«

»Ja, dich nehmen sie schon mit Kußhand, aber ich bin woll zu alt, um mich auszubieten.« Lasse hatte alle Hoffnung verloren und untergrub nun auch Pelles.

»Nu kann ich nich' mehr!« sagte Pelle und ließ die Kiste fallen. Sie standen mit herabhängenden Armen da und starrten aufs Geratewohl in die Dunkelheit hinein; Lasse verriet kein Verlangen, wieder zuzugreifen, und Pelle war jetzt erschöpft. Die Nacht lag dunkel um sie her und machte alles so verlassen, als flössen sie allein im Weltraum umher.

»Denn müssen wir woll sehen, daß wir weiterkommen«, rief Pelle aus und wollte die Kiste wieder aufnehmen; als Lasse sich nicht rührte, gab er es auf und setzte sich hin. Sie saßen mit dem Rücken gegeneinander und konnten das rechte Wort nicht finden – es entstand eine immer größere Kluft zwischen ihnen. Lasse kroch schaudernd in der Nachtkälte zusammen. Wäre er nur zu Hause in seinem guten Bett! seufzte er.

Pelle war kurz davor zu wünschen, daß er allein gewesen wäre, dann wollte er sein Vorhaben schon ausführen. Der Alte war ebenso schwer mitzuschleppen wie die Kiste.

»Ich glaub', ich geh' wieder zurück, du!« sagte Lasse endlich kleinmütig, »ich tauge woll nich' dazu, die losen Wege zu treten. – – Und du wirst auf diese Weise ja auch nie kunfirmiert! Wenn wir zurückgingen und Kongstrup bäten, daß er ein gutes Wort bei dem Paster für uns einlegt.« Lasse stand da und faßte an den einen Henkel der Kiste.

Pelle blieb eine Weile sitzen, als hörte er nichts. Dann faßte er schweigend an, und sie arbeiteten sich nach Hause über die Felder in einer anstrengenden Wanderung. Jeden Augenblick war Pelle müde und mußte sich hinsetzen; jetzt, wo es nach Hause ging, war Lasse der Ausdauernde. »Ich könnt' sie am Ende ganz gut ein kleines Stück allein tragen – wenn du sie mir auf den Nacken helfen wollt'st«, sagte er. Aber davon wollte Pelle nichts hören.

»Puh, ha!« Lasse atmete wohlbehaglich auf, als sie wieder im Kuhstall in der Wärme standen und die Kühe in trägem Wohlsein pusten hörten. – »Hier is es gemütlich, du. Es is beinah, als wär' man wieder in seine Kinderheimat gekommen. Ich glaub', den Stall hier könnt' ich an der Luft erkennen, wo in der Welt sie mich auch dareinführten, mit verbundenen Augen.«

Nun, wo sie wieder zu Hause waren, konnte Pelle auch nicht umhin, es hier wirklich ganz schön zu finden.


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