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Kapitel 289

Roberts Frage an Petrus, wie er und die Kaiser in einen Verein kamen? Vorzüge der Erbthrone vor den Wahlthronen. Gesegnetes Verhältnis zwischen Regierung und Volk. Wann der Himmel eingreift

Am 1. Dezember 1850

1 Sagt Robert: »Das aber ist eben auch vom Herrn endlos weise eingerichtet; denn würde man mit dem Wissen je zu einem vollsten Ende gelangen können, und gäbe es endlich gar nichts mehr, danach man fragen könnte, so wäre einem ehrlichen Geiste mit der Weile das Dasein ja noch bei weitem unerträglicher als alles, was man für's bewußte und intelligente Leben nur immer unerträglich nennen kann und mag, aber so ist man selbst als ein vollendeter Geist, obschon man hier mehr weiß, versteht und einsieht als alle Menschen auf der Erde in tausend Jahren, im Wissen, besonders hier im Hause des Herrn, wo ein Wunder das andere verdrängt, äußerst beschränkt; ja man ist eigentlich eine barste Null und begreift sogar das nicht, was einem doch sozusagen auf der Nase sitzt; und das ist gut, weil dadurch das Herz und der Geist in einer immerwährenden Tätigkeit erhalten werden.

2 So habe ich bei mir schon einigemal nachgedacht, was denn ich so ganz eigentlich mit den römischdeutschen und österreichischen Kaisern zu tun habe. Wie komme ich in ihre und sie in meine Gemeinschaft? Was habe ich je mit Rudolf dem I. zu tun gehabt, was mit seinen Deszendenten (Abkömmlingen)? Ich kann mir wohl solche Geister als für meinen Verein tauglich denken, die entweder in meine irdische Lebensperiode fallen, meiner Denkweise waren und in Österreichs Staaten bei der Gelegenheit in die Geisterwelt kamen, als ich in Wien nach diesseits befördert worden bin, wofür ich nun meinen irdischen Feinden nicht genug danken kann; aber wie die Regenten Österreichs, mit denen ich noch nie in irgend einer Konnexion habe stehen können, da doch die meisten viel vor mir auf der Erde ihre Herrschaft ausgeübt haben, in meinen Verein kommen, und neben ihnen auch so manche römische Bischöfe, das ist mir ein Rätsel. So sie allenfalls mich in ihren Verein aufgenommen hätten, so ließe sich das erklären; aber daß ich sie in meinen Verein aufnehme, und daß sie gewisserart zu mir kommen und wenigstens anfänglich in meinem Hause Wohnung genommen haben, den Grund davon begreife, wer ihn will; ich begreife ihn trotz aller meiner geistigen Vollendung nicht. Begreifst vielleicht du ihn, mein liebster Freund und Bruder?«

3 Sagt Petrus: »Der Grund davon ist ganz einfach: Siehe, du warst stets der Dynastie der Habsburger, wie man sagt, von der Wurzel an ein wahrer Feind; ihr allein schriebst du alle Übelstände von Europa zu. Mit solch einem Grolle aber hättest du nimmer ein Bewohner dieses Reiches der reinsten ewigen Liebe werden können. Der Herr verschaffte dir daher die Gelegenheit, dich mit solchen deinen Antipatien auszusöhnen, ihren Wert anzuerkennen, und sie als echte Brüder in dein Herz aufzunehmen, und sie zu achten und zu lieben, wie dich selbst; und siehe, darum kamen sie denn auch in dein Haus. Verstehst du nun den Grund?«

4 Sagt Robert: »Ja so, jetzt verstehe ich den Grund freilich wohl nur zu klar, könnte ich sagen: Richtig, richtig! Die vom Rudolf errichtete Erbfolge der Kaiserwürde war mir ein Greuel der Verwüstung beinahe sämtlicher Menschenrechte; denn bei einer erblichen Herrscherwürde werden alle anderen Geister zurückgesetzt, so sie auch tausendmal weiser wären als der Geist dessen, der am Throne sitzt. Ein Kronprinz wird dadurch schon im Mutterleibe ein Regent; der sonst weiseste Mann im Reiche aber muß schweigen und wird vom Regenten, der sich allezeit auch als erbrechtlich für einen Salomo hält, gar nicht erkannt und zum Wohle der Völker gebraucht. Siehe, solche und noch tausend andere beachtenswerte Gründe haben mich stets mit Groll gegen die Habsburger erfüllt, und es regte sich alles in mir, so ich des herrschsüchtigen Rudolf gedachte, dem es nicht genügte, daß er zum Kaiser gewählt wurde, er wollte fortherrschen in seinen spätesten Nachkommen, bis wo möglich an's Ende der Welt.

5 Nun ist mir freilich ein anderes Rechtslicht aufgegangen, aus dem heraus ich klar und deutlich ersehe, daß ein mittelmäßiges Erbkaiserreich denn doch um sehr vieles besser ist als ein bestes Wahlreich, bei dem die zur Kaiserwahl Berechtigten allezeit Feinde dessen werden, den das Los aus ihrer Mitte auf den Thron setzte. Ja, ja, also ist es! Daß aber gerade darin die Ursache hätte verborgen sein sollen, darauf wäre ich aus mir selbst noch lange nicht gekommen. Es mag wohl solches der Herr nicht nur allein zugelassen, sondern auch wirklich Selbst gewollt haben, daß die Wahlreiche aufgehört und dafür die Erbreiche den Anfang genommen haben.

6 Ob aber nun nicht ein wenigstens sehr nahe scheinendes, wo nicht schon wirklich seiendes Ende der Erbdynastien und ihrer Reiche vorhanden ist, das hat der Herr Selbst erst jüngsthin eben nicht gar zu unverständlich aus Seinen mannigfachen heiligen Reden durchleuchten lassen. Was meinst du über diesen Punkt?« –

7 Sagt Petrus: »Mein Freund! das kümmert uns hier wohl enorm wenig. Die Menschen auf der Erde in ihrem irdisch politischen Verbande und in ihren staatlichen Verhältnissen sind frei und können sich diese einrichten, wie sie wollen. Nur so sie eine Obrigkeit haben, so sollen sie dieser gehorchen und sollen eins sein mit ihr, so werden sie Ruhe und Frieden haben. Alle Bürger eines Staates sollen mit ihrem Regenten ein Leib sein und sollen eben dem Regenten im Falle der Not auch bereitwilligst mit ihrer Habe, mit ihrem Mute und Blute zur Hand stehen, so werden sie ein glückliches Volk sein und werden reich sein in allen Dingen auf Erden; aber ein Volk, das seinen Regenten verachtet und bei allen bitteren Vorkommnissen, die es aus höchsteigenem Verschulden treffen, die Schuld auf den Regenten schiebt, wird von einem Glücke weniger mehr zu erzählen haben; denn wo immer die Völker mit ihren Regenten haben zu hadern angefangen, da bekamen bald dessen Feinde die Gelegenheit zum Lachen. Es haben aber die Menschen der Erde ohnehin ein Gebot, nach dem sie der weltlichen Obrigkeit gehorchen sollen.

8 Tun sie das nicht, so müssen sie sich dann nur selbst zuschreiben, so über sie dann böse Zeiten kommen. Der Herr läßt solche Zeiten zwar nie als ein Gericht Seines Willens über die Menschen kommen; aber so die Menschen sich selbst solche Zeiten bereiten, da tritt Er nicht hindernd entgegen, sondern läßt die Menschen dieselben Früchte ernten, die sie ausgesäet haben.

9 Wir können wohl sehen, was die Menschen ausführen wollen, und können auch wohl ermessen die Folgen, die daraus entstehen müssen, aber wir hindern sie dennoch nicht, zu handeln wie sie wollen; denn die Menschen der Erde sind freiesten Willens; ja sogar die Erde liegt in ihren Händen. Beleidigen sie diese, so wird diese sie auch strafen, wie zu den Zeiten Noahs. So es aber Menschen gibt, die sich deshalb an den Herrn wenden und Ihn bitten um eine gute Regierung, um Ruhe, Frieden und gute Ordnung; dann greifen wir schon auch in die Zügel des Regenten und leiten dann ihn und sein Volk auf den Weg, auf dem allein alles Glück erreicht werden kann. Darum sollen die Menschen ihren Regenten nie grollen und sie gar hassen, da auch die Regenten Menschen sind. Sie sollen sie dafür lieber segnen und den Herrn bitten, daß Er sie als ihre irdischen Herrscher lenke und segne; dann werden sie glücklich sein in Hülle und Fülle. Nun was meinst du, Bruder? Habe ich recht geredet oder nicht?«


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