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Die Rose in der Neuen Welt.

O Rose, Blumenkönigin
Der Alten Welt: auch in der Neuen
Magst du dich deiner Herrschaft freuen!
Ob manche Blume, stolz von Sinn,
In blendendbunter Farbenglut
Sich hocherhobenen Hauptes spreize:
Du Sproß aus Aphroditens Blut
Bleibst Königin durch feinere Reize!

O, könnten Alle, die sich schmücken
Mit dir, auch deine Tugend pflücken
Aus dir, so duftig und so rein
Und anmuthsvoll wie du zu sein!

Doch ohne Wahl stets wendest du
Dich, milden Sinnes wie die Sonne
Aus ihres Lichtes Strahlenbronne,
Dem Guten wie dem Bösen zu.

Bei Dionysos' Festgelagen
Wardst du als Götterschmuck getragen,
Und ließest dich in Lustgehegen
Des eselsohrigen Midas pflegen.

Du schmücktest Stirnen von Cäsaren,
Die ihrer Zeiten Abscheu waren,
Und wandest Kränze um die Stirnen
Von weiland kaiserlichen Dirnen.

Doch du bliebst rein und bleibst es immer,
Du fügst zum Guten stets das Beste
Und schmückst der Armuth niedres Zimmer
So gern wie prunkende Paläste.

Du adelst alle Menschenlose,
Doch wirst am liebsten da gepflückt,
Wo eine junge Menschenrose,
Rein wie du selbst, sich mit dir schmückt.

Du blendest nicht durch falschen Schimmer,
Und zeigst in duftiger Geistesfülle
Dich als das reinste Sinnbild immer
Der Wahrheit in der Schönheit Hülle.

Mir bist du Lehrerin gewesen,
Mein Odem trank von deinem Hauche,
Aus deinen Blättern lernt' ich lesen,
Wie Weisheit blüht aus dornigem Strauche.

Hier lassen keine Nachtigallen,
wie an der Donau und am Rheine,
Zu deinem Ruhm ihr Lied erschallen:
Drum huldvoll nimm dafür das meine!


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