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Herr Intendant Doktor Flesch hat vor zwei Wochen, in Nr. 31 der »Weltbühne« auf den Artikel Herbert Connors über die Schlagerclique im Rundfunk geantwortet. Ich finde, etwas ironischer als die Sache verdient. »Nun ist zwischen dem 14. und 28. Juli allerhand in der Welt geschehen. Just am Tage des Erscheinens der Vorwürfe des Herrn Connor stellt die Danatbank ihre Zahlungen ein, die Krise ... – es ist nicht nötig, das auszuführen.« Es ist nicht nötig. Am 14. Juli, neun Uhr zehn, ging die Welt unter, und damit war Herr Connor desavouiert. »Für den Rundfunk bedeutete das Konzentration auf den Versuch, so eng wie möglich mit den Geschehnissen in Verbindung zu sein ... die Schwierigkeiten waren sehr groß, das Interesse unvermindert bei der Politik ...« Das heißt hoffentlich nicht, daß der unterhaltende Teil im Rundfunk in Zukunft von den Ministern bestritten werden soll. Der Herr Intendant ist nicht gut beraten, wenn er sich über Herrn Connor lustig zu machen und überhaupt das ganze Thema zu bagatellisieren versucht. Es kommt auch nicht darauf an, ob Herrn Connor in Einzelheiten kleine Irrtümer unterlaufen sind, dazu ist das ganze Gebiet zu unübersichtlich und die Verfilzung zu weit fortgeschritten. Es ist auch ganz belanglos, ob die Herren so viel oder etwas weniger verdienen. Die Herren Berichtiger, denen sich leider auch Herr Doktor Flesch angeschlossen hat, der sich in diesem Kreis wunderlich ausnimmt, übersehen das. Jedenfalls nährt dieses undiskutable Genre seinen Mann recht ausgiebig. Worauf es uns ankam, das war, die Kulturschande dieser Schlagerindustrie aufzuzeigen, auf ihre Methoden hinzuweisen, durch unterirdische Kanäle in die verschiedenen deutschen Sender einzudringen. Ein exaktes Eingehen auf diese Dinge war nicht möglich. So gute Sauerstoff-Apparate gibt es nicht, um eine Expedition beherzter Männer studienhalber in diese Kloake zu schicken. Wir mußten uns auf ein paar Stichproben beschränken. Wir haben jedenfalls erreicht, was wir wollten: die Schlagerclique ist in Aufruhr, zahlreiche ernste und kritische Menschen sind auf ein Gebiet aufmerksam gemacht worden, das sie bisher, teils aus Mangel an Interesse, teils aus Widerwillen ignoriert hatten. Der von uns hochgeschätzte Herr Intendant Doktor Flesch wird sich ein Verdienst erwerben, wenn er der Schlagerpest zu Leibe rückt, was bei seinen Beziehungen zur besten modernen Musik gewiß nicht unmöglich ist.
Die Weltbühne, 18. August 1931