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An Karl von Holtei zu seinem achtzigsten Geburtstage.

(24. December 1877.)

Ehrwürdig ist das Alter schon an sich –
Um wie viel mehr nach reicherfülltem Leben
Wie deines ist! – Du sahst die Welt, sie dich,
Sie hat dir viel, du hast ihr mehr gegeben,
Da du dich rückhaltslos stets offenbart
Ganz wie du warst in deiner Eigenart,
Derweil die Welt, die alte Buhle, immer
Aufs neue lockt mit trügerischem Schimmer.

Sie hat auch dich verlockt und lang bethört –
Du schwatztest manches davon aus der Schule –
Doch hat sie nicht dein bessres Selbst zerstört,
Denn tief sahst du ins Herz der alten Buhle,
Und fandest schnell dich wieder selbst zurecht,
Und schiedest scharf, was gut ist und was schlecht,
Und suchtest nie der Menschen Herz zu rühren
Durch eignes Irren And're irrzuführen.

Du warst ein guter Spieler in der Welt,
Wie auf den Brettern, die die Welt bedeuten,
Hast manche trübe Stunde uns erhellt
Und ließest deine Liederglöcklein läuten
In manches Herz. Ich sang als Knabe schon
Dein »Mantellied« in eigener Person,
Und noch aus jener Zeit in Aug' und Ohre
Lebt mir »Der alte Feldherr« und »Lenore«.

Dann sah ich »Lorberbaum und Bettelstab«
Und »Shakespeare in der Heimat«; »Die Berliner
In Wien«, und spart's am Nöthigsten mir ab
Um darauf in »Berlin« zu sehn »Die Wiener«.
Doch später tiefer mir zum Herzen drang
Der »Waldesstimmen« heimatlicher Klang;
Auch »Christian Lammfell« und die »Vagabunden«
Besuchten mich und haben mich gefunden.

Nun, seit die bunte Welt dir nichts mehr beut,
Hast du dich völlig ihrem Blick entzogen.
Wohl dem, der sich des sichern Hafens freut
Nach langer Fahrt auf stürmischen Lebenswogen!
Du bist nicht einsam in der Einsamkeit,
Nur fern dem unfruchtbaren Lärm der Zeit:
Vom Phrasenkampf ums Dasein und die Zuchtwahl
Zog dich ins Kloster deine freie Fluchtwahl.

Schon achtzig mal nun hat die Wiederkehr
Des Lenzes neue Blüten dir getrieben,
War dir auch oft des Lebens Bürde schwer,
Dein Geist ist frisch, dein Herz ist jung geblieben!
Halt's ferner so in deinem Lebenslauf!
Mein Lied sucht heute dich im Kloster auf,
Dem alten Freunde meinen Gruß zu bringen:
Mög's, wie's vom Herzen kam, zum Herzen dringen!


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