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Dein Bild schwebt vor mir, nicht wie du geendet,
Längst abgewandt der Jugend Spiel und Tanze, –
Nein, wie ich dich zuerst gesehn im Glanze
Der Schönheit, makellos in dir vollendet.
Ich stand, wie alle, die dich sahn, geblendet;
Du warst die weiße Rose in dem Kranze
Von schönen Fraun – das holderfüllte Ganze
Von Reizen, nur vereinzelt sonst gespendet.
So prägte sich dein Bildniß meinem Hirne
Und Kerzen ein. – Oft mit umwölkter Stirne
Sah ich dich später, aber keine Klage
Kam aus dein seinen Mund; dein ganzes Leben
War ein geheimnißvolles holdes Weben –
Du kamst und gingst wie eine Fee der Sage.
Einst, als du noch die Königin warst im Reigen
Der Schönheit, aller Augen liebstes Ziel,
Gefiel den andern nur, was dir gefiel,
Und wenn du sprachst, gern mochte jeder schweigen.
Denn so viel Geist und Anmuth war dein Eigen
Und sinniger Empfänglichkeit so viel,
Daß eines stets in holdem Wechselspiel
Das andre hob, die Herzen dir zu neigen.
Kein Wort genügte, deinen Reiz zu malen:
Das Haar, das sich wie lichte Sonnenstrahlen
Zum Nacken schlang in lieblichem Gewimmel;
Die Augen wie geschnitten aus dem Himmel,
Die Hoheit und den Liebreiz der Geberde –
Und all der Glanz ruht nur: in dunkler Erde!