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Dieses schleichende Ungeheuer, die Zeit,
Die jeder nennt
Und keiner kennt,
Ist ein Weib von furchtbarer Herrlichkeit,
Die Herrin eines Reiches
Wie in der Welt kein gleiches;
Eine Königin ohne Bezirkung,
Nur sichtbar in ihrer Wirkung,
Im Schaffen, wie im Zerstören groß:
Was sie baut, das reißt sie auch nieder;
Alles Leben gebiert sie aus ihrem Schos,
Alles Leben verschlingt sie wieder,
Das Weltall haltend
Und selbst doch haltlos –
Alles aus sich gestaltend
Und selbst – gestaltlos.
Sie treibt uns zum Lieben und Hassen,
Doch wo wir sie suchen – sie bleibt unsichtbar,
Ist, alles umfassend, doch selbst nicht zu fassen,
Ist, alles vernichtend, doch selbst unvernichtbar
Bei ihrem Kommen und Schwinden.
Das Glück sagt: »Bleib!« das Unglück: »Flieh!«
Sie läßt sich suchen, doch nicht finden,
Sie kommt und geht, – kein Mensch weiß wie?
So nährt sie tödlichen Lebensdrang,
Hier schmeichelnd, dort gewaltsam,
Und wandelt ihren Zerstörungsgang
Unirrend, unaufhaltsam,
Streng alle Schuldigen richtend,
Doch auch Unschuld'ge vernichtend,
Treibt sie mit der Welt ihre Spiele
Und kommt doch nimmer zum Ziele.