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Kapitel 212

Die Erweckungsrede des Paulus an die noch schlummersüchtigen Dynasten in der Gruft, über Starrsinn und den Jüngsten Tag, zeigt denselben ihre Greueltaten und gute Vorbilder wie David. Ein Hartnäckiger beharrt noch auf seinem Dynastentum

1 Hier erhebt Paulus sich und richtet folgende Worte nun an die Höchstadelings, sagend: »Meine geliebten Freunde und Brüder, in Gott Jesus, dem Herrn!«

2 Hier wird er sogleich vom Vater der Theresia unterbrochen, der ihm bitter höhnisch also sagend vorhält: »Wann denn haben wir Schweine miteinander gehalten, daß er, als ein gemeiner Judensohn, sich erfrecht, mich per Bruder nur so gleich mir und dir nichts anzureden? Weiß er denn nicht, wer wir sind? Also mehr Art, er hundsgemeiner Judenpatzen, sonst wird man ihm zeigen, wer da ein Kaiser ist.«

3 Paulus aber achtet nicht darauf, sondern fährt mit seiner Rede fort und sagt: »Es stehet geschrieben: Denen wenig anvertrauet ward, die werden über weniges die Rechnung zu geben haben, und denen vieles, wie euch, anvertraut ward, die werden über sehr vieles die Rechnung zu legen haben! – Ihr aber gehöret allesamt zu denjenigen, denen Gott der Herr sehr vieles anvertrauet hat, und so habt ihr nun auch eine übergroße Rechnung vor Gott dem Herrn zu legen; denn ich Paulus sage es euch, die ihr da noch voll alten verrosteten höchstadeligen Starrsinnes seid, daß für euch alle nun ein eigentlichster Jüngster Tag herbeigekommen ist, an dem man von euch die strengste Rechnung fordern wird, so ihr von eurem Starrsinn nicht lassen werdet; denn Gott Jesus, unser Herr und Vater, obwohl die höchste Liebe, Sanftmut und Geduld, läßt mit Sich nicht spaßen, indem Er allezeit und ewig nur das Allerbeste seiner Kinder will, und dieser Jesus, der uns alle durch Seinen Kreuzestod der Macht des Satans entwunden hat, stehet hier vor euch, zwar noch immer so geduldig und sanft wie ein Lamm; aber Seine Sanftmut und Geduld ist nicht ohne Grenzen. Wehe euch! so Er einmal mit euch wird zu rechten anfangen! Nicht eins werdet ihr Ihm auf tausend antworten können; denn ihr seid allesamt große Sünder vor Ihm.

4 Wie viele habt ihr bloß eures überschwenglichen Hochmutes wegen hinrichten lassen, nicht selten auf eine grausame Weise; wie hart habt ihr stets einen erleuchteten Geist verfolget! Welcher allerschonungslosesten Grausamkeiten habt ihr euch gegen die evangelischen Brüder bedienet, welchen namenlosen Jammer habt ihr nicht selten in tausend mal tausend Familien gebracht! Wie habt ihr in dem dreißigjährigen Religionskriege gewütet, und wie viele andere Ungerechtigkeiten habt ihr auf eurem Gewissen! – Wie sehr habt ihr stets danach gestrebet, euren Glanz zu erhöhen auf Kosten des Lebens und Blutes von Millionen, die eben so gut Gottes Kinder sind und waren, wie ihr. Wie viele Tausende schmachteten in den Kerkern schuldlos durch die Trägheit und Ungeschicklichkeit eurer Richter, die sich unter eurem Protekte (Schutz) gut geschehen ließen, während eure und ihre armen Brüder – sage noch einmal – häufigst schuldlos in den finstersten Kerkern verschmachteten und verzweifeln mußten. Sehet! solche und noch tausend andere allergröbste Sünden habt ihr auf eurem Gewissen. Ströme von ungerecht vergossenem Blute schreien um Rache wider euch zu Gott; und der Herr, so Er nach der ausschließenden Gerechtigkeit richten wollte, müßte euch ja für jede Ungerechtigkeit und herrscherische Grausamkeit, die ihr begangen habt und begehen habt lassen, eine Ewigkeit um die andere im Feurer der Hölle allerschärfst büßen lassen. –

5 Aber Er hat bei sich beschlossen, nun allen Gnade für Recht angedeihen zu lassen, indem Er keine Freude hat an den obschon wohlverdienten Qualen der Sünder. Er betrachtet euch als sehr Kranke, und will euch helfen, und kam daher (als Heiland) Selbst hierher zu euch. Was hält euch denn ab nun, ihr Blinden, daß ihr Seinem Rufe nicht folgen wollet? Was habt ihr hier? Nichts, als was euch eure alte herrscherische Einbildung schafft, und dennoch wollt ihr dem Beispiele jener eurer wahrhaft hohen Brüder nicht folgen, die, wohl wissend, daß vor Gott alle irdische Größe ein purstes Nichts ist, sich sogleich an den Herrn, obschon sie Ihn noch nicht ganz erkennen, angeschlossen haben.

6 Sehet an einen Rudolf, der da war ein Regent nach dem Herzen Gottes, die Theresia, den biedern Josef, den herzlichen Leopold und den leutseligen Franz, und noch einige ihrer Brüder und Schwestern; sie haben auch manches begangen, wie einst ein David, das da nicht in der Ordnung der Gottesliebe war; aber Gott der Herr erwog ihre Bürde, die sie zu tragen hatten, erließ ihnen wie einem David jegliche Schuld, und hat sie nun schon in Sein Reich aufgenommen; denn die bei Ihm sind, die sind auch in Seinem Reiche. Der Herr aber will auch euch allen gnädig sein; warum wollet ihr Seine endlos große Gnade denn nicht annehmen? Ist es denn nicht besser, dem Gnadenrufe des Herrn zu folgen, als sich langsam durch einen unbeugsamen Starrsinn für die Hölle vollends reif zu machen?« – –

7 Durch diese Rede werden bis auf einen – alle erschüttert und fangen an nachzudenken; nur der eine sagt: »Ich bleibe ein Kaiser ewig, auch vor Gott ein Kaiser ewig!«


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