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Fortsetzung der Szene mit Kado und Minerva, denen sich, diesen unsichtbar, zwei Engel, hinter Kado postiert, zugesellen. Eine höllisch-eifersüchtige Unterbrechung
1 Miklosch: »Nun begeben sich aber auch unser Freund Robert Uraniel und sein Gefährte Sahariel ganz unbemerkt auf den Hügel zum Kado hin, der ihrer aber nicht ansichtig ist, da sie sich hinter seinem Rücken postieret haben.
2 Auch die Pseudo-Minerva scheint diese Transemigration der zwei nicht zu merken, weil sie darauf kein Auge verwendet, sondern nur allein den Kado mit verstohlenen Blicken zu mustern scheint, um höchst wahrscheinlich ihm irgend einen schwachen Augenblick abzulauschen. Sie mustert hin und mustert her; aber Kado steht wie eine chinesische Mauer auf seiner Hut. Diese Hut des Kado scheint der Minerva nicht zuzusagen, daher sie denn auch immer auf den Boden hinstarrt und sehr nachdenket, was sie nun tun solle. Sie macht und schneidet allerlei Gesichter; bald ein ernstes, bald ein freundliches, bald ein weises, bald nun wieder ein dominierendes; aber überall schaut der alte heimliche Sünder heraus.
3 Diese Geschichte scheint dem Kado bedeutend langweilig werden zu wollen, und er räuspert sich nun ganz wohlkonditiniert, und fragt nun die Minerva sagend: »No, Holdeste! wie sieht es denn aus, wirst du anbeißen oder nicht? Ich habe nun ein ziemliches Weilchen geharret; aber es kommt von deiner Seite zu keinem Entschlusse, und sonach auch um so weniger zu irgend einer Tat nach meinem Wunsche. Ich gebe dir daher nur noch eine äußerst kurze Bedenkzeit; wird dich diese zu nichts vermögen, dann sollst du sogleich meine Festigkeit im Gebrauche der Wurfschlinge zu bewundern bekommen. Ich sage es dir im vollsten Ernste, seit deinem Sein hast du aus den zahllosen Miriaden von verführten Geistern noch keinen gefunden, der dir ein Meister gewesen wäre; denn sie alle waren deiner List nicht gewachsen; aber an mir wirst du dich ganz verdammt verrechnen. Ich sage dir, trau mir nicht! Denn wo du hindenkst, da bin ich schon vorne; verstehst du diese Sprache? Ich sage dir zum wiederholten Male: Mich fängst du nicht. Es mochte dir wohl einmal ein Erzengel Michael aufgesessen sein, daß er dir halbe Ewigkeiten lange Bedenkzeiten zukommen ließ; aber bei mir ist da nichts. Der Erzengel bebte vor Gott, und ahmte dessen Geduld nach, und gab dir Fristen auf Fristen, die du dazu benutztest, um schlechter und schlechter zu werden. Ein Teufel Kado aber macht sich aus Gott, Tod und Teufel nichts daraus, und Himmel und Hölle sind ihm gleichgültig. Verstehst du das? Der Kado stehet unter keinem Kommando, außer unter dem seines höchst eigenen Verstandes und Willens. Was er tun will, das wird er auch tun, weil er es will und weil er es kann. Verstehst du das?! Daher entschließe dich nun sogleich, sonst fliegt die Schlinge dir an deinen herrlichen Nacken.«
4 Spricht nun die Minerva: »Aber ich bitte dich, lieber Kado, sei doch ein wenig manierlicher! Ich kann ja doch nicht so urplötzlich aus allen meinen alten, üblen Gewohnheiten heraushüpfen wie eine Bachstelze aus ihrem Neste, so eine Natter dasselbe umschleicht. Ich glaube, so du zu deinem Heldentume auch ein wenig mehr Geduld hinzufügst, so wird dir das ja etwa auch nicht schaden. Daß ich so manches zu dir dich für mich prüfend sagte, und dem Scheine nach nicht sogleich einging in deine Ideen und in dein Begehren, das, Freund, hat seinen Grund; denn auch mir muß es zustehen, den durch und durch zu erproben, mit dem ich mich als der ganzen Unendlichkeit erste und unerreichbare größte Schönheit verbinden möchte. Dazu glaube ich dir ein hinreichender Preis für dein bißchen Geduld zu werden. So ich an dir kein Wohlgefallen hätte, wäre ich schon lange eine ganze Ewigkeit von dir entfernt. Aber dein noch nie dagewesenes höchst sonderbarstes Wesen fesselt mich mit zauberischer Gewalt an deine Brust, und ich lasse mir von dir nun schon Dinge gefallen, die ich mir selbst von der Gottheit noch nie habe gefallen lassen; bist du damit noch nicht zufrieden?«
5 Spricht der Kado: »Herrlichste der Schöpfungen Gottes! Ich liebe dich unendlich, und daher habe ich wahrlich keine Geduld mehr. Aber um nicht unartig dir gegenüber zu sein, will ich mich noch einige Augenblicke gedulden; aber länger wolle du meine Geduld nicht erproben!« –
6 Die Minerva lächelt nun und wirft während dem Lächeln ihre zerbrochene Lanze in das beruhigte Glutmeer, auf dem noch immer zahllose breitgeschlagene Geister liegen, und dessen Wogen darnieder halten.
7 Als die Lanze von dem Meere nun verzehret ist, was Kado für ein günstiges Zeichen zu halten scheint, erheben sich auf einmal aus dem Glühpfuhl eine große Menge der allerschrecklichst aussehenden Gestalten, und umlagern die Minerva. Einer, der die Gestalt aller Drachen, und aller der furchtbarsten Bestien in sich vereinigt, donnert nun der Minerva mit dem gräßlichsten tausendstimmigen Wolfsgebürll, Hyänengebrüll, Löwengebrüll und Tigergebrüll zu:
8 »Elendste! ist das dein Dank für die Trillionen getreuesten Dienste, die wir dir durch eine ganze Ewigkeit geleistet, und dir zu liebe kein Opfer, keine Mühe, und selbst die ungeheuersten Schmerzen und Qualen nicht gescheuet haben, um uns nur endlich einmal deiner uns so oft versprochenen Liebe und Hingebung zu versichern, daß du uns nun aus Liebe zu einem neuen, modernsten Teufel, der erst kaum die Nase auf einige Sekunden in die Höhle gesteckt, und für dich noch gar nichts getan hat, schmählichst verlassen willst, und das auf immer?! Nein! schreien wir alle die ersten und mächtigsten Teufel der Hölle, nimmermehr wirst du uns das tun, eher zerstören wir dich, die Hölle, und alle Himmel, bevor du einen Schritt von dieser Stelle tun wirst. Siehe, unsere Diener bändigen dies Meer, und leiden entsetzliche Qual, auf daß du als unsere Gebieterin ruhig auf demselben herumwandeln kannst, und du willst uns verlassen, und ewig nimmer gewähren jene Lust, die du uns so zahllos oft verheißen hast. O wage es nur, du elendste Hure eines elendsten Mastdarmwurmes des schmutzigsten Staubes, Erde genannt. Dir solle von uns dafür ein Lohn werden, von dem selbst der tiefsten Phantasiefülle der höchsten aller Gottheiten nie etwas geträumet hat! Rede nun! was wirst du tun? Schaue nur hin auf jene Mastdarmmilbe auf dem Hügel! Rufe sie dir zur Hilfe. Sie solle nun Gebrauch machen von ihren Waffen, sie versuche uns zu vertreiben, wenn sie so mächtig ist. Sieh nur hinauf, wie dein Held den großen Mut sinken läßt, und sich nun nach allen Seiten umsieht, ob es nicht irgendwo ein Loch zum Durchgehen gäbe. O rufe ihn zur Hilfe dir! Das gestatten wir dir schon, du schönste Hure und Geliebte eines Mastdarmwurmes! Rufe, rufe ihn! warum rufst ihn denn nicht, deinen Erwählten?«
9 Die Minerva scheint vor Schande, Zorn und Wut vergehen zu wollen; sie bebt am ganzen Leibe und scheint vor lauter Grimmfieber keines Wortes fähig zu sein. Der Kado aber gebärdet sich noch grimmiger; und scheint in sich zu beraten, was er nun tun solle. Diese gräßlichsten Giganten flößen ihm denn doch eine Art Respekt ein, so daß er eben nicht die größte Lust hat, sich mit ihnen in einen Kampf einzulassen; und zugleich erfährt er ein Zeugnis über die Minerva, das ihm über deren Treue und Liebe sehr bangen macht. Deshalb ist er denn auch unschlüssig, was er nun tun solle. Aber die Minerva macht so sehnsüchtige Blicke, daß er sich von ihr nicht trennen mag, und er fängt daher an nun seine Steine zu mustern und zu ordnen.
Am 19. März 1850
10 Miklosch: »Nach einer kleinen, aber allerschrecklichst aussehenden Weile richtet sich nun Kado auf, und sagt nun zu diesen gräßlichsten Unholden: »Eure Macht kenne ich und eure gegenwärtige Trugkunst ist mir nicht fremd, sie ist nicht euer Werk; denn ihr für euch selbst seid leere Schemen, als pur leere Phantasiegebilde dieser Einen, der ihr eine leere und nichtigste Scheindrohung machet, keiner Tat fähig. Aber wäret ihr wirkliche Wesen, so möchte ich euch sogar belohnen für diesen wichtigen Dienst, den ihr mir nun geleistet habt; denn durch dies euer Benehmen, wie durch eure gräßliche Gestalt und eure Worte, die diese Eine selbst in eurem Rachen geformet hat, bin ich mit ihrem Charakter wieder näher vertraut gemacht worden, und das ist für mich von größter Wichtigkeit, und ich stehe dadurch dem Ziele näher, denn je! Zerreißet sie, so ihr sie könnet; aber ich könnte es tun, so ich es wollte; aber ich will es nicht, weil sie solch einer Mühe von meiner Seite aus gar nicht wert ist.
11 Satana! so dir noch ein Pröbchen ähnlicher Art vor mir auszuführen möglich ist, so tue es nur! Denn dabei bekomme ich desto mehr Gelegenheit, dich so recht durch und durch kennen zu lernen. Mit euch, ihr Schemen, aber werde ich nun im Namen Gottes, Jesus, des Gekreuzigten, sogleich fertig werden. Sehet diesen Stein an! Er ist bezeichnet mit dem Gottnamen Jesus nebst 3 Kreuzen; dieser Stein wird euch sogleich zeigen, wessen Geistes ist seid!« –
12 Hier hebt Kado einen Stein vom Boden, und fängt an, ihn zu schwingen zu einem kräftigen Wurfe. Die Minerva aber schreit nun auf mit ängstlichst heftiger Stimme: »Kado! um alles, was dir heilig ist, tue du nur das nicht! Denn du bist in dem Augenblicke für ewig verloren, als der Stein deine Faust verlassen wird. Die Macht dieser Geister, die du irrig für Ausgeburten meiner Phantasie hältst, ist unbändig; was sie ergreifen, das entreißt ihnen keines Gottes Macht mehr. Verhalte dich ruhig! Vielleicht gelingt es mir, sie zu beschwichtigen, und sodann meine Befreiung mit dir in's Werk zu setzen.«
13 Kado, der nun dem geheimen Einflusse der hinter ihm stehenden zwei Schutzgeister mehr und mehr ausgesetzt ist, spricht nun ganz ernstlichst: »Deine Worte sich gleich wie Seifenblasen, und es ist keine Wahrheit in ihnen! Du bist eine Lügnerin von jeher gewesen; hast aber dadurch niemanden mehr, denn gerade dir selbst geschadet. Darum sei versichert, daß ich allezeit nur das tun werde, was zu tun du mir am meisten widerraten wirst. Daher im Namen meines Gottes, meines Heilandes Jesus!« –
14 Hier wirft Kado den Stein dem ersten großen Unhold an dessen Drachenkopf. Ein fürchterlichster Knall wie aus 1.000 Kanonen vom schwersten Kaliber geschieht, als der Stein den Kopf des Unholden berührt, und alles bis auf die Minerva verschwindet, die nun bebend auf einem Sandhaufen ganz nackt da stehet, und sich vor dem Kado zu verbergen sucht, was ihr aber nicht gelingt.
15 Kado aber fragt sie: »Nun, Holde, wie siehst du nun aus? Wo ist die von dir mir angedrohte Gefahr? und wo sind nun die gar großen drohend aussehenden Machtgeister, die ehedem Himmel, Hölle, Gott und alle Erde mit einem Bisse zerstören wollten, und dich Arme – der Untreue wegen auf das beispielloseste züchtigen? Wo, wo sind sie nun? Sieh, es tut sich's nimmer mit deiner Kunst! Sie ist keines Schußes des schlechtesten Pulvers mehr wert; und es ist alle deine Mühe vergeblich; du kommst mir nicht mehr aus! Sieh', ein anderer würde dir nun fluchen und dich auch züchtigen nach Gebühr, so er meine Macht besäße; aber ich vergebe dir alles; nur folgen mußt du mir; sonst gebrauche ich eine Gewalt, der du mit gar nichts mehr einen Widerstand wirst leisten können. Was wirst du nun tun? Siehe, du bist verlassen von allem, was dir je irgend einen Schein von einer Macht verliehen hat; nichts hast du außer mich, und deine unbeschreibliche formelle Schönheit! Lehne dich daher freiwillig und festwillig an mich, und ich werde dich führen einen rechten Weg; nicht einen Weg der knechtischen Demütigung, sondern einen ganz freien Weg der wahrsten Liebe meines Herzens zu dir. Aber frei folgen mußt du mir!«
16 Spricht die tiefst beschämte Pseudo-Minerva nun: »Ja, ja, ich will, ich werde, ich muß dir folgen! Aber nur einen Schritt näher zu mir tue auch du, so du wirklich eine Liebe in deinem Herzen hast. Denn da ich mich dir schon nun über tausend Schritte genähert habe, so könntest du ja doch auch einen Schritt näher zu mir her wagen.« –
17 Spricht Kado: »Du weißt nun ja, daß ich einer bin, der mit sich auch nicht um ein Haar handeln läßt, und nie eher deinem Verlangen folgen werde, als bis du dich auf dem Standpunkte totalster Umwandlung deiner urbösen und ungetreuesten Gesinnung befinden wirst. Daher unterlasse für die Folge alle deine Anforderungen an mich; denn sie werden kein Gehör finden. Ich bin böser denn du, obschon deine Urbosheit die Unendlichkeit erfüllen hätte können mit dem härtesten Gerichte. Aber da zu deiner Wiedergewinnung aller Engel Mühe an deinem unbeugsamsten Starrsinn scheiterte, so muß dich ein Teufel der Teufel wieder bringen dahin, von wo du ausgegangen. Aber dieser Teufel ist kein Teufel deiner Art, sondern einer ganz anderen Art; seine Macht hat er von oben; aber sein Wesen gehört der Hölle an. Kennest du solch einen Teufel? Du allein bist sein Lohn; den er aber verschmähen wird, so er ihm nicht frei, sondern gezwungen wird. Darum folge mir!«