Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
(1937)
Wenn ich ein Bibliophile wäre, wozu ich leider nicht die Muße habe, würde ich kein gebundenes Buch kaufen! Denn der Einband des Verlegers ist »von der Stange«, ist Fabrikware, auch wenn ihn ein berühmter Künstler entworfen hat. Ich aber möchte mein Buch nicht als Ware besitzen.
Ich würde freilich weder Inkunabeln noch Bücher sammeln, deren Seltenheit durch einen Druckfehler oder andern Unsinn beglaubigt ist; ich würde überhaupt nicht sammeln, nur Bücher aus Liebe erwerben, um sie liebend zu besitzen. Meine Bücherei müßte mein Angesicht sein.
Selbstredend würde ich kein Exlibris haben, weil ich diese eingeklebten Zettel für barbarisch halte; ich würde in jedes Buch meinen Namen schreiben, freilich nur meinen Namen. Für die schlechte Gewohnheit der Glosse ist der Rand nicht da; und gar Eselsohren sind, was der Name sagt.
Ich würde jedes Buch mit der Hand binden lassen, wie ich es noch selber gelernt habe, und würde weder einen Ganzlederband noch einen Leinenband dulden: den einen nicht, weil er eine Protzerei ist, den andern nicht, weil mir der Werktagskittel hier nicht paßt. Meine Bücher sollen nicht protzen, aber festlich sein.
Das edelste Buchgewand scheint mir der Halbfranzband. Er rechnet damit, daß mein Buch im Bücherschrank steht und den Rücken zeigt: diese Schauseite kann der Halbfranzband genau so festlich schmücken wie der protzende Ganzlederband.
Ich würde dazu meine eigenen Prägestempel besitzen und sie dem Buchbinder leihen. Hier, Meister, würde ich sagen, ist mein Exlibris, das du unentwegt aufprägen mußt. Der verschiedene Umfang und das verschiedene Format sorgen schon, daß deine Arbeit nicht schematisch wird. Im übrigen weiß ich ja, daß du kein Buchschildner, sondern ein Buchbinder bist, und daß dieses Binden ein edles Handwerk ist, wenn es richtig geübt wird. Ein gut gebundenes Buch soll sich aufschlagen wie ein Auge und auch so schließen. Nichts ist abscheulicher als jene Bände, die aus falschem Zwang einknicken oder wie lotterige Türen in den Angeln hängen.
Meine Bücherei würde, so scheint es mir, keinen großen Schrank brauchen; sie wäre bald untergebracht. Auch hätte ich keinen Katalog nötig, weil jedes Buch in seiner Nachbarschaft stände. Wahrscheinlich würde ich nie nach einem suchen, sondern mit der greifenden Hand dem Zufallsblick folgen. Ich würde es zärtlich heraus nehmen und mich eine Weile an seinem Festgewand freuen, ehe ich es aufschlüge, darin zu lesen; denn nur Bücher, in denen man lesen kann, immer wieder – nicht die man gelesen haben muß –, gehörten in meinen Schrank.