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Kapitel 185

Fortsetzung der Szene mit Kado und Minerva und Robert Uraniel und Sahariel. Satans Beispiele von positiver und negativer Kraft. Kado zeigt, daß sie ganz entbehrlich ist. Sahariel zeigt die Folgen ihrer Bosheit

Am 22. April 1850

1 Miklosch: »Spricht die Minerva: »Schweige! du dümmster Esel! was verstehest und weißt du, was ich zu tun habe und tun muß! Meinst denn du, die göttliche Ordnung sorgt bloß nur für die positive Polarität der Wesen und Dinge?! O du finsterer armenischer Patsch du! muß denn bei den Wesen und Dingen die negative Polarität nicht im gleichen Maße ausgebildet dastehen? Ist nicht alles Leben ein fortwährender Kampf der beiden Polaritäten? Nimm du dummer Esel einem Baume die Wurzel, und frage ihn dann, wie lange er noch Früchte tragen wird? – Haue den Tieren die Füße ab und siehe, wie sie dann ohne Füße weiter kommen werden. So durch eine sogenannte gute oder positive Kraft das Blut zum Herzen zurückgedrängt wird und darauf durch eine sogenannte böse Kraft, die ich als negativ bezeichne, wieder vom Herzen hinausgetrieben werden muß, wenn das physische Leben fortdauern soll, sage mir, welche Kraft ist denn dann die vorzüglichere, die anziehende oder die abstoßende? Siehst, du grober Lümmel, was du in deiner unbegreiflichsten Dummheit alles zusammenredest; es versteht sich wohl von selbst, daß die negative Kraft der positiven subordiniert bleiben muß, weil sie aus ihr hervorgeht; das reine Wasser muß das trübe reinigen und nicht umgekehrt. Aber das alles ist auch Gottes Ordnung, dummer Lippel! Wenn Rom nicht finster wäre wie eine stygische Nacht, so würde die Menschheit nicht nach dem Lichte fragen. Also bin auch ich, wie ich bin, aus Gott, und werde es auch also verbleiben, wie du sicher ein Esel in Ewigkeit.« –

2 Spricht lakonisch Kado: »Ja, ja, den letzten Namen auf dich angewendet, möchte es sich wohl begeben. O du Dummheitsprinzessin aus allen Fixsternen heraus! Du wirst mir was von einer positiven und negativen Kraft und von ihrer gegenseitigen Notwendigkeit etwas vorsagen. Ich müßte mich wahrhaftigst bis über die Ohren hinaus schämen, so ich darinnen von dir eine Belehrung anzunehmen genötigt wäre oder gar sein solle. Sage mir, du schönste Eselinerin, ist Gott eine ganze oder nur eine halbe Macht und Kraft ohne dich? Bist du notwendig , daß Er ist? oder könnte Er vielleicht auch ohne dich bestehen, so wie Er ohne dich Ewigkeiten bestanden hat? O du vor Gott dem Herrn gänzlich zweckloses Geschöpf, du willst mir die Notwendigkeit des Bösen hinaufdisputieren, ohne das es unmöglich irgend etwas Gutes geben könnte. O du dümmstes und blindestes Weib-Vieh; worauf basiert denn hernach die reinste Liebe, Güte und höchste Macht Gottes? Muß etwa die Gottheit, die doch sicher in allem das vollkommenste Wesen ist, auch zuvor böse sein, um hernach gut sein zu können? O lachet, lachet doch alle Himmel über solch eine minervische Weisheit, von der doch ein schon hundsgemeinster Hadernsammler sagen müßte: Ich schaffe mir eine bessere Weisheit, als wie diese sein wollende Weisheitsgöttin sie besitzt. Man erzählt sich von der fabelhaften Minerva solches, daß sie nämlich aus dem Haupte des Jupiters herausgesprungen sei; aber diese oder jene Minerva wirst du sicher nicht sein? Denn für deine Entstehung müßte man ja nicht das Haupt des mächtigen und weisen Zeus, sondern höchstens dessen Hinterleib annehmen. Dein Kleid glänzet freilich wie eine Sonne, aber was nützet das, wenn der Rock noch so glänzt, aber im Rocke ein ganz blitzdummes Wesen steckt; bei dir kann man es wohl mit dem vollsten Rechte sagen: Es ist nicht alles Gold, was da so glänzt wie Gold. Hat dir der himmlische Freund Sahariel die Sache seines Verlangens nicht handgreiflich zur Übergenüge gezeigt, wie sie nur also und nie anders vor sich gehen kann, zu deinem alleinigen Nutzen? Warum folgest du denn seinem Rate nicht? Hast du ihm doch ehedem alle erdenklichen Vorzüge eingeräumt vor mir und scheinst ihn heimlich nun eben so zu verachten als wie mich. O du Haupt aller Bosheit! Ich kenne dich nun ganz und werde auch diejenigen Mittel anzuwenden wissen, die dich mit der rechten Weile denn doch zähmen dürften; denn auskommen wirst du mir wohl ewig nimmer und mit deinem Zurückspringen in die alte Drachenhaut wird sich's auch nimmer tun; denn dafür ist schon durch dieses Strahlengewand gesorgt. Was aber wirst du tun?« –

3 Spricht die Minerva: »Schweige, du dümmster Esel, mit dir zu reden ekelt es mir. Meinst du denn, daß ich in diesem Gewande nicht ebensogut meine Pläne ausführen könne, als wie in der Drachenhaut? Deren ich mich nur auf Augenblicke bei besonderen Gelegenheiten bediente! O da irrst du dich gewaltigst; merke es dir: Jetzt werde ich es euch erst zeigen, was ich kann. – Meine Regimenter unter der Ägide (Leitung), besonders der römischen Hierachie, habe ich noch und ich werde sie spielen lassen; da wirst du dann sehen, was alles ich vermag; Inquisitionen, Galgen, Schaffote und auch die alten Scheiterhaufen sollen wucherisch wieder erstehen und ihr Wesen ums hundertfache ärger treiben, als sie es getrieben haben; und die Herrscher sollen ihre Untertanen mit glühenden Ruten schlagen und sie erwürgen lassen zu Tausenden; daraus wirst du bald ersehen, was ich auch ohne Drachenhaut zu bewirken imstande bin.« –

4 Spricht Kado: »Aber ich sage dazu: Aha! bis hierher und nicht um ein Haar weiter. Nun hast du deine Beichte vor uns gehörig abgelegt und uns in deiner großen Dummheit selbst deine schönen und menschenfreundlichen Pläne verraten; und das war sehr gut von dir; das ist dir einmal gelungen; bravo! Das hast du gut gemacht; mehr brauche ich dir nicht zu sagen; das unsrigre werden dann schon wir zu tun verstehen.«

5 Spricht dazu der Robert: »Die geheimst gehaltenen Vorkehrungen sind bereits getroffen. Diesmal wird sich der Satan selbst den völligen Untergang bereiten; sein Lohn wird ein fürchterlicher sein.« –

6 Spricht Sahariel: »Liebe Freunde, ereifert euch nicht wegen dieser Unverbesserlichen; denn die Hauptmacht ist ihr benommen, und mit ihrer Scheinmacht wird ihr wenig geholfen sein; es wird diese alte Schlange wohl noch etliche beißen und vergiften; aber es wird ihr dann das Handwerk auf ewig gelegt werden; denn der Herr Selbst wird zu den Sterblichen kommen und wird der Schlange das Handwerk legen! – Sie solle nun tun, was sie will; je ärger sie es anfangen wird, desto eher wird sie mit ihrer schnödesten Arbeit fertig werden. Und genug nun der Arbeit mit und in der Hölle; wir werden uns nun auf den Rückweg zum Herrn und unseren lieben Brüdern machen; diese aber solle allein und gänzlich verlassen hier machen, was sie nur immer will und mag; an uns solle sie keine Narren mehr haben, mit denen sie ihr loses Windspiel treiben könnte. – Richte dich auf, Bruder Kado! denn du hast Gnade gefunden vor Gott, darum du dein Böses in dir in Gutes und Wahres verkehret hast; du wirst nun auch mit uns ziehen hin zum Herrn, und Er wird dich annehmen, und wird dir eine große Macht geben, über die Hölle zu wachen. Diese Minerva aber wird dir untertan verbleiben, weil du sie besieget hast mit der Waffe der göttlichen Gerechtigkeit. – Mache dich alsonach auf und wandle in unserer Mitte vor den Herrn hin.«

7 Spricht die Minerva: »So, so, mich also, mich, als die Perle der Unendlichkeit, wollet ihr nun so ganz mir und dir nichts verlassen und gleichsam davonjagen wie eine feile Dirne vom Tanze. O das ist sehr schön und löblich von euch; früher habt ihr durch lauter Lockungen es mit mir soweit getrieben, daß ich nachgab und zu euch her kam; und nun, wo ihr mit meinen Schwächen einige Geduld haben sollet, wollet ihr mich verlassen, weil euch irgend eine kleine Mühe zu sauer ist und ihr der Meinung seid, daß ich rein unverbesserlich bin. Aber dem ist es nicht also; ich bin vielleicht, wie kein zweites Wesen, einer Besserung fähig; aber nur der solle über mich triumphieren, der mir die gehörige und notwendige Geduld und gerechte Liebe erweiset. Ich bin arm geworden und sehr verwaiset, und allenthalben spricht man mit der tiefsten Verachtung von mir; solle ich da nicht voll Mißtrauens sein gegen jegliches Wesen, das sich mir naht, da es mir noch allezeit also ergangen ist, wie nun? Allezeit wurden mir Verheißungen gemacht, auf daß ich umkehrete zu Gott; so ich aber nahe daran war, da verließen mich die anfangs stets mutigst auftretenden Bekehrer und überließen mich meinem Schicksale, so wie auch ihr es nun machen wollet; aber tuet nur, was ihr wollt; ich werde in der Folge denn wohl auch wissen, was ich zu tun haben werde. Kado! willst du bleiben, so bleibe! und ich werde dir dann folgen; aber mit diesen zweien ziehe ich nicht.«


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