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Eine Rheinfahrt im Herbst.

(1878.)

Wir stiegen ein bei Königswinter.
Durch rieselnd grauen Nebelflor,
Mit drohendem Gewölk dahinter,
Wagt sich das Schiff nur langsam vor.
Doch plötzlich wird der Vorhang lichter,
Dahinter spielt's wie Sonnenglanz,
Verklärt die spähenden Gesichter
Wie Berg und Flur des Uferlands.

Allmählich in zerrissnen Stücken
Der Nebel fällt wie morsches Tuch
Herunter von der Berge Rücken,
Und wie aus altem Märchenbuch,
Mit Blättern schon vergilbt, verwittert,
Steigt bei des Rheins gewundnem Lauf,
Der wie von Schönheit trunken zittert,
Ein Glanzbild nach dem andern auf.

Doch sehn wir keinen Glanz, der blendet:
Es ist dein Spätglanz, kühler Herbst,
Der alles blühende Leben endet,
Wenn du die Wälder bunter färbst.
Dein Hauch trifft zarte Blumen tödlich
Inmitten ihrer Herrlichkeit;
Das zähe Laub färbt er erst röthlich,
Eh' er es ganz dem Tode weiht.

Der Frühling weckt das frohe Hoffen,
Der Sommer bringt das blühende Glück;
Du hältst die Bahn dem Winter offen,
Der führt zum Frühling uns zurück.
Du weckst vom Winter schon die Ahnung
In uns mit nächtlich eis'gem Hauch,
Doch an den Sommer frohe Mahnung
Weckst du an sonnigen Tagen auch!

Und heute zeigst du klaren Scheines
In Zauberbildern fern und nah
Mir alle Herrlichkeit des Rheines,
Noch schöner als ich einst sie sah,
Da mich im Lenze meines Lebens
Zuerst des Rheines Welle trug,
Und herzerhebend, nicht vergebens
Ihr Zauberklang ins Ohr mir schlug.

Den Nachen führten rüst'ge Fergen,
Und ringsum gab es reiche Schau:
Die Burgen hingen an den Bergen
Leicht wie geformt aus Nebelgrau;
Die Flut ging hoch bei leichtem Stürmen
Aus Ost, und rollte frischen Schaum,
Geläut' scholl von den spitzen Thürmen
Des Städtchens – mir war's wie ein Traum.

Noch schwankt' ich selbst wie eine Welle
Umher im Spiel des Misgeschicks,
Voll Sehnsucht nach des Lichtes Quelle,
Doch schweren Herzens, trüben Blicks,
Schon früh gehemmt in treuer Pflege
Des Besten, was mir Gott verliehn,
So daß, was Schönes auf dem Wege
Ich fand, mir wie ein Traumbild schien.

Doch jetzt im Herbste meines Lebens,
Seh' ich die Jugend sich erneun
In Enkeln schon. Nicht ganz vergebens
Hab' ich gelebt und darf mich freun
Der Nähe hochgesteckten Zieles
Nach langer, dornenvoller Bahn,
Da, wenn auch alles nicht, doch vieles,
Was ich erstrebt, die Augen sahn.

Mit Weib und Kindern im Vereine,
Mit frohem Kerzen, hellem Blick,
Mach' ich die Herbstfahrt auf dem Rheine
Und preise dankbar mein Geschick;
Denn selbst aus trüben Tagen klingen
Erinnerungen freundlich hier;
Ich hört' ein Lied dort eben singen:
Es war ein Jugendlied von mir.


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