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Kapitel 288

Von der Freiheit aller im Himmel. Robert und Petrus. Die Speisehalle und der Tisch mit Brot, Wein und Früchten. Der große Muster- und Stammgarten und mancherlei himmlische Geheimnisse

Am 29. November 1850

1 Robert Uraniel fragt, ob er seinen Freund Peter Peter auch mitnehmen solle und die beiden Weiber? – Sage Ich: »Hast du denn nicht ehedem, als du Krone, Zepter und Schwert nicht annehmen wolltest, vernommen, daß hier für jedermann die vollkommenste Freiheit gang und gäbe ist? So aber dies, wozu dann solche Fragen? Hier kannst du tun, wie auf der Erde, was du nur immer willst, und es ist alles recht getan, denn siehe, es kommt ja sonst niemand hier her, als ein solcher nur, der seinen irdischen Weltwillen ganz aus sich herausgeschafft hat und hat dafür vollends für ewig den Meinen in sich und sein ganzes Leben aufgenommen. Hättest du das nicht getan, so wärest du nicht hier bei Mir in aller Himmel höchstem; da du aber solches getan hast, so bist du hier, und kannst unmöglich etwas anderes wollen, als was Ich Selbst will. Nun aber besteht ewig nirgends und niemals eine höhere und vollkommenere Freiheit, als wie die da ist Meines höchst eigenen Willens; da du diesen aber vollends inne hast, wie solltest du da bei was immer für einem Handeln nach deinem Wollen, was eigentlich nur Mein Wollen ist, beschränkt sein können?

2 Ohne die höchste, unbedingteste Freiheit wären Ich und alle, die da mit Mir vollends eins geworden sind, eine reine Chimäre, und die vollste Glückseligkeit Meiner Kinder wäre eine Lüge. Daher kannst du dich hier ganz so benehmen, als wenn du vollends Herr im Hause wärest, und andere auch also; denn hier in diesem Meinem Hause bestehen keine Rangstufen. Was einer ist, das ist auch der andere. Hier ist alles vollkommen Bruder und Schwester, nur Ich allein bin eurer aller Herr und Vater; dem Geiste aber, wie der innersten Wahrheit nach bin Ich auch eurer Bruder. Nun weißt du alles; daher handle und frage nicht wieder!«

3 Robert nimmt nun den Peter Peter und die Helena und Eljah mit, und begibt sich mit Petrus, Paulus und Johannes in das nächste Gemach, und kann sich wieder vor lauter Verwunderung gar nicht zurechtfinden, und sagt zum Petrus: »Freund, Bruder! du trittst so ganz mir nichts und dir nichts herein und scheinst alle die zahllosen Herrlichkeiten, die vom Kleinsten bis zum Größten dies Gemach oder besser gesagt diese ungeheuer große Halle Gottes zieren, gar nicht zu berücksichtigen. Das ist wirklich merkwürdig. Schau', für mich wäre diese Halle ein Gegenstand ewigens Betrachtens und Studierens.« –

4 Sagt Petrus: »O du irrest dich, lieber Bruder, so du mich in der Mitte der höchsten Wunderwerke des Herrn für unempfänglich halten oder dir von mir denken würdest, daß mir die Gewohnheit diese Werke gewisserart alltäglich und weniger beachtenswert gemacht hätte. O gerade das Gegenteil! Aber ich betrachte alles das mit einer gewissen Ruhe meines Geistes und verkünde in meinem Herzen des Herren Lob. Du aber bist nun hier noch ein Neuling, kennst den rechten Hausbrauch noch nicht, und bist sonst auch eines sehr lebendigen und enthusiastischen Geistes; daher ist bei dir auch sogleich alles in Flammen. Wann du aber mit der Weile das große Haus des ewigen Vaters näher wirst erkannt haben und dessen liebevollsten Hausbrauch, dann wirst du mein Benehmen sicher ganz in der besten Ordnung finden.

5 Übrigens gefällst du mir überaus wohl deines Eifers wegen, denn dein Geist ist ganz wie der unseres Bruders Paulus, der ebenso wie du – noch immer voll Feuers ist, und der stets gleiche Enthusiast. Mir gefallen solche Geister sehr, aber ich bin deshalb nicht minder ein Enthusiast für alles, was da ist des Herrn; aber nur erscheine ich dabei stets ruhiger und mache außer mir weniger Lärm, aber dafür geheim in meinem Herzen desto mehr.

6 Aber jetzt zur Tat! Siehe dort den großen Tisch, aus purstem durchsichtigstem Golde, diesen werden wir in die volle Mitte dieses Saales stellen, und werden ihn dann allerreichlichst bestellen mit Brot und Wein und mit allerlei himmlischen Früchten, die wir dort an der Mittagswand im großen Schranke in höchster Überfülle antreffen werden.« –

7 Auf diese Rede Petri gibt sich Robert zufrieden, und alle begeben sich zur Tat und bestellen den Tisch in wenigen Augenblicken. – Als Robert die herrlichen Früchte aller Art ersieht, sagt er: »Wahrlich, was auf allen besseren Weltkörpern sicher als das edelste Obst vorkommt, ist hier in höchster Reife und in größter Überfülle vorhanden. Die Ananas unserer Erde ist hier die mir allein bekannte Frucht.

Am 30. November 1850

8 Sagt Petrus: »Hast du denn auf der Erde nie Trauben gesehen, nie Feigen und sogenannte persische Äpfel, insgemein Pfirsische und keine Melonen? Derlei gibt es hier ja auch, und da komme her an dieses Fenster gen Mittag, und besieh dir den großen Garten, und du wirst darin alle erdenklichen Fruchtgattungen ersehen, die du je irgendwo auf der Erde entweder in der Natur oder im Bilde gesehen hast.«

9 Robert geht hin und ersieht aus dem Fenster einen ungeheuer großen Garten in vollster Üppigkeit. Ganz wie versteinert bleibt er da stehen und sagt nach einer Weile: »Höre, Bruder! das wird denn doch ein Garten aller Gärten der ganzen Unendlichkeit sein; der muß ja allein so groß sein, als alle Gärten der Erde zusammengenommen. Welch eine unabsehbare Ausdehnung! Welche Ordnung und welche reichste Fülle von zahllosen Arten und Gattungen der edelsten und seltensten Früchte! Wahrlich aus diesem Garten könnte die ganze Erde mit einer nur einmaligen Ernte wenigstens auf tausend Jahre reichlichst versorgt werden. Aber sage mir, Bruder, wer kann denn diese beinahe grauenerregende Menge verzehren? Wo sind denn die Konsumenten?« –

10 Sagt Petrus: »Die ersten Konsumenten sind wir; die zweiten alle die Bewohner dieser Stadt, die wahrlich weiter und weiter gegen Osten hin kein Ende hat, und die dritten Konsumenten die zwei unteren Himmel; durch diese hinab dann auch die ganze Geisterwelt, und durch sie die ganze Naturwelt; denn das ist ein Mustergarten für die ganze Unendlichkeit. Kennst du dich jetzt aus?«

11 Sagt Robert: »Ja, Bruder! also habe ich es mir auch sogleich gedacht, daß es so sein wird; aber jetzt möchte ich nur die Arbeiter kennen, die da solch einen Garten bearbeiten und also bestellen natürlich im Namen des Herrn.« – Sagt Petrus: »Das alles tut der Herr Selbst durch Seinen allmächtigen Willen. Er will es und es ist da, was Er will! Aber eine Weiterverpflanzung geschieht dann wohl durch eigens dazu bestimmte Geister und Engel, denen die Befruchtung aller Weltkörper anvertraut ist.

12 Aber diese Geister und Engel bleiben auch nicht immer das, sondern werden von Weile zu Weile abgelöst und durch neue ersetzt. Den Abgelösten wird aber dann wieder sogleich eine andere Bestimmung vermittelt; denn von irgend einer Monotonie ist nie eine Rede. Überall herrscht die freieste allermannigfaltigste Abwechslung. Wozu jemand die meiste Lust hat, mit dem beschäftigt er sich, so lange es ihm eine Freude und Seligkeit macht. Freut ihn dann irgend eine Beschäftigung nicht mehr gar sehr, so hat er sogleich eine große Auswahl vor sich und kann sich wählen und nehmen, was er nur immer will. Das wird doch der Freiheit in Übergenüge abgeben?«

13 Sagt Robert: »Bei Gott ja! Das heiße ich ein freies Leben. O Erde! Von einer solch grenzenlosesten Freiheit hat dir wohl doch sicher nie etwas geträumt. Aber was geschieht nun? Der Tisch ist bestellt; sollen wir etwa ein Zeichen geben?« – Sagt Petrus: »Freund! das war noch ein sehr irdischer Gedanke von dir. Meinst du denn, der Herr und die anderen Bewohner dieses Hauses wissen etwa nicht, ob wir mit unserer Arbeit zu Ende sind oder nicht?«

14 Sagt Robert: »Ja, ja, du hast recht; der Herr weiß es ganz sicher; aber wie erfahren das die anderen Bewohner dieses Hauses?« – Sagt Petrus: »Siehe, da ist schon eine solche Einrichtung getroffen; in jedem der beinahe zahllos vielen Gemächer dieses Hauses, und zwar durch alle die drei Hauptstockwerke, befindet sich eine sogenannte Direktionstafel; auf dieser Tafel wird vom Herrn aus signalisiert, was da zu geschehen hat, und ein jeder Bewohner richtet sich dann allerseligst augenblicklich danach. –

15 Eine gleiche Einrichtung ist aber dann auch in allen Himmeln getroffen, nur in einem nach wohlberechneten Verhältnissen minderen Grade als hier im Hause des Vaters. Du wirst das alles noch genauer kennen lernen, denn glaube es mir: Hier lernt man nie aus; man bleibt ein Schüler in Ewigkeit, denn unsere Vollendung besteht nur in der Liebe und in der Empfänglichkeit für die stets wachsende Gnade des Vaters. Aber im Wissen und im Erfahrungen machen bleiben wir ewig Jünger des Herrn. Nur der Herr allein ist allwissend; wir aber nur insoweit als es der Herr will und für gut und zweckdienlich findet.

16 Daher gibt es hier denn auch neben dem großartigsten Wissen der Geister dennoch ein fortwährendes Fragen und Erklären der mannigfachsten Erscheinungen und Dinge aller Arten und Weisen. Du wirst sicher mit den Fragen auch ewig nie zu einem Ende gelangen. Am leichtesten kommt man daraus, so man sich stets mehr in der Liebe zu befestigen sucht als im Wissen, denn die Liebe befriediget, aber das Wissen ewig nimmer!«


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