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Zweites Buch.
Sinngedichte und Sprüche.

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1.

Der Frühling löst des Winters Starrheit
In jedem Jahr,
Und nur der Menschen eisige Narrheit
Bleibt, wie sie war.

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2.

Närrisch immer war das Treiben
Dieser Welt, seit sie besteht;
Närrisch immer wird es bleiben,
Bis sie wieder untergeht.

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3.

Das Glück, sagt man, sei nur ein Schein,
Und so ist es!
Bilde dir ein, glücklich zu sein,
Und du bist es!

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4.

Wir wandeln wie auf einer schwanken Brücke
Durchs Leben, die bald aufwärts führt, bald abwärts!
Kein Mensch ist sicher vor des Schicksals Tücke,
Und selbst das Ziel der Glücklichsten führt grabwärts:
Nur wer viel Gutes thut aus Herzensgrunde,
Lebt fort in guter Menschen Herz und Munde.

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5.

Seine Grenzen hat der Verstand,
Die Dummheit ist grenzenlos,
Drum nimmt sie so überhand
Und wird ihre Macht so groß.

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6.

Den besten Rath gibt stets die Zeit,
Begreift man, was sie räth;
Doch kommt der Mensch zuletzt so weit,
Dann ist es meist zu spät.

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7.

Die Zunge soll der Schlüssel sein,
Der uns erschließt des Geistes Schrein,
Allein der Menschenrede Meistes
Zeigt selten eine Spur des Geistes.

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8.

Wer dir von Andern immer Schlechtes spricht,
Glaub' mir: er schont auch dich bei Andern nicht!

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9.

Die holde Täuschung, die dein Herz erfreut,
Ist besser, als wenn Wahrheit Gift dir beut.

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10.

Die Welt durchwandernd fand ich allerwärts:
Kein Herz kann lieben wie ein Mutterherz.

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11.

So lange dein Fuß den weg durchmißt,
Den Alle müssen zum Grabe wandern,
Thu immer was deiner würdig ist
Und kümmre dich niemals um die Andern.

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12.

Der Segen, der ins Auge fällt,
wird meist den Schlechten in der Welt;
Die Tugend, die im Innern wohnt,
wird meist nur durch sich selbst belohnt.

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13.

Wer gelten will, muß gelten lassen,
Das Gute üben, das Schlechte hassen.
Die giftigsten von allen Geschöpfen
Sind neidische Schlangen mit Menschenköpfen.

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14.

An das Scheiden muß man sich früh gewöhnen
Und lernt doch nie sich damit zu versöhnen.
Schwer ist das Scheiden, wenn Haß uns scheidet,
Und noch viel schwerer, wenn Liebe uns meidet.

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15.

Der Dampf treibt alles heut in der Welt,
Das Schiff auf dem Meer wie den Pflug im Feld.
Mit Dampf wird gesät und mit Dampf wird gemäht,
Mit Dampf wird gedroschen, gedruckt und genäht.
Des Lebens Genuß und Noth und Kampf
Kommt alles von Dampf, wird alles zu Dampf.

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16.

Ja, Freund, es geht wunderlich zu auf Erden,
Erst im Tode finden wir Ruh' auf Erden;
Längst weiß das Jeder, doch macht sich Keiner
So wichtig damit wie du auf Erden!

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17.

Klag' nicht um des Glückes Unbestand,
Denn es geht, wie die Macht, von Hand zu Hand.
Des Lebens Werth liegt nicht in der Dauer;
Das Haus steht länger als sein Erbauer.

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18.

Der diese Burg gethürmt, bewohnt sie nicht,
Der Feind, der sie erstürmt, verschont sie nicht.
Der Tod hat dir das Leben nicht gegeben,
Doch als des Lebens Feind raubt er das Leben.

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19.

Hört nicht auf die Schmeichler, ihr Großen der Welt!
Erwerbt einen Ruhm, der nicht mit euch zerfällt!
Bedenkt, daß das Leben im Hauch verweht
Und am tiefsten fällt, wer am höchsten steht.

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20.

Wie Flut und Ebbe treibt das Schlachtenglück
Die Welteroberer vorwärts und zurück!
Der Sieger jubelt, der Besiegte trägt
Die Schmach, bis seine Rachestunde schlägt.

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21.

Magst du den Gütern der Welt entsagen,
Magst du sie genießen nach Behagen:
Das Leben bleibt eine schwere Bürde,
keilst nicht die Liebe sie dir zu tragen.

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22.

Wie nutzlos, durch dieses Leben zu wandern,
Wär's nicht die Brücke zu einem andern!

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23.

Der Erde Schätze liegen alle offen
Vor uns: hier dem Besitz, dort nur dem Hoffen.

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24.

Unter allen närrischen Eigenschaften,
Die an ehrbegierigen Menschen haften,
Ist harmlose Eitelkeit die kleinste,
Geldstolzer Hochmuth die gemeinste.

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25.

Glückliche Menschen, denen gegeben,
Stets mit sich selbst höchst zufrieden zu leben!
Möge dies Glück euch nimmer enteilen,
Ich gönn's euch von Herzen, doch mag es nicht theilen.

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26.

Soll uns das Leben zum Heil gereichen,
So muß es einem Tagebuch gleichen,
Darin – so weit die Blätter gehn –
Nur gute Werke verzeichnet stehn.

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27.

Das Glauben ohne Denken geht oft fehl,
Das Denken ohne Glauben sieht oft scheel;
Mehr als der Glaube noch irrt der Gedanke,
Der wähnt: für ihn blos gäb' es keine Schranke.

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28.

Aus Poesie erwuchs der Glaube,
Der Glaube ward zu Poesie,
Wie aus dem Rebstock wuchs die Traube,
Der feine Wunder wirkt durch sie.

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29.

Wie Dämmerung zwischen Tag und Nacht sich schiebt,
Wie Licht sich färbt, gesehn durch bunte Scheiben,
Wie finster blickt, wer haßt, und hell, wer liebt,
Wie wir auf Weiß mit schwarzer Tinte schreiben,
Wie's keinen Lichtglanz ohne Schatten gibt:
Muß Irrthum sich der Wahrheit einverleiben.
Halb sind wir Staub, halb Geist. Der Staub zerstiebt,
Doch was der Geist zeugt: Die Gedanken bleiben.

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30.

Der Mensch erfaßt die Wahrheit voll und ganz
So wenig wie des Mittags Sonnenglanz.

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31.

Gar leicht trübt eines Irrthums Wolke
Das helle Glaubenslicht im Volke,
Doch wo des Glaubenslichts Gefunkel
Erlischt, wird's ganz im Volke dunkel.

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32.

Thu Gutes nicht des Lohnes wegen
Und laß dich Undank nie betrüben.
Nur denen, die es selbstlos üben,
Gereicht das Gute selbst zum Segen.

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33.

Undankbarkeit wohnt nur in niedern Seelen,
In edeln wird die Dankbarkeit nie fehlen.

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34.

Viel Menschen gibt's, die ihre Klugheit zeigen
Durch Reden, – doch viel andre auch durch Schweigen.

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35.

Gewohnheit stumpft uns gegen alles ab,
Was erst Befremden weckte oder Scheu:
Nur wahre Schönheit scheint uns immer neu
Im frischen Reiz, der sie zuerst umgab.

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36.

Die Rose blüht, weil sie nicht anders kann,
Fragt nicht, was aus ihr wird, wenn sie muß sterben:
So thut das Rechte auch der rechte Mann,
Sei's ihm zum Segen oder zum Verderben.

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37.

Einfalt und Glück sind Zwillingskinder,
Und Geist und Sorge sind's nicht minder.

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38.

Beim bunten Treiben unterm Himmelszelt
Raunt mir Betrachtung dieses in die Ohren:
»Wie einsam steht der Weise in der Welt
Und wie vergnüglich tummeln sich die Thoren.«

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39.

So oft schlug mir das Schicksal Wunden,
Daß ich nie staune, wenn's geschieht,
Nur staune, wenn ein Tag entflieht,
Der ganz mich unversehrt gefunden.

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40.

In frohem Hoffen ward ich stets betrogen,
In freudiger Erwartung oft,
War je zuweilen mir das Glück gewogen,
So kam es meist mir unverhofft.

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41.

Man rühmt des Löwen Majestät,
Weil er so Thier' wie Menschen frißt;
Der biedre Esel wird geschmäht,
Weil er den Menschen nützlich ist.

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42.

Wer Gutes thut, dem kommt es selbst zu Gute
Auf Wegen, die er nicht versteht;
Wer Böses thut, kommt nie zu frohem Muthe,
Selbst wenn er goldgebahnte Wege geht.

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43.

Was Unglück und Sorgen dir bringen,
Es ist nicht vergebens:
Immer aus dunkelm Grunde entspringen
Die Quellen des Lebens.

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44.

Was den Menschen über das Thier erhoben,
War der erste Blick seines Auges nach oben,
Und wo er den Ausblick nach oben verliert,
Da sehn wir den Menschen bald wieder verthiert.

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45.

Im Geist sich über sich selbst zu erheben,
Im Forschen Jahrtausende zu durchleben,
Vergangnes und Künftiges in eins zu verweben,
Sind Gaben, die nur dem Menschen gegeben.

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46.

Noch nie ward uns ein großer Gedanke verkündet,
Der das Herz nicht mit heiligem Feuer entzündet.
Das Herz kann irren gleichwie der Verstand,
Doch sie irren nicht, wo sie treu verbündet.

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47.

(Nach Ben Jemin.)

Die Fürstengunst ist ein Gebäude,
Das viel Gefahr birgt, wenig Freude;
Wer oben steht, stürzt leicht herab
Und um so tiefer ist sein Grab.

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48.

Altes Herz, was willst du stets noch pochen!
Laß es gut sein, ruft Verstand und Geist:
Kommt die Zeit mit Unheil in die Wochen,
Glaubt man gar, daß du der Vater seist.

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49.

(Nach Omar Chajjâm.)

Zu dieser Hand das Glas, in jener den Korân,
Geh' ich mit heiligem Ernst und hohem Sinn voran.
Den Himmel sucht mein Blick, mein Fuß sucht festen Schritt –
Der Himmel weiß, was ich durch diesen Zwiespalt litt!

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50.

Mit allem, was ich weiß, nahm ich es immer gründlich;
Mein Geist ist ernst, allein mein Herz ist leicht entzündlich;
Ein gern gegebener Kuß erschien mir niemals sündlich;
Ich bin ein Sünder, doch ich sündige nur mündlich.

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51.

Wohl weiß ich, über mich geht viel Gerede,
Und doch sucht' ich mit niemand jemals Fehde;
Wenn falsche Heilige mit mir Fehde suchen,
So laß ich sie in Gottes Namen fluchen.

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52.

Wie mancher Hohlkopf lebt in Pracht und Glanz,
Wie mancher Weise kämpft mit Sorg' und Noth!
Ausgleichung beut das Leben niemals ganz,
Doch ein gerechter Richter ist der Tod.
Wühl' auf das Grab des Armen und des Reichen,
Du siehst, wie sie im Staub einander gleichen.

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53.

Die größten Wunderbauten der Welt
Sind als Denkmale hingestellt,
Wie ganze Völker mußten fröhnen,
Das Leben ihrer Peiniger zu verschönen.

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54.

Die Lüge ist undenkbar ohne Wahrheit,
Eins bringt das andre erst zu voller Klarheit,
Drum halt nicht alles, was du siehst, für schlecht,
Denn ohne Unrecht gäb' es auch kein Recht.

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55.

Die Blumen und das junge Grün,
Die auf dem frischen Grabe blühn,
Sind holden Zeilen zu vergleichen
Mit Lebensgruß aus Todesreichen.

Wer nicht, auch wenn man ihn begräbt,
Noch in der Freunde Herzen lebt,
War schon im Leben zu betrauern,
Doch ist sein Tod nicht zu bedauern.

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56.

Ob, wo die Liebe brennt,
Schmerz auch nicht fehle,
Wer keine Liebe kennt,
Hat keine Seele.

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57.

So manches goldne Wort erklang,
Das unverstanden blieb verloren,
Bis es, verwandelt in Gesang,
Zu Herz und Geist drang durch die Ohren.

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58.

Gedanken schön und anmuthreich
Sind holden, klugen Mädchen gleich:
Man kann sie kleiden mannichfalt,
Zu heben ihre Wohlgestalt,
Doch daß der Schmuck den Zweck erfülle,
Muß reizvoll sein Entfalten sein,
Und der Gedanken neue Hülle
Noch schöner als die alten sein.

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59.

Das Höchste läßt sich nicht mit Worten malen,
Die Schönheit überzeugt durch sich allein,
Stets siegreich treffen ihrer Augen Strahlen,
Kein Anwalt braucht ihr seinen Mund zu leihn.

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60.

Die Natur schafft gleicher Art Weise wie Thoren
In des Leibes Bezirklichkeit,
Doch nur, wer im Geiste wird neu geboren,
Ist ein Mensch in Wirklichkeit.

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61.

Brauch' den Geist, Freund, am rechten Orte,
Und bedenke genau, was dies heißt:
Ohne Geist gäb's gar keine Worte
Und doch spricht man so viel ohne Geist.

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62.

Verständige Leute suchen die Würze
Verständigen Ausdrucks in bündiger Kürze,
Doch die meisten Redner in unseren Tagen
Wissen viel zu sprechen und wenig zu sagen.

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63.

Oft wurd' ich unverdient gerühmt,
Oft auch getadelt unverblümt,
Doch der schärfste Tadel, den ich vernommen,
Ist mir stets aus dem eigenen Herzen gekommen.

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64.

Ein Schlagwort fällt ins Ohr der blinden Menge,
Sie faßt es nicht, doch trägt es gläubig weiter;
Ein Unsinn treibt den andern in die Enge,
Doch wird kein blöder Geist dadurch gescheiter.

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65.

Der kühle Verstand beut vergebens
Seine Münze als Liebessold:
Der Verstand ist das Silber des Lebens,
Und die Liebe des Lebens Gold.

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