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(† 25. Mai 1681)
Ein Ruf tönt von Madrid durch alle Lande:
»Wir rüsten uns zu einem Maienfeste,
Wie keins zuvor am Manzanaresstrande
Gefeiert ward; kommt und seid unsre Gäste,
Ihr alle, die des hehren Mannes Bild
Im Kerzen tragt, dem unsre Feier gilt:
Dem Genius, dem alle höchsten Güter
Sein Gott verliehn als Mehrer und als Hüter.«
Er wuchs, ein Riesenbaum, in seinem Volke
Empor, hoch alle andern überragend,
Und seine Blütenpracht als Segenswolke
Ausstreuend, immer neue Blüten tragend. –
Zweihundertmal hat sich der Lenz erneut
Und Blüten, die verwehten, ausgestreut
Aufs Grab des hohen Sehers und Poeten,
Deß eigne Geistesblüten nicht verwehten.
Sie trugen Frucht, gelöst vom Lebensbaume,
Eh' er gefällt ward, und die Frucht barg Kerne,
Und – wunderbar, als ob es sich im Traume
Begeben! – aus den Kernen blitzten Sterne
Am Dichterhimmel anderer Völker auf.
Noch wundersamer, als der Lebenslauf
Des Dichters selber, war der seiner Werke
Durch ihres Geisteszaubers mächtige Stärke.
Des Ruhmes Liebling schon in zarter Jugend,
Blieb er der Gunst des Ruhmes werth zeitlebens,
Im Krieg ein Vorbild ritterlicher Tugend,
Im Frieden Vorbild jedes höchsten Strebens,
Im Reich der Dichtung Spaniens größter Sohn,
Gefeiert von der Hütte bis zum Thron –
Und Spaniens Zunge zählt zu jenen Zungen,
Drin Menschenwort am göttlichsten erklungen.
Er löste tiefer Lebensräthsel Siegel
In zaubervollen Tönen des Gesanges,
Und sein Gesang ward seinem Volk ein Spiegel,
Darin es selbst sich fand, voll regen Dranges
Nach Ehre, Liebe, Lebenslust und Ruhm,
Auch stolz auf seines Glaubens Heiligthum,
Auf Spaniens bergumrahmte Blumenauen
Und Glutenaugen seiner schönen Frauen.
So, tief im Heimatboden Wurzeln schlagend,
Doch bis zum Himmel hebend seine Krone,
Wuchs er empor, nur heimische Früchte tragend,
Doch Labsal edlen Geistern jeder Zone,
Wer davon kostet, fühlt sich neu belebt,
Und eine Bilderflut vorüberschwebt
An dem verklärten Blick, die vom Gewimmel
Des irdischen Treibens ihn erhebt zum Fimmel.
Das Leben wird zum Traum, der Traum zum Leben,
Wir wissen nicht, was wirklich, was nur scheinbar,
Wir sehn zu höh'rem Dasein sich verweben
Was im gemeinen Leben unvereinbar.
Die Blumen glühen wie mit Sternenpracht,
Die Sterne blühen durch die Sommernacht.
Ein wunderthätiger Magus schafft Gestalten,
Die athmend Erd'- und Himmelsglanz entfalten.
Was je von Glut und Geist im spanischen Stamme
Als schön empfunden ward, als groß bewundert:
In Calderon schlug's auf zu hehrer Flamme,
Fortleuchtend von Jahrhundert zu Jahrhundert.
Und nirgends fand sein zündender Gesang
Mehr als in deutschen Herzen Widerklang,
Selbst unsres großen Volkes größte Geister
Begrüßten ihn als ebenbürtigen Meister.
Den Jüngern aber, deren heute viele,
Den hohen Ursprung aller Kunst vergessend,
Sie oft entwürdigen, in verwegenem Spiele
Um Pöbelgunst und Lohn die Kräfte messend –
Mag Spaniens Dichterfürst ein Mahner sein,
Sich priesterlich der hehren Kunst zu weihn,
Die ihn erhoben hat zu ewigem Ruhme,
Weil ihm die Bühne ward zum Heiligthume –
Zum Heiligthume, das die Welt umspannte
Und nah' und ferne Reiche und Provinzen
In seiner Dichtung Herrschaftszauber bannte,
Von Lusitanien den standhaften Prinzen
Schickt er nach Afrika in Sklaventracht,
Zu zeugen für des Glaubens Wundermacht, –
Und zeigt mit Babels Pracht uns im Gedichte
Semiramis, das Wunder der Geschichte.
Das Kleinste war ihm nicht zu klein, das Größte
Ihm nicht zu groß, es lichtvoll zu entfalten,
Bis er die Seele von der Hülle löste ...
So könnt' er altern, aber nicht veralten,
Und wie die Knospenhülle, die sie barg,
Der Rose Wiege wird und dann ihr Sarg,
So ward Madrid als wiege auch die Truhe
Des Dichters, da er ging zur ewigen Ruhe.
Doch schmückt man nicht sein Grab zum Fest der Trauer:
Zum Jubelfest glorreichen Auferstehens
Vom Staub zu einem Leben ewiger Dauer
Aus dieser Welt des Werdens und Vergehens.
Gern brächt' ich selbst heut meinen Sängergruß
Zum Feste, doch gefesselt ist mein Fuß:
So mög' ein günstiger Wind zum Heiligthume
Des Spaniers Hinwehn meine Liedesblume!