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Quelle: Johannes Scherr, Abhandlung: »Gefängnisleben zur Schreckenszeit«.
Manon Roland, eine der tragischen Heldinnen der großen französischen Revolution, galt vermöge ihres persönlichen Zaubers als die „Aspasia der Girondisten und war mit ihrem Geist die Prophetin, mit ihrer Anmut das Entzücken jener Wolkenwandler von Schönfühlern und Schönrednern”. In ihren Denkwürdigkeiten hat sie ihr Selbstporträt entworfen, das in einzelnen bedeutenden Zügen hier festgehalten werden möge:
„Als ich ausgewachsen, war ich ungefähr fünf Fuß hoch. Meine Beine waren wohlgeformt, die Füße hübsch gebaut, die Hüften sehr gewölbt, die Schultern zurückgezogen, die Brust war breit und hochbusig, der Gang leicht, anmutig und rasch. Prüft man jeden Zug meines Gesichts einzeln, so darf man billig fragen: wo ist denn die Schönheit? Mein Mund ist ein wenig groß, und es gibt tausend schönere; allein keiner weiß zärtlicher und verführerischer zu lächeln. Mein Auge, ernst und stolz, hat zuweilen etwas Furchtbares, weit öfter aber ist es liebkosend und immer anziehend.
Die Nase verursachte mir einigen Verdruß, weil ich fand, sie sei vorn ein wenig zu dick, als Teil des Ganzen jedoch und von der Seite betrachtet, verdarb sie nichts. Mein Kinn steht ziemlich weit vor und hat entschieden die Merkmale der Sinnlichkeit; ich bezweifle auch, daß jemals eine Frau mehr als ich für Sinnenlust geschaffen war, obzwar ich diese weniger genossen habe als irgendeine. Ein nicht weißer, aber glänzend gefärbter Teint, häufig gerötet durch ein kochendes, von äußerst reizbaren Nerven erregtes Blut; ein runder Arm, eine mit langen und schmächtigen Fingern gezierte Hand, schön gereihte Zähne, endlich eine Körperfülle, die auf vollkommene Gesundheit hinweist – das sind die Schätze, die mir die Natur geschenkt hat.”
Der vom kochenden Blut gerötete Teint dieses Schönheitswunders fand am 8. November 1793 seine besondere Illustration durch die Guillotine. 384