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Venedig.

(Nach dem Russischen des Fürsten Wjasemsky.)

Der Mond ging auf, und Zauberhelle
Fließt silbern durch die dunkle Nacht.
Nur leise schauert Well' an Welle,
Der Schlag des Ruders trifft sie sacht.
Stumm wie am blauen Himmelsbogen
Ein dunkles Wölkchen eilend fliegt,
Kommt meine Gondel still geflogen
Ueber die Flut, die schimmernd liegt.

Welch Bild des Zaubers in der Runde,
Welch märchenhafte Wunderwelt!
Es steigen aus dem Spiegelgrunde
Tief unterm blauen Himmelszelt
Gewaltige Massen auf, gediegen
Und kühn geformt durch Kunstgeschick,
Und diese Welt, der Flut entstiegen,
Bewältigt völlig Geist und Blick.

Ringsum verschwindet alles Feste,
Vom Lande sieht man keine Spur,
Es schwimmen Tempel und Paläste,
Als lägen sie vor Anker nur,
Um günst'gen Fahrwind zu erharren,
Der ihre Segel wieder bläht;
Es blickt aus diesen altersstarren
Prachtwerken stumme Majestät.

Jahrhunderte stehn hier versteinert,
Doch nichts kommt dieser Glanzwelt gleich,
Zeigt sich ihr Umriß, noch verfeinert
Vom Glanz des Mondes, mild und bleich.
Den finstern Massen Licht und Leben
Und Anmuth gab des Meißels Schlag,
Und gleich durchsichtigen Geweben,
Gleich Spitzen tritt der Stein zu Tag.

Wie launenhaft, geheimnißträchtig
Ragt dieser Schönheit Wunderreich!
Der Schatten holden Traums allnächtig
Webt hier um alles allzugleich,
Und voll Begier die Augen spähen,
Ob sich das Traumbild nicht belebt,
Daß Thaten sie und Männer sähen
Der Vorzeit, aus der Nacht entschwebt.

Dort dunkelt fern, durch das Gestrahle
Des Monds, ein schönes Eiland her,
Wie eine große, prächtige Schale
Ein Tafeltuch, schmückt es das Meer.
Dahinter, fast dem Blick entschwebend,
Ein Schwarm von kleinen Inseln streut
Sich weit umher, das Meer belebend,
Das ihnen Bad und Nahrung beut.

Buntfarbige Lichter jetzt umspringen
Der Gondel abgemessnen Gang,
Zum Schall der Wellen tönt ein Klingen
Wie von vielstimmigem Gesang.
Man singt die heim'schen Barcarolen,
Voll von Musik aus Volkesbrust:
Ein klangvoll wechselnd Athemholen
Von tiefem Weh und heller Lust.

Zum Fresco alle Gondeln eilen
Und machen vor den Feuern Halt,
Die laute Festeslust zu theilen,
Die durch das Dunkel glänzt und schallt,
Draus der Rialtobrücke Bogen
Hervortritt, schützend sie umspannt,
Und mitzuklingen scheint im Wogen
Der Lust, die alles übermannt. –

Als ich mit dir der Augenweide
Des nächtigen Zaubers mich erfreut,
Gemahnt' es wundersam uns beide,
Wie sich uns Altes hier erneut
Aus andern Nächten ferner Länder,
Wo Meer und Himmel auch so rein,
Doch wo des blauen Meeres Ränder
Umdunkelt der Cypressenhain.

Wo Rosen frischen Duft ergießen,
Der süß in milder Luft verschwimmt,
Und weiches, wonniges Genießen
Die Seele ganz gefangen nimmt –
Wo auf uralt geweihten Stätten
Uns eine fremde Glaubenswelt
Mit Prachtmoscheen und Minareten
Seltsam, doch schön ins Auge fällt.

So schlagen des Genusses Flammen
Der Gegenwart und frührer Zeit
In eine einzige Glut zusammen
Verwandter seliger Trunkenheit.
Mir bringt ein freundliches Erinnern
Des Ostens Zaubernächte nah,
Begrüß' ich mit bewegtem Innern
Dich, Bosporus der Adria.


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