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Jenseitiges Militär. Was weiter mit jenen Dompfaffen geschieht, ihr Ziel. Über das Wesen der Weisheitsgeister und wie schwer solche zur Liebetat kommen. Die heran kommende Militärpatrouille
Am 21. August 1850
1 Als wir draußen auf dem sogenannten Stephansplatze uns befinden, zieht gerade eine Rotte Militärs an uns vorüber.
2 Robert tritt zu Mir und sagt: »Lieber Vater! Dies Militär sieht doch etwas sonderbar aus; ist es aus einer früheren oder aus der jetzigen Zeit? Wahrlich, das wäre schwer zu bestimmen. Aus meiner Erdenzeit ist es einmal nicht; damals war die Adjustierung eine ganz andere; aus den älteren Zeiten scheint es auch nicht zu sein, da mir die Adjustierungen aus jener Zeit aus gar vielen Gemälden und Zeichnungen nur zu bekannt sind. Es muß denn etwa doch aus der Jetztzeit sein, etwa so nach dem Geschmacke des jungen Kaisers, der jetzt in Österreich das Zepter führt.« –
3 Sage Ich: »Ja, ja, also ist es; in diesem Jahre sind viele aus dem Militärstande durch die Typhusseuche und durch die Cholera und durch noch eine Menge anderer Krankheiten aus ihren Leibern erlöst worden. Da sie aber einmal schon zu dem Militärstande gehörten, so bleiben sie nach der Ablegung des Leibes auch noch diesem Stande getreu und erscheinen hier als Soldaten. Sie wissen auch nichts von dem, als wären sie gestorben. Wohl wissen sie, daß sie als Kranke in's Spital gekommen sind, und daß sie sich vor dem Sterben gefürchtet haben. Aber auf eine gute Medizin seien sie in einen stärkenden Schlaf gekommen, und hätten recht tüchtig geschwitzt, und seien dann am Morgen so ganz frisch und gesund aufgestanden, als ob ihnen nie etwas gefehlt hätte. Von dem aber, daß sie gestorben sind, wissen sie keine Silbe.
4 Es ist auch gut so, daß sie es nicht wissen, weil das Wissen für sie ein Gericht wäre. Sie müssen erst, nachdem sie hier ihren Dienstabschied erhalten haben werden, nach und nach ganz unvermerkt eingeleitet werden, und das anfangs nur durch Erscheinlichkeiten, durch die sie so gewisse Stupfer bekommen werden, daß ihnen dadurch die Welt, in der sie nun leben, stets mehr und mehr befremdlich vorkommen muß. Das macht sie stutzen, und ihr Gemüt wird unruhiger und unruhiger. Sie kommen dann auch in allerlei Unannehmlichkeiten und scheinbare Gefahren, suchen dann Schutz und Hilfe, und suchen sich oft vor scheinbaren Verfolgungen zu retten; aber sie finden keinen rechten Zufluchtsort und sind dann nicht selten genötigt, sich an die Verfolger zu ergeben. Manchmal aber verlaufen sie sich in unabsehbare Wüsten, auf denen sie dann kaum ein Ende finden, und kommen sie schon zu irgend einem Ende, so ist dieses gewöhnlich noch um vieles ärger, als die Wüste selbst. Kurz, alle diese noch ganz in der Naturmäßigkeit sich befindenden Seelen müssen noch eine Art förmlichen Todes durchmachen, bis ihr Geist in ihnen frei wird.
5 Also hast du es nun auch bei diesen Pfaffen gesehen; die Angst vor der Erscheinlichkeit der flammenden Höllenpforte hat sie beinahe wie ganz tot gemacht; nach einer Weile werden sie wieder erwachen, und sich in der Kirche zwar noch befinden, aber das Geschehene wird ihnen wie ein heller schrecklicher Traum vorkommen. Sie werden da Wein und das Brot antreffen, und da sie sehr hungrig und durstig sein werden, was stets der Fall ist, so der Geist in der Seele freier wird, und wacher und wacher, so werden sie auch gierig danach greifen und es verzehren. Die offene Schrift, die sie auch sogleich neben den Broten ersehen werden, wird ihnen schnell die Anweisung geben, was sie zu tun haben, um der Hölle zu entrinnen, vor der sie eine ganz entsetzliche Furcht haben, weil sie sich diese Hölle also ganz lebendig vorstellen, als sie sich dieselbe auf der Erde gläubig oder auch selbst als ungläubig vorgemalt haben; denn ob einige bei ihren irdischen Lebzeiten an die Hölle auch nicht geglaubt haben, so blieb ihnen doch das Bild. – Nun haben sie den geöffneten Rachen und die ihnen ganz entsetzlich vorkommenden Flammen aus denselben schlagen gesehen, und somit ihr böses Bild in der Verwirklichung wahrgenommen. Dadurch ist ihr Unglaube an die Hölle wieder zum Vollglauben geworden. Darum aber werden sie nach der abgelesenen schriftlichen Anordnung sich auch keine Sekunde mehr aufhalten in der Kirche, sondern eiligst aufbrechen und sich in's weite Freie machen.
6 So sie aus der Kirche treten, werden sie auch sogleich keine Stadt irgend mehr ersehen, sondern bloß nur ein offenes freies Land; allda werden sie dann schon hie und da auf gewisse Reisende stoßen, die sie weiter zu ihren Bestimmungen leiten und führen werden in Meinem Namen. Um diese haben wir uns denn nun auch gar nicht mehr besonders zu kümmern; in einigen und dreißig Jahren werden sie für den unteren Weisheitshimmel ganz geeignet sein. – Höher hinauf aber werden sie wohl schwerlich je kommen, weil bei ihnen das Organ der Liebe, weil es nie geübt und gestärkt worden ist, zu unentwickelt und schwach ist. Dafür aber hat freilich das Organ der weitwendigen Weisheit eine viel zu große Ausdehnung, und kann daher nie von der enorm schwachen Liebe überwältigt werden. Denn so bei solchen die Liebe, sozusagen, um sieben Ellen wächst, so wächst die Weisheit daneben schon um's dreifache, und es kann daher nie jenes Verhältnis zwischen Liebe und Weisheit hergestellt werden, welches notwendig ist, um in einen höheren Himmel aufsteigen zu können.
7 Es ist zwar wohl gerade keine absolute Unmöglichkeit, daß auch Geister des untersten Weisheitshimmels in einen höheren Himmel übergehen können; aber es geht so was immer sehr schwer, weil die Weisheit sich stets mehr in der Spekulation, als in der wirklichen Tat gefällt. Der Weise hat nur ein Wohlgefallen, so er vor anderen seine tiefen Einsichten auskramen kann, während der eigentliche Liebegeist nur nach dem Guten und Wahren handeln will. Der pure Weisheitsheld ist gewisserart das, was das Publikum in einem Theater ist. Er hört die Komödie an und betrachtet mit scharfem Kennerauge alles, was oben auf der Bühne vor sich geht. Er versteht auch gewöhnlich alles besser, als der auf der Bühne handelnde Komödiant; man stelle ihn aber nur einmal auf die Schaubühne, und er wird kaum einen letzten sogenannten Statisten vorzustellen imstande sein. Da aber das Zuschauen, Betrachten und danach Raissonieren viel leichter als das Handeln ist, so sind die Geister des untersten Himmels auch stets sehr schwer in einen höheren Himmel zu bringen; denn die meistens tatlose Bequemlichkeit ist ihnen lieber, als die schönste und beste Handlung. Solche Geister können nur durch eine gewisse Einförmigkeit der ihnen vor die Augen gestellten Erscheinungen, dann aber auch durch erheiternde Handlungsexempel zur Tat angespornet werden. Sind sie einmal beim Handeln, wenn anfangs auch noch so spießig, so geht dann die Sache schon vorwärts; aber nur im Anfange wehrt sie sich ganz entsetzlich.
8 Und so, Mein lieber Robert, wird es auch mit diesen Pfaffen gehen, wenn es gut geht, wie man so sagt; aber eher wird es also sein, wie Ich es ehedem dir gezeigt habe. Sie werden zwar noch manchen Brocken zum Verschlucken bekommen, bis sie in den untersten Weisheitshimmel gelangen werden.
9 Mit dieser Rotte werden wir es viel leichter haben. Sie hat nun nach einigen Hin- und Herschwenkungen vor uns Halt gemacht, da wir ihr aufgefallen sind. Sie übt hier eine Art Patrouille aus, und hat nun den Sinn gefaßt, uns zu fragen, was wir hier vorhätten, weil unsere Gesellschaft auf einem Flecke des Platzes ihr ein wenig zu stark vorkommt, besonders in einer Stadt, die sich leider noch im Belagerungszustande befindet. Bei der Gelegenheit ihrer Anfrage an uns werden wir ihr denn auch sogleich der Wahrheit getreuest kundtun, wer wir sind, und was wir so ganz eigentlich hier wollen, und werden sie dann auch sogleich unter einem einladen, uns zu folgen in das Reich des Lebens. Aber da kommt, Mein lieber Robert, die Reihe wieder einmal an dich. Du mußt hier für uns alle den Wortführer machen; daher nimm dich nur recht zusammen!«