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Fortsetzung des Gespräches zwischen Kado und Minerva-Satana über den einen letzten Schritt. Minerva-Satana im alten Starrsinn. Kado macht es sich bequem und erquickt sich am Brot und Wein. Kados sehr deutliche Erklärungen über den Unwert Satanas
Am 31. März 1850
1 Miklosch: »Spricht die Minerva-Satana: »Ja, das kann ich, so ich's will; habe ich auch äußerlich hier wirkend keine Macht und Gewalt mehr, so kann ich aber dennoch in meinem Innersten von der hartnäckigsten Widerspenstigkeit sein, und in dieser verharren ewig! Aber ich werde das vielleicht meiner dummen Liebe zu dir wegen dennoch nicht tun, sondern diese Sache reiflicher überdenken, und, so ich darinnen im Ernste einen Vorteil für mein Herz entdecken werde, mich deinem Rate unterordnen; aber wohl gemerkt, ich werde mich noch hübsch lange besinnen!« – Der Kado entgegnet ihr nun ganz gleichgültig und kalt: »Ganz wohl, ganz wohl, meine Liebe! Gesagt habe ich dir bereits alles, und du wirst nun auch sicher alles wissen, was dir allein frommen kann. Je länger du aber auf deine völlige Umkehr wirst warten lassen, desto länger auch wirst du unglücklich verbleiben, und desto schwerer diesen einen letzten Schritt tun. Das beachte auch da nebenher!«
2 Der Kado setzet sich nun nieder, und da es ihn hungert und dürstet, so nimmt er etwas Brot und Wein, verzehret nun beides, und da er dabei ein gar so wohlbehabliches Gesicht macht, so muß seine Stärkung von einer großen Lieblichkeit sein. Die Minerva betrachtet den Konsumenten sehr mißvergnügt und sagt so mehr wie zu sich: »No, no, ein hübsches Geschäftl das! Eine Lebensart hat er, und das eine von der ersten Klasse. Das muß er in der Schule der Bären und Wölfe sich zueigen gemacht haben. Der Kerl frißt ja wie ein echter Wolf und säuft wie ein Walfisch. Er hat noch einen Becher und noch ein sehr gut aussehendes Stück Brot; aber seine Schroffheit läßt es ihm nicht zu, mir damit einen Antrag zu machen. Ich würde von solch einem Esel wohl ohnehin nichts annehmen; aber es schickte sich hoffentlich doch mir, der ersten Zelebrität (Berühmheit) der ganzen Unendlichkeit, damit einen Antrag zu machen. Wie der Kerl aber frißt! Nein, an dem hat sich die Gottheit einen ganz gehörig bestkonditionierten Fresser bereitet. Der ist fähig, die ganze Schöpfung hohl zu fressen. Der Freßgiergeifer rinnt ihm ja wie einem hungrigsten Wolf aus den Mundwinkeln, daß unsereins geradewegs darüber speien könnte. Wenn nur ich mich auch so hinsetzen könnte! Aber nach abwärts dieses Hügels tut sich's nicht, weil das zu unbequem wäre; und anders ist es nicht tunlich, weil ich mich von diesem Esel nicht abwenden kann, da meine armen Füße wie gelähmt an diesen Boden geheftet sind; und kniee ich vor ihm der Rast wegen nieder, so könnte der Ochse das etwa ganz anders auslegen; nein, das tue ich nicht! aber was tue ich denn? Etwas muß ich ja doch auch tun. Wenn ich nur jenes Bündel, in welchem für mich ein non plus ultra Gewand sich befinden solle, näher zu mir herziehen könnte, so hätte ich damit eine gar nicht üble Unterhaltung mit der Durchmusterung desselben. Ist aber merkwürdig, wie dieser Kerl gerade wie mir zum ärgerlichsten Trotze in einem fort frißt und zu jedem Bissen einen tüchtigen Schluck Wein nimmt, und sich nach mir aber auch nicht einmal umsieht. No, der muß eine Liebe zu mir haben, wie ein Holzscheit zum anderen! Anreden will ich ihn auch nicht; denn täte ich das auch, wer steht mir dafür, daß er mir gar keine Antwort gäbe? Und das wäre für mich dann ja doch eine Kränkung, von der noch keiner Unendlichkeit etwas geträumt hätte!
3 Was aber tun? So zuschauen und herlusen, bis er sich wird vollgefressen haben? O das ist eine verflucht dumme Situation! Aber warte nur, du grober Esel, es solle noch ganz anders werden mit der gerechten Folge der künftigen Zeitbewegungen!«
Am 1. April 1850
4 Kado ißt noch immer ganz behaglich ein Stückchen Brot um's andere fort, nimmt manchmal einen Schluck Wein dazu, und sagt nun, wie zu sich: »O Gott, das war doch ein herrliches Stückchen Brot und ein Wein! nein, das war ein Wein, der muß auf einer Sonne selbst gewachsen sein! Bin sonst, das ist wahr, ein grundschlechter und böser Kerl, schlechter als die ganz Hölle zusammen, und ich bilde mir darauf sogar etwas ein, daß ich mit meiner allereklatantesten Bosheit den Herrn Satan selbst vor mir zittern mache und gänzlich ratlos und tatlos; aber jetzt wär' i lamperlfromm und gut wie ein Esel! Juch'he, und die Schönste, das heißt respektive den Herrn Satan oder noch besser die Frau Satana, nun umgetaufte »Minerva« bei mir, mir untertänig! Juch'he, itzt geht's gut! – No, no, no! was machst denn du, mein allerholdestes Minervidl, für ein saures Gesichtl dazu, so es mir nun so recht sauwohl geht? Darüber sollst du dich ja nur freuen, und kein solches Sauerampfergesicht schneiden. Geh', und sei guten Mutes, und setze dich so recht behaglich und traulich zu mir her! So du das tust, soll's dir auch für den noch zu machenden letzten Schritt angerechnet sein. Geh', geh', Minervidl und mache mir einmal so eine rechte Freude! Schau! alle himmlischen Wesen freuen sich miteinander und untereinander, daß es schon eine allerhellste Freude ist. Da sieh nur aufwärts, und du wirst es sogleich selbst entdecken, wie bunt es da durcheinander geht; man möchte sogar selbst unter ihnen sein! Und wir beide, endlos edler und vollkommener als dies ganze bunte Himmelsgesindel, hocken da beisammen, wie so ein paar kranke Esel mit ellenlangen Essiggesichtern. Pfui! lassen wir uns doch nicht beschämen, und seien wir noch zehnmal heiterer, als alle die da ober uns! Geh', geh', geh'! und setze dich nur gleich zu mir her!«
5 Spricht die Minerva ganz stolzen und beleidigten Gesichtes: »Halte dein Maul, grober, besoffener Lümmel! Was der Trottel nicht alles möchte‘! Schauet's, nur gleich zu ihm soll ich mich setzen! Es wäre für ihn so eine Unterhaltung freilich wohl so übel nicht; das kann ich mir ungefähr schon so ein bißchen vorstellen; aber nichts da, Lippl! solche Früchte, wie ich etwa bin, werden für derlei Esel wohl sicher ewig nimmer reif werden! Versteht er das?« –
6 »Nicht, nicht so, Minervidl« – spricht Kado weiter – »warum solltest du für mich nicht reif sein oder werden können? O du bist schon sehr reif! denn du bist darum auch schon schön alt geworden. Aber eine Passion wäre das, nun dich so recht con amore abzudrücken! Trillion tausend saprament! diese schönen und fetten, weißesten und zartesten Füße, diese Arme, dieser Nacken, dieser Busen! und dös Gsichtl! Nein, das wäre so eine Freude für unsereinen und nur ein einziges Bußerl von diesen allerechtesten Rosenlippen! Oh, oh, oh! das wäre schon gar über alles! Daher, so gehe und komme! und mache meinem Herzen eine rechte Freude!« –
7 Spricht die Minerva: »O gleich, gleich, mein Herr quasi Gemahl und Gebieter! Sie wissen es ja, wie gerne ich solchen Wesen, wie sie eins zu sein die allersauberste Ehre haben, folge, so sie etwas oder was – wünschen. O, sie können es gar nicht glauben, wie sehr ich sie liebe; beruhigen sie sich daher nur noch ein wenig, so etwa auf einige wenige Ewigkeiteln, dann werde ich ihren besoffenen Wünschen schon nachkommen.Jetzt wäre ich auch noch viel zu jung für eure Majestät. Nicht wahr, das wäre wohl lustig, mich so recht nach Herzenslust mit rhinozerosgroben Händen abzudrücken? Ei, ei, es ist mir wirklich leid, daß ich ihnen nicht sogleich dienen kann. Vertrösten sie sich daher nur auf so ein paar Ewigkeitchen, mein Lieber!« –
8 Spricht Kado: »Wie es dir gefällig ist, das ist mir alles ganz ein und derselbe Teufel, ob um ein paar Ewigkeiteln früher oder später; in meiner unauflösbaren Gewalt bist du einmal und mehr brauche ich zu meinem alleinigen Vergnügen nicht; ich kann mich mit dir unterhalten, wie es mir nur immer beliebt, und du wirst es mir nicht verwehren können, indem ich Kraft, Macht und Gewalt zur größten Übergenüge besitze, dich äußerlich zu meinem Vergnügen zuzurichten, wie es mir nur immer beliebt. Da ich aber nicht selbstsüchtig bin, und mehr auf deine wahre Wohlfahrt sehe, denn auf die meinige; darum auch allein nur möchte ich dich aus deiner ungeheuren Torheit heben, und dich so frei und glücklich, als nur immer möglich machen; aber so du lieber eine Sklavin deiner allerblindesten und abgeschmacktesten Torheit verbleibest, gut, so bleibe, was du bist, nämlich das dümmste und schlechteste Wesen in der ganzen Unendlichkeit; mich wird das äußerst wenig genieren.
9 Hebe deine zwar überschönen, aber sonst über alle Begriffe dümmsten Augen empor, und siehe, wie sich da oben Trillionen ihres göttlichen Daseins freuen, obschon sie wohl wissen, daß du das unglücklichste Wesen in der ganzen Unendlichkeit bist; und so kann auch ich, wenn schon nicht in der edlen himmlischen Art, mich ganz prächtigst nach meiner Art ewig ohne dich beseligen. Ich muß dir auch noch das hinzugestehen, daß ich gerade von nun an gar nicht mehr darauf poche, dich für deine eigene Freiheit in Gott deinem Schöpfer zu gewinnen und dich somit zu bekehren; denn ich weiß es ja so gut wie ein Gott, daß du ein allereigensinnigstes Luder bist und mit dir bis jetzt weder ein Gott, noch irgend ein Teufel je etwas ausgerichtet haben; aber das alles geniert mich nicht; denn ich habe dich einmal, wo und wie ich dich gleich uranfänglich haben wollte; ich für mich bin, wie schon öfter gesagt, ganz vollkommen zufrieden; du bist mein, und bist unschädlich gemacht wie eine Natter, der man das Gift genommen hat; willst du für dich selbst frei und glücklich werden, so weißt du nun zur Genüge, was du zu tun hast. Ewigkeitle du in deiner Dummheit nur fort; denn von nun an wirst du von mir aus keine Einladung mehr erhalten. Gehabe dich nun wohl in deinem Wahne; wie du säest, so wirst du auch ernten! Halte nur daran fest, daß da mir nun alles eins ist.«
10 Nach diesen Worten fängt nun die Minerva sehr stark sich hinter den Ohren zu kratzen an und sagt: »Was wird denn dann mit meinem höchsten Ansehen, das ich bis nun genossen habe in der ganzen ewigen Unendlichkeit?« –
11 Spricht Kado: »Lasse dich um Gotteswillen doch deines eingebildetsten Ansehens wegen nicht auslachen! Da sehe auf meinen Hintern her! Dieser, wahrlich so schmutzig, wie ein Abtritt selbst, ist bisher bei aller Welt und bei allen besseren Geistern in einem unvergleichbar höheren Ansehen gestanden, als du mit aller deiner allergöttlichen Primokreatur. Denn dich beschämt ja, was die reinere Weisheit betrifft, ein jeder Esel und Ochse. Wo aber ein Wesen, so es äußerlich auch noch so schön, gar so entschieden dumm ist, wie kein zweites mehr in der ganzen Unendlichkeit, da wird es mit dem wahren Ansehen etwa wohl einen so derben Faden haben, als groß da sein dürfte der Durchmesser jenes Ankertaues, an dem die allmächtige Gottheit das große Schiff der ganzen Schöpfung durch die Kraft ihres allmächtigsten Willens befestigt. Rede mir daher ja nimmer von einem vermeintlichen Ansehen, das du dir selbst und sonst noch kein Wesen je gegeben hat! Bilde dir ein, was du willst; aber nur mich verschone mit derlei nahe unausprechlichen Albernheiten!«
12 Spricht die Minerva: »No, no, sei nur nicht gar so aufbrausend! Ich glaube, so ich schon gar so dumm bin, da werde ich aber ja etwa dennoch wert sein, daß du mit mir eine kleine Mühe dir nimmst und mich belehrest, wo es mir fehlet.« – Spricht Kado: »O Liebste, dir fehlet gar viel, ja dir fehlet bloß alles; da werd' ich noch vieles zu reden haben mit dir, obschon ich kein Freund des Redens bin.« –
13 Spricht nun wieder die Minerva-Satana: »No, no, habe nur Geduld! lehre mich recht und habe Geduld mit meiner Dummheit und Schwäche; denn ich meine, so ich dann selbst dir zum Lohne werde, da dürftest du für deine Mühe etwa ja doch hinreichend enschädigt sein?« – Spricht Kado: »O allerdings, so du je zu belehren bist; nimmst du aber wie bisher gar keine Belehrung effektiv an, so ist mir dann mein Hintern lieber als du, trotz aller deiner noch so unendlichen Schönheit! Solches beherzige auch; denn ich bin durchaus kein sinnlicher Teufel!«
14 Die Minerva-Satana kratzt sich nun schon wieder sehr stark hinter den Ohren, als hätte sie Läuse, simuliert ganz gewaltig, reibt sich die Stirne und scheint mit sich sehr uneins zu sein. – Kado aber wendet sein Gesicht nun gerade zu uns herüber und macht eine Miene, als ob er von uns so einen Wind hätte. Was mich aber sehr wundernimmt, ist, daß er, da er doch all die Himmelsgeister ober ihm gar wohl erschauen dürfte, die zwei neben (hinter) ihm stehenden, als den Robert Uraniel und dessen Begleiter Sahariel nicht zu ersehen scheinet; denn da macht er gar keine Miene, als nähme er jemanden hinter sich wahr.«