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(1937)
Es gibt unter den deutschen Bildern von Hans Thoma eins, das wohl am deutschesten ist: vor einem abgeschiedenen Tal steht seitlich groß in den Bildgrund hinein – sodaß sie gegen einander ausgewogen sind, das Tal und der Mann – im milden Mondlicht der »Hüter des Tals«. Kein Engel des Paradieses mit »bloßem hauenden Schwert«, Vertriebenen den Eingang zu wehren, auch kein Landsknecht oder Ritter trotz seinem Panzer, eher ein Bauernbursch, durch einen höheren Willen auf diese Wache gesandt. Er hat, der Stunde gewiß, den Helm abgenommen, sodaß man sein treues Gesicht sieht, das gar nicht kriegerisch, eher andächtig ist und ganz in die Stille der Sterne versunken.
Wenn ihn das Tal selber zur Wache ausgesandt hätte, würde es ihm kaum einen Panzer haben anziehen können; und wenn er als Späher einer fremden Macht dastände, würde er nicht so treu in das Land blicken. Sie müssen zueinander gehören, das Tal und der Mann, sein Dienst und die ewigen Sterne. Und es ist keine klügelnde Deutung, sondern der Sinn des Bildes für unsere Zeit, daß die Macht, die den Jüngling dahin gestellt hat, sein Deutschtum, und daß dieses Tal ein abgeschiedener Teil der Heimat ist, von den Gefahren der nächtlichen Wälder bedroht. Nicht unter fremden Sternen und im Zwang einer fremden Pflicht steht er da, sondern im Glück eines Dienstes, darin sein Blick und sein Herz gläubig der Heimat zugewandt sind. Und das ist der starke Zauber des Blattes, daß wir den Frieden des Tals mehr durch die Gläubigkeit als durch den Panzer des Wächters gesichert fühlen.
Das Deutschtum hat viele Täler draußen, die wie dieses bedroht sind, aber überall steht der Wächter darin: kein aus der Fremde gesandter, sondern in der Heimat gewachsener Mann, dem das Tal und die Sterne, sein Dienst und sein Glück eins sind. Durch seine größere Heimat gesichert, steht er als Hüter des Tals, darin seine Jugend die gläubigen Wege ging: Nicht tückisch oder wild schimmert darum das Mondlicht auf seinem Panzer, nur als das wachende Auge eines Dienstes, der des Lohnes aus sich selber gewiß ist.