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Kado und Minerva, Fortsetzung des Streitgesprächs, welches immer bedeutender wird. Satanas nicht so dumme Bedingungen zur Ergebung und Kados Erwiderung dazu
Am 13. März 1850
1 Miklosch berichtet weiter: »Jetzt nach einer Weile von einigen irdisch währenden Minuten richtet Minerva ihr Angesicht wieder fest gegen den am Hügel weilenden Kado und sagt: »Freund! ich muß dir offen gestehen, daß du mich sehr interessierst, denn es liegt in deiner schönen morgenländischen Gestalt, wie auch in deinen Worten mehr Geist und Wahrheit, als du es selbst nun noch zu ahnen imstande bist; aber dem ungeachtet kann ich deiner Rede nicht eher Gehör bieten, als bis die von mir geschaffene Erzhure des neuen Babel vollends gestürzet ist. Ich habe sie aufgerichtet zu einer von der Gottheit mir gestatteten Feuerprobe für alle, die da auf den mir widrigsten Namen getaufet wurden und wollte der Gottheit gegenüber nur beweisen, daß auch ihre Lehre in ein allerabgefeimt-tollstes Heidentum umgestaltet werden kann. Mir ist scheinbar mein Werk gelungen, und die neuen Babylonier wissen sich nun vor Nacht und Grauen nicht mehr zu raten und zu helfen; sie haben allen Geist verloren; vom Christentume ist keine Spur mehr zu entdecken; sie haben nur noch ein morsches Gerippe vor sich, und erwürgen sich nun der äußersten toten Haut wegen, in der schon seit nahe einem vollen Jahrtausend kein Leib, und um so weniger irgend eine Seele mit ihrem Geiste sich befindet; aber das muß nun also geschehen; meine Greuel müssen durch aus sich gezeugte neue Greuel vernichtet werden, und die Menschheit in eine neue Pflanzschule versetzet werden; wann solches bewerkstelliget wird, dann sollst du mir unter die Arme greifen, und ich werde eines Sinnes sein mit dir ewig!«
2 Nun spricht Kado: »Allerholdeste und reizend schönstes Weib der ganzen Schöpfung Gottes! O mache mir keine so schweren Bedingungen, deren endliche Erfüllung wahrlich nicht abzusehen ist. Lasse das hundemäßige Neubabel; lasse die Gottheit allein walten, der es ein Leichtes sein wird, alle von dir angelegten Krummwege zu ebnen; du aber folge mir, und werde fortan glücklich! Gedenke nicht mehr dessen, was du warst in was immer für einer Hinsicht; sondern gedenke vielmehr, wie glücklich du wieder werden kannst, und wie glücklich ich an deiner unbegreiflich schönsten Seite, und zahllose Miriaden mehr, in der Anschauung deiner unendlichen Schönheit; und du wirst meinen Worten dann leichter Gehör leihen können, als du Herrlichste es dir vorstellest. Denke dir meinen Schmerz, so ich dich verachten müßte, deines tollen Starrsinnes wegen, dich! für die in meinem Herzen Milliarden Sonnen brennen! Ich bitte dich, du unbeschreiblich Schönste, folge meinem Rate! Bei aller Allmacht der Gottheit, und aller deiner unendlichen Schönheit schwöre ich dir, daß du von mir nicht hintergangen sein sollest. Unbeschreiblich holdestes, schönstes Weib, du Zentralsonne alles Lichtes, gehe, verlasse deinen Phaeton, werfe das morsche Zepter und die zerbrochene Lanze von dir, und ziehe an den herrlichen Schild der Liebe! Komme also gerüstet an diese meine Brust, und du sollst für alles Ungemach, das dir je begegnet ist, die reichlichste Entschädigung finden. Mit deiner gegenwärtigen Scheinmacht wirst du mich nie besiegen; aber mit der Liebe wirst du mich zum Sklaven deines Herzens machen.«
3 Spricht nun die Minerva: »Kado, Kado! du wagest mit mir ein gefährliches Spiel! Was wirst du aber dann tun, so dich der eifersüchtige Himmel meinetwegen auf das härteste wird zu verfolgen anfangen? Sehe auf, und du wirst sehen, wie ich von zahllosen Milliarden in meiner Unterredung mit dir belauschet werde, und du mit mir! Meine unbegrenzte mit nichts zu vergleichende Schönheit ist ja eben mein ewiges Unglück! Ich sollte nur einen lieben, für den in meinem Herzen keine Liebe thront; will ich aber meine Liebe jemand anderem zuwenden, dann ist aller Himmel voll Zorn und Rache gegen mich, und gegen den, dem ich mein Herz zuwende. Daher begreife, so ich dich warne, mit mir ein so gewagtes Spiel zu treiben; möglich, daß es dir vielleicht gelingt, da dir schon so manches gelungen ist, aber wehe dir und mir, so es dir nicht gelingen sollte!«
4 Spricht Kado: »Du hast in Hinsicht der Milliarden himmlischer Belauscher ober uns wohl recht; ich ersehe sie nun auch; aber ich ersehe in ihnen Freunde und keine Feinde. Siehe, sie alle winken mir Beifall zu; wahrlich, diese tun uns nichts; und sollte ihre Freudlichkeit eine Kriegslist sein, so werden sie alle es allein mit mir zu tun bekommen! Kurz, ich lasse nimmer ab von dir! Du bist mein, und keine böse Macht solle dich mir nehmen! Denn auch ich bin unverwüstbar, und bin mächtig aus Gott und aus keinem Teufel, der ich selbst einer bin.«
5 Spricht die Minerva: »Kado, Kado, Kado! reize die Götter nicht, denn du bist ein schwacher Mensch! Siehe, die da oben werden mich bald in ein häßlich Kleid werfen, was wirst du dann sagen und tun?«
Am 15. März 1850
6 Spricht Kado: »Holdeste! so sie das täten, dann sind sie Teufel, und nie Engel! Nein, nein, sieh hinauf! sie alle geben mir ein Zeugnis, daß sie solch einer Tat unfähig sind; alle die Zahllosen haben eine Freude darüber, daß du so lange verharrest in solch deiner urwahrsten Gestalt, und sie Gelegenheit haben, die erste Urschönheit, den ersten Urgedanken alles Seins aus Gott vor sich zu haben und anzustaunen, mehr denn alles, was außer Gott der höchsten Geister nie erschöpfbare Weisheit als schön bezeichnen kann. O Lichtträgerin alles dessen, was der geschaffene Geist schön nennen und selbst als schön gestalten kann, mache keine Bedingungen mehr und komme! Denn mein Inneres sagt es mir, daß auf deine Rückkehr alle Himmel schon äußerst lange Zeitenläufe vergeblich harreten, und sich nach der Lust sehnten, dich als die Krone endlicher Vollendung aller Dinge und Wesen die Ihrige nennen und ehren zu können. Umstimme daher deinen Willen, lasse erweichen dein Herz, komme, und genieße an meiner Seite der freiesten Seligkeiten höchste. Fühle einmal auch die Wonne, für die als erste und größte und vollendeste Idee, in mächtigst lebendiger Wirklichkeit aus Gott hervorgehend du bestimmt warst und noch bist.«
7 Die Minerva sieht den Kado nun recht freundlich, aber doch immer mit Herrscheraugen an und sagt: »Kado, hast denn du dir's wohl im Ernste vorgenommen, mich schwach zu machen? Meinst denn du, mich zu besiegen, und für was immer für eine Sache geneigt zu machen, sei etwas Leichtes, was so einem aus mir geschaffenen Erdwurm gelingen werde als der Fang einer matt gewordenen Fliege? O, hoffe nicht zu voreilig; denn gar mächtigste größte Geister haben sich an mir versucht, und sind am Ende mit Spott und Schande allerunverrichtester Dinge abgezogen; wie mag es dir denn träumen, mich durch die Macht des Stromes deiner Rede fesseln zu können? Seh', solcher Mignionmanövers gegen mich habe ich schon zahllose bestanden und zurückgeschlagen; wie kann es dir beifallen nun, du werdest mich gewinnen für dein Herz, und am Ende gar für alle die mir über alles verhaßten Himmel, die ich besser kenne denn du, als ein armer, blinder Teufel. Dich allein lasse ich mir gefallen; aber so du mir als Teufel von den Himmeln vorzuschwärmen beginnst, dann bist du von mir aus des Anspützens nicht wert. Jedes Wesen muß sich konsequent bleiben; es muß entweder ein starker Teufel ganz oder umgekehrt ein dummer Himmelsbote sein, der bei mir allezeit nichts ausrichtet, aber von mir dennoch respektiert wird wegen seiner obschon vanen Konsequenz; aber so ein Teufel wie du, der zugleich auch eine Art Engel sein will, muß im Verfolge mir widrig werden, obschon er sonstige Eigenschaften besitzt, vor denen ich selbst eine gerechte Achtung habe. Mein lieber Kado, so du mein Herz für dich gewinnen willst, da mußt du es ganz anders anfangen, als es bisher der Fall war; wahrlich, ich bin dir nicht abgeneigt; willst du mich aber gewinnen, so mußt du mir folgen, und zu mir kommen, aber nicht von mir verlangen, daß ich das tun solle.«
8 Spricht Kado: »Aber Herrlichste! ich will dich ja nur für mich, und nicht für jemand andern gewinnen! Ob sich die dir verhaßten Himmel darob freuen oder ärgern wollen, das ist mir gleich; ich will ja nur dich, und nicht die dir verhaßten Himmel, und beharre für ewig nur bei diesem Verlangen! Aber den evidentest mächtigsten Himmeln trotzen werde ich auch ewig nicht, auch deinetwegen nicht, obschon ich dich mehr liebe, denn alle Gotteschätze der Unendlichkeit.
9 Siehe, ich halte ein jedes Wesen, dich nicht ausgenommen, für höchst dumm, das da mehr tun will, als es vermag; und überaus dumm aber ist ein Wesen, das selbst die bittersten endlos vielen Erfahrungen nicht klüger zu machen imstande sind. Sage mir ganz aufrichtig, was und wie viel wohl hast du gewonnen durch deinen allerunbeugsamsten Starrsinn? Bist du dadurch mächtiger geworden oder reicher oder schöner? Oder waren dir die dezillionenfachen Züchtigungen, derer du allerschärfst teilhaftig wurdest, eine Wollust? Siehe, du gleichest in jeder Hinsicht jenen eselhaften Völkerbeherrschern, die lieber ihr ganzes Reich zu Grunde richten, als daß sich ihre allerhöchst gestellte, aber auch allerevidenteste Dummheit von irgend einem niederen Weisen etwas einraten ließe.
10 Du zwar endlos schönstes, aber dabei, wie ich's nun an dir nur zu klar merke, auch allerdümmstes Weib! Wenn ich dich besiegen wollte, da brauchte ich auch nicht ein Wort mit dir zu verlieren; denn da genügen diese Steine; und da sieh, eine neue Waffe zu meinen Füßen; es ist eine Wurfschlinge, mit der ich umzugehen verstehe! Ich brauche sie nur nach dir zu werfen, und kein Teufel und Gott deines Maßes befreiet dich mehr aus meiner Macht. Aber ich selbst will dich nicht fangen und nötigen, sondern alles dir selbst überlassen, damit der Sieg über dich nicht mein, sondern ganz allein dein freies Werk sein solle.
11 Meinest du denn, daß ich mit dir eine Freude hätte, so du mir zu eigen würdest durch meine Macht über dich? Nein, da möchte ich dich nicht einmal, trotz deiner endlosesten Schönheit. Aber so du meine wohlgemeinten Worte beherzigend dich selbst besiegest, und dich mir gibst zur ewig treuen Gefährtin, dann bist du für mich eine ewige Unendlichkeit aller Seligkeiten. – Was wirst du nun tun? Wirst du in deiner Tollheit noch länger verharren, und dadurch höchst elend sein oder wirst du meinen Worten Folge leisten? Lichtträgerin! um deiner endlosen Schönheit willen bitte ich dich: – ermanne dich, und lasse ab von deinem Starrsinn! Siehe, es nützt dir nichts; du kommst mir ewig nimmer aus. Denn richte ich mit dir nichts durch alle meine Liebe, so werde ich mit meiner Liebe auch die Gewalt gebrauchen, und dich also an mich ketten; denn meiner Gewalt widerstehest du wahrlich ewig nimmer!«
12 Spricht Minerva: »Aber lieber Freund, warum solle denn gerade ich mich besiegen, und mich dir ergeben? Kannst denn du nicht ebenfalls dasselbe frischweg tun? Denn ich sollte für dich denn doch wohl mehr Anlockendes haben, als du für mich! Zudem wäre es denn hoffentlich dennoch ordnungsmäßiger, daß der Bräutigam zur Braut hinginge, als die Braut zu ihm!«
13 Spricht Kado: »O allerdings! ich wäre auch schon lange bei dir, so der Boden, auf dem du stehest, ein anderer wäre. Ich verstehe mich aber wahrlich nicht, auf solch einem Boden zu stehen und zu wandeln, und kann daher nimmer zu dir kommen. Dich aber trägt jeder Boden, und so kannst du hier wohl eher zu mir kommen, denn ich zu dir.« –
14 Spricht die Minerva: »Was wirst du dann aber mit mir machen, so ich zu dir komme?« – Spricht Kado: »Alberne Frage! Lieben und möglichst glücklich machen werde ich dich, und aus diesem Hügel gestalten ein neues Paradies der Gottheit zur Ehre, die mich mit Kraft versieht!« –
15 Spricht die Minerva: »In einem Paradiese bin ich schon einmal eingegangen, und das schändlich! Mein Adam, dieser deiner Erde Erstling, hat mich auf eine Art angesetzt, daß ich mir's wohl für die ganze Ewigkeit gemerket habe. Es war ein Paradies, und das was für eins. Noch auf keinem Weltkörper ist es der Gottheit gelungen, mich so hinter's Licht zu führen, als eben auf dieser Erde; und daran war das schmähliche Paradies schuld. Ich brauche es dir gar nicht weiter zu erzählen, wie dies vor sich ging; aber ich bin da zum ersten Male der Gottheit aufgesessen, und genieße nun durch über 6.000 Jahre die elendsten Früchte davon. Daher komme du mir mit keinem Paradiese, so du mich im Ernste für dich gestimmt machen willst. Ich aber mache dir einen Vorschlag; so du diesen annimmst, dann bin ich die deine für ewig.
16 Der Vorschlag aber lautet: Gelobe es mir, den Namen Jesus, daran ich fast allezeit ersticke, nimmer auszusprechen, und werfe alle die Steine von dir, und die Schlinge auch; so soll dir dafür mein Herz zum Lohne werden, und du sollst an mir Genüsse finden, von denen keiner Gottheit noch je etwas geträumet hat. Tue das, und ich bin dein für ewig, und werde dir allein leben. Fasse meine Schönheit, meine Anmut, meine Reize und meine göttliche Erhabenheit nur einmal recht ins Auge, und in dein Herz, und du müßtest vom härtesten und gefühllosesten Steine sein, so du solchen Reizen widerstehen könntest!«
17 Spricht Kado: »Meine allerdings allerreizendste Minerva! weißt du, bevor du das Lügen erfunden hast, wäre ich auf deinen Vorschlag ohne weiteres eingegangen; den Jesus oder kein Jesus, das wäre mir ein Wind; und diese Steine, und diese Götterschlinge! – Ich könnte sie entbehren, und deiner auch ohne ihre Hilfe Herr sein, verstehst du?! Aber da bekanntester Weise du zu allen Zeiten eine größte Künstlerin im Lügen, Anschmieren und Sitzenlassen warst, und sicher noch bist, was ehedem deine Windexekution hinreichend bewies, so kann ich so lange keinen Vorschlag von dir annehmen, als bis du nicht den ersten von mir annehmen wirst; mache aber bald; denn ich merke, daß die himmlischen Zeugen ober uns unruhig zu werden anfangen. Meinen Willen kennst du nun; entschließe dich bald, sonst wird's bald ein Mordsspektakel absetzen. Denn meine Geduld geht nun auch schon zu Ende.«
18 Micklosch: »Der Minerva Gesicht wird nun finsterer und herrschsüchtiger; sie sinnet nach Widersätzen (Gegenargument); aber es scheint ihr kein rechter unterkommen zu wollen; sie möchte sich vor heimlicher Wut in ihren eigenen Leib verbeißen, so sie sich nicht genierte vor dem Kado. Es ist wahrlich recht komisch anzusehen, wie sich die Erfinderin des Hochmutes und der Lüge alle erdenkliche Mühe gibt, dem Kado ja keine ihrer Schwächen zu verraten; aber der Kado scheint es ihr doch auf ein Haar abzulauschen, da er sie nun keinen Augenblick aus den Augen läßt, und die Wurfschlinge in solcher Bereitschaft hält, daß er sie in jedem Augenblicke loslassen kann. Nein, da bin ich wahrlich neugierig, was nun die Satana für ein Manöver wird ausführen wollen.«