Artur Fürst / Alexander Moszkowski
Das Buch der 1000 Wunder
Artur Fürst / Alexander Moszkowski

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211. Das »eiserne Telefonfräulein«

Quelle: Artur Fürst: »Die Wunder um uns«. Vita, Deutsches Verlagshaus, Berlin-Charlottenburg. Z.

„Man denke sich, daß sämtliche Teilnehmer am Fernsprechnetz von Groß-Berlin an ein Amt angeschlossen seien. Da jeder der 300 000 Teilnehmer imstande sein muß, mit jedem andern Teilnehmer zu sprechen, so müßte diese Riesenzentrale die Möglichkeit geben, 90 000 000 000 (neunzig Milliarden) Verbindungen auszuführen. (Es wird hierbei angenommen, daß jeder Teilnehmer sich auch mit sich selbst verbinden kann.) Nun stelle man 295 sich vor, daß sich in diesem gewaltigen Amt mit seiner überaus großen Anzahl von Anschlußkombinationen während des Betriebs kein Mensch befindet, daß alle diese Verbindungen maschinell, durch einen großen Apparat ausgeführt werden. Trotz allem Vertrauen, das man der modernen Technik zu schenken berechtigt ist, erscheint doch die Konstruktion eines so schmiegsamen Apparats, der Milliarden von Differenzierungen erlaubt, fast unmöglich.

Und doch ist diese Aufgabe heute bereits fertig gelöst. Es bedürfte nur eines Auftrags der Reichspostverwaltung, und Berlin könnte nach Ablauf der notwendigen Erbauungszeit mit einem automatischen Fernsprechamt ausgerüstet sein, das sämtliche Teilnehmer vereinigt. Die Telephondamen würden überflüssig, jeder Anschlußinhaber wäre imstande, über die zwei Drähte hinweg, die schon heute von seinem Apparat zum Amt laufen, jede gewünschte Verbindung selbst, ohne Inanspruchnahme eines anderen Menschen herzustellen.

Die automatischen Fernsprechämter, wie sie heute bereits an 130 Orten in Amerika und Europa, darunter in Graz, Krakau, Hildesheim, Altenburg und München im praktischen Betrieb sind, stellen eine der genialsten Erfindungen dar. Es ist möglich, daß – um bei dem Berliner Zukunftsbild zu bleiben – 300 000 Teilnehmer aus einer Entfernung von mehreren Kilometern je 300 000 verschiedene Anschlüsse sich selbst herstellen können. Die Maschine übernimmt alle die komplizierten Tätigkeiten der Telephonistinnen: die Entgegennahme der Mitteilung, welche Nummer vom Rufer begehrt wird, das Heraussuchen des gewünschten Anschlusses unter den 300 000 vorhandenen, die Kundmachung, ob die Leitung des angerufenen Teilnehmers frei oder besetzt ist, das Anklingeln des gewünschten Anschlusses, endlich die Lösung der Verbindung nach beendetem Gespräch.

Das System der automatischen Fernsprechverbindung beruht auf einer Erfindung des Amerikaners Strowger, die nun inzwischen in Deutschland besonders durch die Firma Siemens & Halske durchgreifende Veränderungen und Verbesserungen erfahren hat. Der Grundgedanke der Erfindung ist die Anwendung der Ausschließungsmethode. Es werden aus der Gesamtheit der zur Verfügung stehenden Anschlüsse zuerst die nicht gewünschten Hunderttausender, dann die nicht gewünschten Zehntausender, Tausender, Hunderter und Zehner ausgeschlossen, sodaß zuletzt nur die einfache Aufgabe übrig bleibt, aus zehn Kontakten den einen gewünschten herauszusuchen.” 296


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