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Das Orgelkonzert mit Tonbildern, Hymne, Kantate, Präludium. Hinweise auf die Geheimnisse des Ton- und Formenwesens. Die Liebe macht Gott schaubar. Himmlisch-philosophische Fragen und Antworten. Gleichnisse: Sonne und Auge. Der Riese und die Fliege. Kraft und Gegenkraft. Wind und Regen. Schluß der Zusammenkunft
Am 7. Demzember 1850
1 Josef mit allen anderen einstigen Kaisern auf Erden, und Robert, sein Gehilfe, und die beiden Weiber passen nun auf mit aller Attention (Aufnerksamkeit), was da nun kommen werde.
2 Nach einer kurzen Weile ertönen gar mächtige Ackorde einer Orgel, und wie da die Ackorde melodisch sich ineinander verschlingen, so werden im freien Raume die wunderherrlichsten Formen ersichtlich, ungefähr in der Art, als wie man auf der Erde auf dem Wege der Kamera obskura Bilder schafft. Je nachdem dies optische Instrument so oder so gedreht wird, kommt auch nach und nach ein anderes Bild zum Vorscheine. Ein Unterschied bestünde darin, daß die Kamera obskura nur Abbilder von schon daseienden Gegenständen wiedergeben kann, während hier durch die Harmonie der Töne stets neue Formen geschaffen werden, insoweit aus den Tönen stets neue Kombinationen gezeugt werden. Natürlich, wie es sich schon von selbst versteht, bringen wiederholte schon dagewesene Tonkombinationen auch stets dieselben Formen wieder zum Vorscheine. Diese Tonbilder aber sind hier überaus hell und wechseln stets in den allerlebhaftesten Farben und ergreifendst schönsten Formen miteinander ab; dadurch wird nicht nur das Ohr und das Gemüt auf eine allerherrlichste und erbaulichste Weise entzückt, sondern auch das Auge, und der mit demselben zusammenhängende Verstand der Seele, der in der Seele ist gleich wie das Auge des Geistes.
3 Es fragt Mich aber nun Robert und sagt: »Aber wie ist denn das? Bei der ersten Kantate haben wir keine solche Formen und wunderherrlichsten Bilder zu sehen bekommen; erst jetzt beim großen harmonischen Tönen der Orgel kommen sie zum Vorscheine.« – Sage Ich: »Weil das in Meiner ewigen Ordnung schon also eingerichtet ist, daß da nichts ohne eine Vorwirkung, Nachwirkung und Gegenwirkung entstehen und zum Vorschein kommen kann. Die Danksagungshymne von Seite der Gäste, die da am großen Tische gespeist haben, war eine Vorwirkung, die große Kantate von den Galerien war die Nachwirkung, und das große Präludium auf der Orgel ist die Gegenwirkung, weil sowohl die Töne anderer Art sind, und zugleich durch dieses Präludium die Gegenthemen von der früheren Danksagungshymne wie von der nachfolgenden Kantate vorführen. Diese Gegensätze stoßen sich, und wo sie sich berühren, da werden sie auch sichtbar und machen ersichtlich, was sie sind und was sie sagen.
4 Siehe, auch auf der Erde hat die freilich sehr unvollkommene Musik beinahe eine ähnliche Wirkung. Die Zuhörer werden oft ganz unwillkürlich in ganz fremde Regionen in ihrem Gemüte versetzt, und es kommt ihnen vor, als ob sie da oder dort wären. Das bewirken die Formen, die durch verschiedene Tonkombinationen in der Seele erzeugt werden und diese dann geistig in solche in ihr aufgetauchte Formen und daraus gebildete Regionen versetzen. Würde sich nun der Orgelspieler in ganz neuen Tonkombinationen zu bewegen anfangen, denen keine entsprechende Vor- und Nachwirkung vorangegangen ist, so würden diese herrlichen Bilder auch alsbald aufhören, und ihr würdet dann bloß nur ganz herrliche Töne vernehmen, aber ohne daraus hervorgehende Formen.
5 Es entwickelt zwar ein jeder Ton eine bestimmte Form, aber diese wird erst dann sichtbar, so sie sich auf eine vorangehende Form gewisserart anlehnen kann. Es ist ungefähr mit den Lichtbildern derselbe Fall. Wenn sich ihnen kein Gegenstand in den Weg stellt, durch den sie aufgehalten werden, so fliehen sie unsichtbar in's Unendliche unaufhaltsam hinaus. Mein Auge kann wohl alles schauen, aber nicht so das Auge eines geschaffenen Geistes, das selbst nicht sein könnte, so es an Mir nicht einen Stützpunkt hätte. Nur ein Erstes kann ein Erstes sehen, ein Zweites nur ein Zweites, und ein Erstes kann es nur dann sehen, wann ein Erstes die Gestalt eines Zweiten angenommen hat.
6 So könnet ihr Mich als ein pur göttliches Wesen nie sehen; da Ich aber von Selbst ein zweites Geschöpfliches angenommen habe, so könnet ihr Mich sehen, insoweit Ich nun Selbst ein Zweites Geschöpfliches angenommen habe, und ein vollkommenes und bleibendes Zweites geworden bin aus Mir Selbst.
7 Also wird es auch sein, so ihr in einen der zwei unteren Himmel kommen werdet. So lange ihr nicht das Element dieser Himmel annehmen werdet, werdet ihr stets unsichtbar verbleiben, wogegen ihr aber dennoch alles sehen werdet, was sich dort vorfindet, indem ihr als Bewohner dieses obersten Himmels auch gegenüber einem zweiten und gar dritten Himmel ein erstes seid. Saget Mir nun, ob ihr das alles wohl verstanden habet? Das Konzert ist zu Ende, und so können wir nun schon wieder weiter uns miteinander besprechen über die Dinge Meiner Himmel.«
Am 8. Dezember 1850
8 Sagt Robert: »Herr und Vater! Das es also ist, und nicht anders sein kann, das sehen wir recht klar ein, auch das wie sehen wir ein, aber freilich so recht urgründlich noch lange nicht, denn mit den nötigen Gegensätzen oder Objekten, die zur Sichtbarmachung von irgend etwas als ein erstes Daseiendem erforderlich sind, will es sich wenigstens bei mir nicht so ganz und richtig zusammenreimen lassen. Ein erstes muß doch notwendig etwas ganz Gediegenstes sein, ansonst aus ihm nie ein zweites hervorgehen könnte. Nun fragt es sich, warum dies erste aus dem von ihm ausgehenden zweiten zu seiner eigenen Manifestierung ein Objekt bilden muß, um einem gegenüberstehenden zweiten sichtbar zu werden?« –
9 Sage Ich: »Das liegt als ewige Ordnung in einer jeden einfachsten Grundkraft; jede Kraft ist unauflösbar in jeder Art ihres Grundseines. Weil aber jede Kraft unauflösbar ist, so ist es klar, daß sie fortbestehen muß in sich und aus sich heraus. Die Kraft ist sonach stets da, ob sie sich äußert oder nicht. So lange sich aber eine Kraft nicht äußert oder nicht äußern kann, besteht sie in sich selbst nur als eine stumme Kraft, und ist so in ihrem Bestande, als ob sie gar nicht da wäre. Solle die Kraft aber als bestehend auftreten, so muß ihr ein Gegensatz gestellt werden, und dieser Gegensatz kann kein anderer als eine Gegenkraft sein, durch die die erste in ihrem ruhigen Fortflusse gestört wird. Wo ein solcher störender Konflikt geschieht, da wird auch die eine wie die andere Kraft als daseiend ersichtlich. Die Erste geht aber da unfehlbar in eine Zweite über, und die Zweite umgekehrt in die Erste; und erst auf diese Weise werden die beiden Kräfte einander gegenseitig wahrnehmbar und somit auch in der Art und Weise ihrer Tätigkeit ersichtlich.
10 Einige kleine Bilder sollen euch diese wichtige Sache näher und näher beleuchten. Betrachtet das ausströmende Licht aus einer Sonne. Denket euch, die Sonne wäre wirklich da, wie sie ist in ihrem Sein und Bestehen; aber in der ganzen Unendlichkeit gäbe es kein der Sonne verwandtes Auge, das sich als eine sekundäre Kräft der Sonne gegenüber stellete und auffinge das aus der Sonne strömende Licht, durch das die Sonne im Auge ihres Gleichen bildet und dadurch als Primitivkraft in eine sekunkäre Kraft übergeht. Wäre da die Sonne nicht so gut als gar nicht? Hat sich aber ein Auge gebildet, in dem die Sonne sich gewisserart selbst wiederfindet, so tritt dann die Sonne als eine Primitivkraft (Primärkraft) dem Auge gegenüber in ein erscheinliches Dasein. Schließt sich das Auge, und kann sich die Sonne in dem ihr verwandten Auge nicht finden, so ist für's erste das Auge für die Sonne wie gar nicht da, und die Sonne selbst hat für's Auge das erscheinliche Dasein verloren. Ich meine, Freund Robert, das solle dir nun wohl recht einleuchtend sein.
11 Aber Ich will dir dennoch ein anderes Bild geben. Stelle dir einen überaus starken Riesen vor; setze ihn in einen leeren Raum, in dem sich kein Gegenstand vorfindet, an dem der Riese seine Kraft auf die Probe setzen könnte. Stelle ihm eine Fliege als Gegenkraft vor, doch also, daß er sie mit seinen Händen nicht erreichen kann, und die Fliege wird mit dem Riesen in einer ganz gleichen Kraft dastehen und wird den Riesen zu einem Zweikampfe herausfordern können, so sie einen Stützpunkt hat. Hat aber der Riese einen solchen, so werden Millionen Fliegen ihm nichts anhaben können, und so muß jede Kraft erst eine Gegenkraft finden, sonst kann sie sich nicht äußern und in die Erscheinlichkeit treten. Eine Kraft muß sich an der anderen versuchen, sonst ist sie wie gar nicht da.
12 Wenn auf der Erde in einem fort nur ein Wind (aus einer Richtung) ginge, so käme es ewig zu keinem Regen; kommt aber diesem einen Winde ein anderer entgegen, da werden dadurch sogleich Verdichtungen in der Luft geschehen, und werden als Nebelchen und am Ende als regenschwere Wolken ersichtlich. Die Wolken aber sehen den Wind an und für sich nicht, so lange der Wind pur Wind bleibt; hat aber einmal der Wind aus sich die Wolken geschaffen und hat sich mit ihnen bekleidet, da sehen dann freilich auch die Wolken den Wind und zeigen durch ihre Bewegungen seinen Zug an. Ich meine nun, Freunde und Brüder, diese Sache solle euch nun wohl schon sehr klar geworden sein.« –
13 Sagt Robert: »Ja, Herr und Vater, nun sind wir darüber ganz vollkommen im reinen, aber es hat dazu etwas gebraucht. Nun aber verlassen diese Gäste wieder diesen Saal; wohin werden sie sich nun begeben, und was werden sie tun?« – –
14 Sage Ich: »Sie gehen dankbarst und höchst selig in ihre Wohngemächer zurück. Dort aber werden sie auf den Tafeln schon finden, was sie zu tun haben werden. Mit der Weile wirst du und ihr alle das schon viel genauer kennen lernen. Gehen wir aber nun ein wenig hinab in die Gemächer zu ebener Erde, dort werde Ich euch die Türen zeigen, durch die ein jeder Geist auf dem kürzesten Wege in alle naturmäßigen Welten gelangen kann. Dort in der abendlichen Ecke dieses Saales befindet sich eine sehr gut konstruierte Wendeltreppe; begeben wir uns also dorthin. Wir werden über sie sehr leicht in die ebenerdigen Gemächer gelangen, in die von außen her kein Eingang führt, und so begeben wir uns denn nun ganz wohlgemut hinab. Es sei!«