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Quelle: Felix Linke: »Kann die Erde untergehen?« Verlag von J. H. W. Dietz Nachf., Stuttgart, 1911.
Blicken wir zum Himmel empor, so sehen wir viel tausend Sonnen dort oben leuchten. Mit Ausnahme der verschwindend wenigen Planeten unseres eigenen Systems ist jeder der goldenen, in die Himmelskuppel geschlagenen Nägel eine Sonne, die einer anderen Welt angehört. Jede von ihnen wärmt wohl die ihr zugehörigen Planeten. Erhält aber auch die Erde Wärme von jenen Fixsternsonnen?
Das ist tatsächlich der Fall. Freilich darf man sich diese Heizung nicht allzu kräftig vorstellen. Ein Streichholz, daß man in der Mitte der Peterskirche anzündet, erwärmt die äußersten Ecken dieses Riesengebäudes immer noch mehr, als von allen Fixsternen zusammen die Erde geheizt wird. Die Wärmeintensität, die uns die Riesensonne Arcturus, ein Stern erster Größe im Bild des Bootes, herübersendet, ist die größte aller, die von einem Fixstern herstammen. Sie beträgt 11,4 Milliardstel von derjenigen »Hitze«, die eine Kerze in einem Meter Entfernung zu erzeugen vermag. Bei der Wega in der Leier ist es gar nur der 5,1 milliardste Teil.
Daß man so geringe Wärmemengen überhaupt hat messen können, ist ein rechtes Wunder. Es ward nur mit Hilfe der Elektrizität möglich. Lötet man zwei verschiedene Metalle an einer Stelle zusammen und erwärmt die Lötstelle, so entsteht ein elektrischer Strom. Unsere hochempfindlichen Galvanometer sind imstande, Ströme von alleräußerster Geringfügigkeit anzuzeigen. Sammelt man also mit Hilfe eines Fernrohrs recht viele Strahlen eines Sterns und läßt sie so konzentriert auf die Lötstelle eines Thermoelements wirken, so gibt der Ausschlag des zugeschalteten Galvanometers die Stärke der Wärmestrahlung an.
349 Auch von den Temperaturen, die auf den Fixsternen selbst herrschen, können wir uns ein Bild machen. Nach einem von Planck gefundenen Gesetz, besteht ein Zusammenhang zwischen der Farbe des ausgestrahlten Lichts und der Temperatur des strahlenden Körpers. Danach dürfen wir annehmen, daß auf jenen Sternen, die uns rot erscheinen, eine Hitze herrscht, die über 3000 bis 4000 Grad nicht hinausgeht. Die gelben Sterne, zu denen auch unsere Sonne gehört, haben durchschnittlich eine Temperatur von 5000 bis 6000 Grad. Am höchsten steigt die Hitze auf den weißen Sternen; sie beträgt dort 15 000 bis 25 000 Grad und noch mehr.