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Der brave Gouverneur.

(Nach dem Russischen.)

Er war ein Mensch wie man ihn wünschen mochte,
Ein Gouverneur vom guten alten Schlag;
Er wußte stets, wo man am besten kochte
Und wo der beste Wein im Keller lag.
Dort gerne, selbst in niedrigster Gesellung,
vergaß er seine amtlich hohe Stellung.
Wie sehr er sonst auf Rang und Würde pochte:
Er warf sie weg bei üppigem Gelag;
Er war ein Mensch wie man ihn wünschen mochte,
Ein Gouverneur vom guten alten Schlag.

Mit Augen im Gesicht wie eine Ratte,
Auf breiten Schultern trug er stolz das Haupt;
Zu Haus erschien er stets als biedrer Gatte,
Doch da die Menge nicht an Tugend glaubt,
So gingen über ihn der Reden viele,
Daß manche Huldin besser ihm gefiele
Als die er angetraut im Hause hatte,
Und daß er heimlich manchen Ruß geraubt. –
Mit Augen im Gesicht wie eine Ratte,
Auf breiten Schultern trug er stolz das Haupt.

Als hohe Ehre galt's, ihn zu bewirthen,
Und im Genießen kam ihm keiner gleich;
Wo Schüsseln dampften, volle Gläser klirrten
Und zwischendurch ein Händchen warm und weich
Sich drücken ließ, und gar, zum Hohn der Späher,
Sich Fuß und Füßchen rückten traulich näher,
Als ob sie sich aus holdem Drang verirrten,
Da war sein eigentlicher Herrschbereich. –
Als hohe Ehre galt's, ihn zu bewirthen,
Und im Genießen kam ihm keiner gleich.

Zuweilen gab es zwei bis drei Gelage
An einem Tag; ihm ward es nie zu viel;
Er theilt' die Stunden danach ein am Tage,
Für ihn gab's im Genuß nicht Maß noch Ziel.
Mit einer schönen Frau einst ins Gerede
Gekommen, hätt' er beinah blutige Fehde
Mit dem Gemahl gehabt; allein die Frage
ward beigelegt als ein harmloses Spiel. –
Zuweilen gab es zwei bis drei Gelage
An einem Tag; ihm ward es nie zu viel.

Bei Hofe hatt' er mächtige Connexionen,
Durch Orden ließ der eifersüchtige Zorn
Sich bändigen und das Verdienst belohnen.
Unschädlich bei der Rose ward der Dorn
Vor des Provinzbeherrschers Zaubermitteln;
Nur heimlich wagte man ihn zu bekritteln,
Der schweigenden Verdiensten ihre Kronen
Bereit hielt in des Ueberflusses Horn.
Bei Hofe hatt' er mächtige Connexionen,
Vor Orden und vor Titeln schwieg der Zorn.

Sein Haus stand jeder guten Gabe offen,
Die ohne Aufsehn spurlos bald verschwand,
Nur was ihm werthlos schien, macht' ihn betroffen,
Daß er leicht Worte der Entrüstung fand,
Zu zeigen, daß die Gnade unzugänglich
Für Opfer sei so sichtbar unzulänglich.
Er jagte Schrecken ein und nährte Hoffen
Nach Maß des Werthes in der Opferhand.
Sein Haus stand jeder guten Gabe offen,
Die ohne Aufsehn spurlos bald verschwand.

In Freuden lebt' er bis zu hohen Jahren
Und starb urplötzlich dann am Herzensschlag.
So konnt' er selig in die Grube fahren
Um einzugehn zum ewigen Festgelag.
Dort wird die Klatschsucht nichts an ihm bemängeln,
Denn Eifersucht besteht nicht unter Engeln.
Ganz rührend sah, umhüllt von weißen Haaren,
Sein Antlitz aus, als er im Sarge lag. –
In Freuden lebt' er bis zu hohen Jahren
Und starb urplötzlich dann am Herzensschlag.

Mit fürstlichem Gepräng' ward er begraben
Und zwanzig Sterne trug man hinterher,
Die seinem Werth ein glänzend Zeugniß gaben.
Der Priester rühmte seine Tugend sehr,
Denn fleißig – ganz von Ordensschmuck umschildet,
Aus Silber, Gold und Edelstein gebildet –
Ging er zur Kirche, fromm sich zu gehoben
Zur Ehre Gottes, und das ward ihm schwer. –
Mit fürstlichem Gepräng' ward er begraben
Und zwanzig Sterne trug man hinterher.


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