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Ein Töpfer, der in jungen Jahren
Schon schwere Heimsuchung erfahren
Und oft darüber nachgedacht
Wie Gott, der Herr, die Welt gemacht
Zur Heimstatt von so vielen Uebeln,
Fand einst, nach langem, schwerem Grübeln
Ein Buch, darin stand klar zu lesen,
Daß nie ein Gott und Herr gewesen,
Der nach dem Glauben frommer Thoren
Durch Schöpferkraft die Welt geboren,
Die ewig durch sich selbst bestehe
Und ihre eigenen Bahnen gehe.
Da fiel's wie Schuppen vom Gesicht
Des Töpfers, in ihm ward es licht.
Er wollte nicht wie Thoren glauben,
Ließ lieber sich die Hoffnung rauben,
Daß einst für alle Qual der Erde
Ihm reicher Lohn im Himmel werde.
So ward vom Glauben an den Schöpfer,
Doch nicht von Sorgen frei der Töpfer,
Denn was er that, sie zu zerstreuen,
Trieb sie nur mehr, ihn zu bedräuen,
Da mit dem Glauben auch verschwunden
Das Pflichtgefühl, ihm einst verbunden.
Er dachte nur daran, dem Leben
Sein unverkümmert Recht zu geben,
Nur zu genießen, was ihm fromme,
Da doch nachher nichts Bessres komme.
Umsonst schrie Weib und Kind nach Brot –
Was kümmert ihn der Seinen Noth!
Er hat sich lang genug gequält
Und nun ein bessres Theil erwählt.
Doch bald bemerkt er trüben Muthes:
Dem bessern Theil entspringt nichts Gutes;
Was nach der Arbeit einst Genuß
Ihm bot, beut jetzt nur Ueberdruß.
Einst, als er taumelnd heimwärts kam
Und seinen Weg zur Werkstatt nahm,
Erschienen alle Krüg' und Töpfe
Ihm als lebendige Geschöpfe,
Die, da er staunend sich inmitten
Der Werkstatt dreht mit schwanken Schritten,
Sich mit ihm drehn und ihn umschwanken,
Daß er ganz wirr ward in Gedanken.
Im Antlitz aller Töpf' und Krüge
Erkennt er seine eignen Züge,
Doch so verwildert und entstellt,
Daß er vor Wuth sich nicht mehr hält.
Er schlägt um sich in jähem Zorne
Nach hinten bald und bald nach vorne,
Und ruft: »Was treibt ihr mit mir Hohn!
Hab' ich euch nicht geformt aus Thon?
Seid ihr nicht meiner Hand Geschöpfe?
Bin ich nicht Meister meiner Töpfe,
Nicht Herr in meiner Werkstatt mehr?«
Doch dröhnt und lärmt es um ihn her
Bis er verstummt, und aus dem Thor
Trat jetzt ein großer Krug hervor,
Ein Henkelkrug, der sprach genau
So redend wie des Meisters Frau –:
»Willst du uns ganz und gar verderben?
Schlägst unser letztes Gut in Scherben
Und sprichst mit den zerbrochnen Töpfen
Wie mit verwilderten Geschöpfen,
Derweil du selbst verwildert bist,
Ein schlechter Vater, Gatte, Christ,
Und dabei so voll Unverstand,
Daß du zerschlägst mit eigner Hand
Dein eignes Werk! – Schlägt so dein Schöpfer
Dich einst, dann weh dir, armer Töpfer!
Bist du nicht, eitler Erdensohn,
Wie Topf und Krug geformt aus Thon,
Der höhern Werth in dieser Welt
Durch guten Inhalt erst erhält?«
Sprach's, und dem raschen Redefluß
Folgt aus dem Krug ein kalter Guß
Ihm auf den Kopf mit solcher Macht,
Daß die Besinnung schnell erwacht. –
Der Töpfer ward – so geht die Sage –
Ein neuer Mensch seit jenem Tage,
Der ein so fleißiges Leben führte,
Folgsam der Frau, wie sich's gebührte,
Daß er durch sie noch wundersam
Zu Wohlstand, Glück und Glauben kam.