Artur Fürst / Alexander Moszkowski
Das Buch der 1000 Wunder
Artur Fürst / Alexander Moszkowski

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162. Kann man ein Atom sehen?

Wenn man die Erfolge überblickt, die von der Wissenschaft bei der Forschung über die allerkleinsten Teilchen der Materie bis jetzt schon erreicht sind, dann erscheint die Frage nicht allzu absurd, ob es wohl möglich wäre, ein einzelnes Atom sichtbar zu machen, obgleich man dessen Durchmesser höchstens auf den hundertmillionsten Teil eines Millimeters schätzt. Aber diesmal nützt uns die Kühnheit der Frage nichts. Wir müssen sie mit einem glatten Nein beantworten. Man sieht augenblicklich keinerlei Möglichkeit, ein Atom sichtbar zu machen und auch keinen Weg, der je zur Erreichung dieses Ziels führen könnte. Denn die Tatsache, daß wir ein einzelnes Atom nicht zu sehen vermögen, beruht nicht etwa auf der Unvollkommenheit unserer Vergrößerungsapparate, sondern auf der Natur des Lichts selbst.

Der kleinste Gegenstand, den wir beim normalen Abstand vom Auge, etwa 25 Zentimeter, noch zu sehen vermögen, muß eine Ausdehnung von 3,75 Hundertsteln eines Millimeters haben. Dann reicht der Winkel, den die äußersten, an seinen Kanten vorbeiziehenden Sehstrahlen bilden, gerade noch aus, um den Körper der Netzhaut erkennbar zu machen. Mit Hilfe des Mikroskops können wir die Gesichtswinkel vergrößern. Aber es entsteht eine für die Sichtbarmachung nicht mehr unterschreitbare Grenze, sobald die Kleinheit des zu beobachtenden Körpers sich der Wellenlänge des Lichts nähert. Das ist durch Beobachtungen an Beugungsgittern und anschließende theoretische Betrachtungen nachgewiesen.

Die Wellenlänge des Lichts in demjenigen Teil des Spektrums, für den unser Auge die größte Empfindlichkeit besitzt, beträgt 5,5/10 000 Millimeter. Kleinere Körper können wir also auf keinen Fall, selbst durch das schärfste Mikroskop gewöhnlicher Art, mehr erblicken.

221 Etwas läßt sich die Grenze noch durch besondere Kunstgriffe herabdrücken. Man kann Licht von kürzerer Wellenlänge anwenden, also violette oder ultraviolette Lichtstrahlen, die dann freilich zuletzt nicht mehr auf das Auge, sondern auf die photographische Platte einwirken.

Als allerletzte Grenze erhält man dann 1 Zehntausendstel Millimeter, was von einem Hundertmillionstel Millimeter, der höchsten Atomgröße, noch hoffnungslos weit entfernt ist.


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