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Abschied von Amerika.

Leb' wohl, Amerika! Ein flüchtiger Wandrer
Durchzog ich deine Segensau'n und Wüsten,
Und doch im Scheiden fühl' ich mich ein Andrer,
Als da zuerst mich deine Sterne grüßten;
Es hat dies wechselvolle Wanderjahr
Die Augen mir geöffnet wunderbar,
Daß ich in deinem Lichte anders sehe
Als da ich kam, nun da ich von dir gehe.

Leb' wohl, Amerika, du Welt im Werden!
Aus unsrer Alten Welt erhabnen Trümmern
Vereinigst du, was Großes ward auf Erden,
Und brauchst dich um Vergangnes nicht zu kümmern,
Derweilen wir noch stets von altem Fluch
Zu dulden haben, der Geschichte Buch
Durchforschen müssen, gründlich zu erfahren,
Wie lange wir Narren der Geschichte waren.

Leb' wohl, Amerika! Auch manches Närr'sche
Sah ich in dir beim tollen Mummenschanze
Des Wahlkampfs, wo im Glauben, es beherrsche
Sich selbst als Quell der Herrschermacht, das ganze
Von Freiheit trunkne Volk nicht weiß noch ahnt,
Wem seine Wahl den Weg zur Herrschaft bahnt
Ob einem Weisen oder einem Thoren:
Nach Glücksfall wird erkoren wie geboren!

Leb' wohl, Amerika! Was zur Verblendung
Dir auch geschah durch trügerische Leiter:
Du irrtest nie im Ziele deiner Sendung
Und stürmtest auf der Bahn des Fortschritts weiter.
Es wurden Wüsten unter deinem Schritt
Zu Paradiesen, denn das Glück zog mit
Und trieb zu immer kühnrer Unternehmung
Dich vorwärts, andern Völkern zur Beschämung.

Leb' wohl, Amerika! Von deinen Aehren,
Aus deinen immer hochgefüllten Speichern
Muß nun schon unsre Alte Welt sich nähren,
Und alles dient, die Neue zu bereichern,
Wie Weberschifflein fliegen hin und her
Die Riesendampfer übers weite Meer,
Deutschland schickt dir sein Gold mit seinen Kindern,
Dein Volk und Gut zu mehren, seins zu mindern.

Leb' wohl, Amerika! Dir ward ein Segen
Wie keinem Volk der Alten Welt beschieden!
Wir stehn umdräut von Feinden allerwegen
Und müssen kampfbereit sein selbst im Frieden,
Denn gegen uns gerüstet sinnt der Feind
Auf Rache für den Sieg, der uns geeint.
Dir droht kein Feind, das Meer schützt deine Küsten,
Du brauchst zur Friedensarbeit nur zu rüsten.

Leb' wohl, Amerika! Dein Sternenbanner
Bedurfte nie des Schutzes großer Heere,
Du scheuchtest leicht die rothen Bogenspanner
Und suchtest nur in Arbeit Lohn und Ehre,
Urwälder lichtend und der Felsen Herz
Erschließend, reich an Gold und Silbererz;
Geleise über Riesenströme schlagend
Und über Berghöhn, in die Wolken ragend.

Leb' wohl, Amerika! was in dir Großes,
Kann nur der Dummheit Neid und Haß erregen.
Du nährst viel Kinder deutschen Mutterschoßes,
Die treulich mehren deines Wachsthums Segen –
Doch deren Kerzen auch im fremden Land
Der alten Heimat treu noch zugewandt –
Und ihr und ihnen gilt mein Wunsch beim Scheiden,
Daß nie das Band zerreiße zwischen beiden.


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