Artur Fürst / Alexander Moszkowski
Das Buch der 1000 Wunder
Artur Fürst / Alexander Moszkowski

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209. Die singende Bogenlampe

Quelle: Professor Dr. Inh. h. c. Adolf Slaby: »Glückliche Stunden, Entdeckungsfahrten in den elektrischen Ozean«. Verlag von Bernhard Simion Nf., Berlin, 1908. Z.

In einem Hörsaal der Technischen Hochschule zu Charlottenburg trug sich eines Abends etwas Seltsames zu. Dort fand gerade eine Vorlesung über moderne Kunst statt, bei der auch prachtvolle Bilder gezeigt wurden, sodaß alles in höchst weihevoller Stimmung war. Plötzlich aber wurde im Saal ein Gassenhauer gesungen, ganz laut und deutlich und mit größter Ruhe und Energie. Niemand vermochte den frechen Störer zu entdecken. Und das war kein Wunder. Denn dort, wo er sich befand, suchte niemand. Er saß nämlich in den Glocken der Bogenlampen, die den Saal erhellten, in allen Lampen zugleich. Die Lichtbogen waren es, die sangen.

Ein Stockwerk unter dem Saal, in dem die so bös gestörte Vorlesung stattfand, lag nämlich das Laboratorium von Professor Slaby, der gerade eine von Dudell neu erfundene Konstruktion ausprobte. Die Erfindung Dudells erlaubt, durch einen über die Kohlen und den Lichtbogen der Lampen geleiteten, dem eigentlichen Lichtstrom übergelagerten Wechselstrom den Bogen in Zuckungen zu versetzen. Diese Zuckungen rufen in der Luft Schall-Schwingungen hervor. Wenn man die Zahl der Schwingungen entsprechend bemißt und wandelbar macht, was man leicht kann, so vermag man den Lichtbogen jeden musikalischen Ton, also auch ganze Melodien singen zu lassen. In einem unbewachten Augenblick hatte ein scherzhaft veranlagter Student den Apparat mit der Lichtleitung verbunden, und so kam es, daß zu der Vorführung eines Liebermannschen Gemäldes gesungen wurde: »Du bist verrückt, mein Kind!«

Diese Bogenlampen-Apparatur ist aber weit mehr als ein Scherzgegenstand. Sie hat zum ersten Mal ein drahtloses Fernsprechen ermöglicht. (Siehe den folgenden Abschnitt.)


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