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Viertes Buch.
Erzählende Gedichte.

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Midhat Pascha.

Als Midhat noch zur Schule ging,
Erhielt er einen goldnen Ring
Nach einer Prüfung einst als Preis,
Weil er durch Lernbegier und Fleiß,
Dazu durch hohe Geistesgaben
Geglänzt vor allen andern Knaben.

Zum Vater mit dem goldnen Ringe
Kam Midhat froh und guter Dinge;
Der drückt den Sohn in seine Arme
Und sprach: Daß Gott sich dein erbarme,
Sonst wird dir dieser Ring auf Erden
Zu einem Ring des Unglücks werden.
Misgunst und Neid verzeihen nie
Vorzüge, die uns Gott verlieh;
Drum lerne klug durchs Leben wandern
Und präg' dir diese Lehre ein:
Je größer du dich zeigst vor andern,
Je größer wird dein Unglück sein.
Sei fügsam, schweigsam, schlicht, bescheiden,
Such' jeden stolzen Schein zu meiden,
Denn wo, wie hier, mit stolzen Schritten
Im Ehrenkleid das Laster geht,
Muß Tugend um Verzeihung bitten,
Daß sie unscheinbar fortbesteht.
Selbstachtung sei dein höchstes Gut!
Sie gibt dem Herzen Kraft und Muth,
Macht edle Menschen immer edler
Als Schatz, den nichts verderben kann
Und kein verschmitzter Thronumwedler
Durch Sultansgunst erwerben kann ...

Tief prägte Midhat jedes Wort
Dem Herzen ein, und lebte fort,
Zu höchsten Ehren auserlesen,
Bescheiden, wie er stets gewesen.

Die Welt sprach viel zu seinem Lobe,
Doch ward er oft auch auf die Probe
Gestellt, ob sich in goldner Schlinge
Nicht seine Redlichkeit verfinge.
Er ward umspäht zu allen Stunden,
Allein so treu bewährt gefunden,
Daß bald sein Ruhm weithin erscholl:
Er sei der einzige Mann im Reiche,
Der nie vom Pfad des Rechten weiche.
Das weckte seiner Neider Groll
Und auch der Sultan ward sein Neider;
Er nahm ihm seine Ehrenkleider
Und stieß ihn fort aus seiner Nähe,
Befahl, daß man nach Gründen spähe
Ihn einzukerkern und zu richten ...
So kam, für treuerfüllte Pflichten
Im höchsten Amt des Reichs, zum Dank
Midhat auf die Verbrecherbank,
Weil er als einziger Mann gegolten
Im Rath, deß Wandel unbescholten.

Er stand und hörte sich verklagen,
Um ruhigen Blicks darauf zu sagen:
Ihr, ein verworfenes Gelichter,
Verkörperung jeder Schlechtigkeit,
Geberdet euch als meine Richter?
Spottbilder der Gerechtigkeit,
Vollführt den längst geplanten Mord!
Ich hörte, was ihr spracht, geduldig,
So hört auch ihr mein letztes Wort:
Nicht ich bin hier, ihr selbst seid schuldig,
Doch bin ich gern bereit, mein Leben
Für eure Sünden hinzugeben;
Wo Unrecht führt des Rechtes Schwert,
Da ist kein Leben lebenswerth.


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