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Aus Indianerlanden.

1.

Von den fernen Felsengebirgen blitzen
Im Mondlicht die beschneiten Spitzen,
Wir brausen über die dürren Matten
Der öden Steppen, – da huschen, wie Schatten,
Gestalten vorüber mit braunen Gesichtern
Und Augen darin gleich verglimmenden Lichtern.
Es sind Indianer mit ihren Weibern,
Mit zerlumpt phantastisch umhüllten Leibern.
Am nahen Wasserplatz wird gehalten,
Und da schwingen sich die braunen Gestalten
(Es waren im Ganzen ihrer Zwölfe
Und sie sahen aus wie gezähmte Wölfe)
Auf die Tritte und Außenplätze der Wagen,
Die sie dann mit uns bergaufwärts tragen.
Doch Keiner fürchtet sich mehr vor ihnen,
Die weiland als braune Teufel erschienen
Den Weißen, an ihnen viel Böses verschuldet,
Doch mehr noch des Bösen von ihnen erduldet.
Als Herren einst zogen sie stolz umher
Durchs Land und jagten Büffel und Bär,
Und stürmten mit wildem Kampfgeschrei
Auf die weißen Eindringlinge herbei,
Die den Rothen die Herrschaft wollten entreißen.
Manch blutiges Ringen gab's mit den Weißen,
Bis diese das Land auf eisernen Schienen
Durchbrausten und zwangen die Rothen zu dienen.
Jetzt sind sie, wie Bäume im Winter, entlaubt,
Keine wallenden Federn mehr schmücken ihr Haupt.
Wohl zuckt noch im Auge der alte Groll,
Doch weiß er nicht mehr, wo er einschlagen soll.
Und wenn sie sich heut auf die Wagen stürzen,
So gilt's nur, die langen Strecken zu kürzen,
Die sie früher durchritten oder durchlaufen.
Jetzt erlaubt man ihnen zu ganzen Haufen
Durch alle die Lande frei mitzufahren,
Deren einzige Herrscher sie früher waren.

.

2.

Wie von rauhen Felsenklippen
Lieblich rauschende Wasser fallen,
Hör' ich von Indianerlippen
Lieblich klingende Worte schallen,
Aus den Stämmen der Dakota,
Manitoba, Minnesota –
Gleich als wollten diese Wilden
Ihren Ueberwindern zeigen,
Daß an holden Wortgebilden
Jenen mehr als diesen eigen,
Die aus andrer Völker Speichern
Ihre Sprache gern bereichern,
Doch sofort mit Zähnefletschen
Jedes fremde Wort zerquetschen,
Um den Wohllaut zu zerstören,
Der das Ohr entzückend traf –
Gleich als dürft' es nun als Sklav
Nicht sich selbst mehr angehören.

Doch ein Wohllaut, unzerstörbar,
Ob auch in der neuen Hülle
Nur für feinere Ohren hörbar,
Offenbart sich noch in Fülle,
Um erlöst aus seinen Banden
Frei im Liede fortzuleben,
Wenn die Stämme längst verschwanden,
Die ihr Bestes ihm gegeben.


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