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Quelle: Valerian Tornius: »Salons, Bilder der gesellschaftlichen Kultur aus fünf Jahrhunderten«.
Nach dem 9. Thermidor vereinigten sich in Paris »die drei Grazien des Direktoriums« zu einem Dreiklang der Schönheit. Es waren Josephine Beauharnais, Madame Tallien und Madame Récamier. Wäre der Sohn des Priamus in die Lage gekommen, einer von ihnen den Schönheitspreis zuzuerkennen, so würde er ihn der Récamier zuerteilt haben. Selbst der Tallien glänzende Erscheinung und Josephinens klassische Schönheit verblaßten vor dem harmonischen Ebenmaß ihrer schlanken Gestalt, vor den entzückenden Reizen ihres Gesichts, das den Zeitgenossen als die lebendige Verwirklichung einer Raffaelischen Madonna erschien.
Da Worte nie ausreichten, um ihre Schönheit zu beschreiben, versuchten es die Maler, das Heroldsamt zu übernehmen. Aber selbst die Kunst eines Gérard und David hat sie nicht zu erschöpfen vermocht. Am besten hält man sich an die geschichtlich beglaubigte Wirkung, die von der göttlichen Juliette ausging. Als sie einmal zusagte, in der Kirche St. Roch die Kollekte zu übernehmen, da füllte sich das Gotteshaus auf dieses Gerücht hin dermaßen mit Menschen, daß viele die Seitenaltäre und sogar die Kandelaber erkletterten, um nur den Anblick der Récamier zu genießen. Ihr Bild machte die Reise um die Welt. Chamisso behauptet, er habe sogar eines in chinesischer Ausführung gesehen.