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1. Während dies sich in Rom zutrug, (wenn es sich anders in diesem Jahre zugetragen hat) führten beide Consuln den Krieg in Ligurien. Dieser Feind schien gleichsam dazu geboren, in den Unterbrechungen der größeren Kriege die Kriegszucht bei den Römern zu erhalten, und kein andrer Posten war für die Tapferkeit des Soldaten ein stärkerer Sporn. Denn Asien machte durch die Annehmlichkeit seiner Städte, durch den Überfluß seiner Erzeugnisse zu Lande und zu Wasser, durch die Weichlichkeit der Feinde und durch die königlichen Schätze die Truppen mehr reich, als streitbar. Vorzüglich waren sie unter dem Oberbefehle des Cneus Manlius die Ungebundenen und Vernachlässigten. Daher gereichte ihnen auch in Thracien ein etwas beschwerlicherer Marsch und ein geübterer Feind nicht ohne ihren großen Verlust zur Züchtigung. In Ligurien hingegen war Alles, was den Soldaten in Athem setzen konnte: die Gegenden bergig und rauh; sie nurquae et ipsis]. – Ich folge der Lesart quae et ipsa. Gleich nachher sagt Livius: oppugnatio – laboriosa simul periculosaque. Dadurch könnte man auch in unsrer Stelle auf die Vermuthung kommen, daß er dem Worte labor etwas Ähnliches, wie periculum, entgegengesetzt habe. Sollte er vielleicht geschrieben haben: quae et ipsa capere, labor erat, et ex praeoccupatis deiicere hostem, metus? Mehrere Msc. nämlich haben hostem et. Das m, mit hostē zusammengelesen, ließ von et 9 das falsch gelesene et übrig. So sagt Livius XXXI. 23. im Anf. nullus in propinquo hostium metus für periculum ab hoste. Ich habe das Wort gefährlich eingeschoben, weil mir ohne dies etwas zu fehlen schien. so zu gewinnen war mühsam, von den vorbesetzten den Feind hinabzuwerfen, gefährlich; die Wege steil, enge, mit Hinterhalten drohend: der Feind gewandt, schnell und überraschend, so daß er zu keiner Zeit, an keinem Orte Ruhe oder Sicherheit gestattete: die 4 unnachläßliche Eroberung der befestigten Bergschlösser war zugleich beschwerlich und gefahrvoll; das Land arm, so daß es den Soldaten auf Sparsamkeit beschränkte und wenig Beute gab. Also folgte dem Heere kein Marketender; keine lange Reihe von Lastthieren vergrößerte den Zug: hier gab es nichts, als Waffen und Krieger, die ihre ganze Hoffnung auf die Waffen setzten. Auch fehlte es zu Gefechten mit den Feinden nie an Stoff oder Veranlassung, weil sie bei ihrer Armuth zu Hause immer Einfälle in die benachbarten Länder thaten, und es doch nicht zu einer entscheidenden Schlacht kam.
2. Dem Consul Cajus Flaminius, der mit den Friniatischen Liguriern mehrere glückliche Gefechte auf ihrem Gebiete gehabt hatte, ergab sich dieser ganze Stamm, und er nahm ihnen die Waffen. Da er sie, weil sie diese nicht ehrlich ablieferten, zur Strafe zog, flüchteten sie mit Hinterlassung ihrer Flecken auf das Gebirge Auginus. Sogleich zog ihnen der Consul nach. Abermals flüchtig stürzten die Übrigen über Unwege und schroffe Klippen hinab, auf denen der Feind sie nicht verfolgen könnte, und so entkamen sie auf die andre Seite des Apenninus. Die im Lager geblieben waren, wurden eingeschlossen und das Lager erstürmt. Nun wurden die Legionen über den Apenninus geführt. Hier schützte die Feinde auf kurze Zeit die Höhe des Berges, den sie besetzt hatten; bald aber ergaben sie sich. Jetzt wurden die Waffen mit angestrengterer Sorgfalt eingetrieben und sämtlich ihnen genommen. Nun zog sich der Krieg zu den Apuanischen Liguriern hinüber, welche auf die Gefilde von Pisa und Bononia solche Streifzüge gemacht hatten, daß sie nicht bestellt werden konnten. Der Consul verschaffte dadurch, daß er auch diese bezwang, ihren Nachbaren Frieden; und weil er auf seinem Standorte Ruhe vom Kriege bewirkt hatte, legte er, um seine Soldaten nicht müssig sein zu lassen, von Bononia nach Arretium eine Heerstraße an.
Marcus Ämilius, der andre Consul, verbrannte und verheerte den Liguriern, während sie die beiden Berge 5 Balista und Suismontium besetzt hielten, die in den Ebenen oder Thälern gelegenen Dörfer und Flecken. Dann griff er sie in ihrer Stellung auf den Bergen an, hielt sie zuerst durch leichte Gefechte in beständiger Bewegung, und als er sie endlich in Linie herabzukommen zwang, besiegte er sie in einem ordentlichen Treffen; in welchem er auch der Diana einen Tempel gelobte. Nachdem Ämilius Alle diesseit des Apenninus bezwungen hatte, griff er nun die jenseit des Gebirges an – hierzu gehörten auch diejenigen Friniatischen Ligurier, bis zu welchen Flaminius nicht vorgedrungen war – und bezwang sie Alle; nahm ihnen die Waffen und führte den Schwarm von den Gebirgen auf die Ebenen herab. Nach Beruhigung der Ligurier führte er seine Truppen auf Gallischen Boden, und ließ sie eine Heerstraße von Placentia bis Ariminum anlegen, so daß sie mit der FlaminischenDiese via Flaminia ist nicht die vorhin erwähnte, vom Amtsgenossen des Ämilius angelegte, sondern die ältere und berühmtere (von Rom bis Ariminum), die der Censor Flaminius hatte pflastern lassen, welcher vier Jahre später in seinem zweiten Consulate gegen den Hannibal am Trasimenus Schlacht und Leben verlor; dieses jüngeren Flaminius Vater. zusammentraf. In dem letzten Treffen, welches er den Liguriern im Felde lieferte, gelobte er der Juno Königinn einen Tempel. So weit für dieses Jahr die Verrichtungen in Ligurien.
3. In Gallien hatte der Prätor Marcus Furius, der selbst dem Frieden einen Anschein des Krieges geben wollte, den schuldlosen Cenomanern ihre Waffen genommen. Die Cenomaner, die sich hierüber zu Rom vor dem Senate beschwerten und an den Consul Ämilius gewiesen wurden, – ihm hatte der Senat die Untersuchung und Entscheidung aufgetragen – behielten, nach einem hitzigen Streite mit dem Prätor, Recht. Der Prätor bekam Befehl, den Cenomanern ihre Waffen wiederzugeben, und jenen Standort zu verlassen. Darauf ließ der Senat die Bundesgesandten Latinischen Stammes vor, die sich zahlreich von allen Orten aus ganz Latium eingefunden hatten. Auf ihre Klage, daß ihre Mitbürger in großer 6 Menge nach Rom gezogen wären und sich hier hätten schatzen lassen, bekam der Prätor Quintus Terentius Culleo den Auftrag, diese aufsuchen zu lassen, und alle diejenigen, von denen die Bundesgenossen beweisen könnten, daß sie selbst oder ihre Väter unter den Censorn Cajus Claudius, Marcus Livius oder noch unter spätern Censoren bei ihnen geschatzt waren, zu zwingen, daß sie dahin zurückkehrten, wo sie geschatzt waren. Vermöge dieser Zusammenberufung kehrten zwölftausend Latiner in ihre Heimaten zurück. Schon damals also fiel der Stadt die Menge von Fremden zur Last.
4. Ehe die Consuln nach Rom. zurückkehrten, kam Marcus Fulvius als Proconsul aus Ätolien zurück; und als er im Apollotempel dem Senate seine Verrichtungen in Ätolien und Cephallonien aus einander gesetzt hatte, ersuchte er die Väter, es für Recht zu erklären, daß für die mit Geschicklichkeit und Glück dem State geleisteten Dienste die den unsterblichen Göttern zu haltende Dankfeier anbefohlen und ihm der Triumph zuerkannt werde. Da zeigte der Bürgertribun Marcus Aburius an: «Wenn man in dieser Sache vor Ankunft des Consuls Marcus Ämilius entscheiden wolle, so werde er Einsage thun. Jener habe Einwendungen zu machen, und ihm bei der Abreise auf seinen Standposten aufgetragen, dahin zu sehen, daß diese Verhandlung bis zu seiner Ankunft unausgemacht bliebe. Für den Fulvius sei dies ein bloßer Aufschub, und der Senat könne immer noch, wie es ihm gefalle, beschließen, wenn auch der Consul gegenwärtig sei.» Hierauf erwiederte Fulvius: «Wenn es nicht allgemein bekannt wäre, daß Marcus Ämilius mit ihm im Misverhältniß lebe, oder wie leidenschaftlich und beinahe tyrannenmäßig ergrimmt jener diese Feindschaft ausübe, so müsse man es sich doch nicht gefallen lassen, daß ein abwesender Consul dem den Göttern darzubringenden Ehrendanke sich widersetze und einen verdienten und gebührenden Triumph verhindere, so daß ein Feldherr nach ausgezeichneten Thaten und ein siegreiches Heer mit seiner Beute und seinen Gefangenen vor den 7 Thoren stehen müsse, bis es dem gerade jetzt absichtlich zögernden Consul beliebig sei, sich nach Rom zurückzubegeben. Jetzt aber vollends, da seine Feindschaft mit dem Consul stadtkündig sei, wer da die mindeste Billigkeit von einem Manne erwarten könne, der die einem schwach besetzten Senate abgelistete Erklärung in der Urkundenkammer niedergelegt habe:
««Man halte die Wegnahme der Stadt Ambracia für keine Waffenthat:»»
zu deren Erstürmung gleichwohl ein Schanzwall und Annäherungshütten gewirkt hätten; wo die Belagerten die Werke verbrannt und von Grund auf neue Anlagen nöthig gemacht hätten; wo man über und unter der Erde funfzehn Tage lang mit den Mauern gekämpft habe; wo selbst dann, als der Soldat die Mauern schon erstiegen hatte, das Gefecht dennoch, von Anbruch des Tages bis in die Nacht, lange ohne Entscheidung angehalten habe; wo man über dreitausend Feinde niedergehauen habe. Wie armselig endlich die bei den Oberpriestern eingereichte Beschuldigung sei, daß er in der eroberten Stadt die Tempel der unsterblichen Götter geplündert habe. Wenn es Sünde gewesen sei, Rom mit den Prachtstücken von Syracus und andern eroberten Städten auszuschmücken, dann freilich möchte wohl gegen das einzige Ambracia das Kriegsrecht bei der Eroberung nicht gegolten haben. Er ersuche die versammelten Väter, er bitte den Tribun, einem so übermüthigen Feinde ihn nicht zum Spiele preis zu geben.»
5. Von allen Seiten wandte sich die ganze Versammlung, hier mit Fürbitten, dort mit Verweisen, an den Tribun. Am meisten wirkte auf ihn, was sein Amtsgenoß, Tiberius Gracchus, sagte: «Es gebe schon kein gutes Beispiel, wenn man von seinem Statsamte Gebrauch in eignen Feindschaften mache; daß sich aber ein Bürgertribun bei Feindschaften Anderer zum Anwalde hergebe, sei unanständig, sei für die Würde dieses Gesamtamtes und für die beschwornen Gesetze entehrend. Andern abgeneigt sein, oder sie lieben, ihre Thaten 8 billigen oder misbilligen, müsse Jeder nach eigner Ansicht; nicht aber von dem Blicke, von dem Winke eines Dritten abhängen, nicht von den Einwirkungen einer fremden Stimmung sich herumtreiben lassen, nicht als Bürgertribun einem zürnenden Consul beistimmig sein: eben so wenig, als dessen eingedenk sein, was ihm Marcus Ämilius unter vier Augen aufgetragen habe, und darüber sein vom Römischen Gesamtvolke ihm übertragenes Tribunat vergessen; vergessen, daß es ihm zum Schutze der Einzelnen, zur Erhaltung der Freiheit übertragen sei, nicht, ein consularisches Königthum zu verfechten. Der Mann sehe nicht einmal so viel, daß es einst der Geschichte, daß es der Nachwelt aufbehalten bleibe: Von zwei zugleich im Amte stehenden Bürgertribunen ließ der eine dem State zu Liebe seine persönliche Feindschaft fallen, der andre erhielt die eines Dritten, und zwar vermöge Auftrags, in Regung.» Als der Tribun, durch solche Zurechtweisungen gedemüthigt, den Tempel verlassen hatte, wurde auf Antrag des Prätors Servius Sulpicius dem Marcus Fulvius der Triumph zuerkannt. Seiner Danksagung an die versammelten Väter fügte dieser noch hinzu: «Er habe am Tage der Eroberung von Ambracia dem allmächtigen Jupiter Große Spiele verheißen. Hierzu hätten ihm die Städte hundert PfundEtwa 31,090 Gulden Conv. M. Gold zusammengebracht. Er bitte, dieses Gold von der Geldsumme abziehen zu lassen, die er, nach der Aufzeigung im Triumphe, in den Schatz liefern werde. » Der Senat ließ bei dem Gesamtamte der Oberpriester anfragen, ob es nothwendig sei, diese ganze Summe Goldes zu den Spielen zu verwenden. Als die Oberpriester erklärten, die Größe der auf die Spiele zu wendenden Kosten habe auf die Gottesverehrung keinen Bezug, so überließ es der Senat dem Fulvius, wie viel er aufwenden wolle, nur müsse er die Summe von achtzigtausendNur 2,500 Gulden Conv. M. Weil die Summe so klein ist, so vermuthet Duker entweder eine Unrichtigkeit im Texte, oder daß der Feldherr zur Bestreitung der weit größeren Kosten aus seinem Vermögen zugeschossen habe. Ass nicht 9 übersteigen. Er hatte im Monate Januar triumphiren wollen. Da er aber hörte, der Consul Marcus Ämilius sei nach Empfange eines Briefs vom Bürgertribun Aburius über die aufgegebene Einsage, schon selbst auf dem Wege nach Rom, um diesen Triumph zu hindern, und bloß eine Krankheit halte ihn unterweges auf; so setzte er, um bei dem Triumphe nicht des Kampfes noch mehr zu haben, als selbst im Kriege, den Tag des Triumphes früher an. Am dreiundzwanzigsten December triumphirte er über die Ätoler und über Cephallenia. Seinem Wagen wurden vorangetragen an Golde in Kränzen375,000 Gulden Conv. M. hundert und zwölf Pfund, dreiundachtzigtausend2,593,748 Gulden. Pfund Silber, zweihundert dreiundvierzig75,800 Gulden. Pfund Gold, hundert und achtzehntausend147,500 Gulden. Attische Vierdrachmenstücke, zwölftausend vierhundert zweiundzwanzig77,600 Gulden. Goldphilippe, zweihundert fünfundachtzig Standbilder aus Erz, von Marmor zweihundert dreißig, eine große Menge Waffen, Geschosse und andrer feindlicher Beute, kleineres und größeres Wurfgeschütz und Sturmgerüste aller Art; der Ätolischen und Cephallenischen oder vom Antiochus dort zurückgelassenen königlichen Feldherren an siebenundzwanzig. Noch an dem Tage seines Einzugs in die Stadt beschenkte er vorher in der Flaminischen Rennbahn die Römischen und Bundesgenossen-Obersten, die Ritter und Hauptleute der Römer und Bundesgenossen mit kriegerischen Ehrenzeichen. Von der Beute gab er jedem Soldaten zu seinem Antheile fünfundzwanzig4 Thaler 4 Ggr. Denare, dem Hauptmanne das Doppelte, dem Ritter das Dreifache.
6. Schon nahete die Zeit der consularischen Wahlversammlungen. Da nun der Consul Marcus Ämilius, 10 dem das Los dies Geschäft bestimmt hatte, nicht dazu eintreffen konnte, so kam Cajus Flaminius nach Rom. Unter seinem Vorsitze wurden Spurius Postumius Albinus, Quintus Marcius Philippus zu Consuln gewählt. Nachher zu Prätoren Titus Mänius, Publius Cornelius Sulla, Cajus Calpurnius Piso, Marcus Licinius Lucullus, Cajus Aurelius Scaurus, Lucius Quinctius Crispinus. Am Schlusse des Jahrs, als die Obrigkeiten schon gewählt waren, am fünften März, triumphirte Cneus Manlius Vulso über die in Asien wohnenden Gallier. Seine Absicht bei dem so späten Triumphe war, sich nicht noch während der Prätur des Quintus Terentius Culleo dem Petillischen Gesetze zufolge vor Gericht zu stellen, und in der Klagesache eines Dritten – sie war ja zur Verurtheilung des Lucius Scipio ausgefallen – ein Opfer der um sich greifenden Gerechtigkeit zu werden; da die Richter gegen ihn weit mehr erbittert waren, als gegen jenen, weil gerade er die von jenem strenge gehandhabte Zucht als Nachfolger durch gestattete Ausschweifungen aller Art vernichtet hatte. Auch gereichte ihm nicht sowohl das zum schlimmen Rufe, was in der Gegend des Krieges fern von den Augen der Richter vorgefallen sein sollte, als vielmehr, was täglich an seinen Soldaten auffiel. Denn die ersten Reize der ausländischen Üppigkeit hielten in Rom mit diesem Asiatischen Heere ihren Einzug. Dies Heer brachte zuerst die Tafelsessel mit ehernen Füßen, die kostbaren Zeugdecken, die Vorhänge und andres Kunstgewebe nach Rom, und die damaligen Prachtstücke des Hausraths, die Rundtische mit Einem Fuße und die Trinktischchen. Nun erhöhete man die Freuden des Mahles durch Sängerinnen, Harfnerinnen und durch die während der Tafel belustigenden Kunstspieler; auch das Mahl selbst wurde mit größerer Sorgfalt, mit größerem Aufwande ausgerichtet: nun erhielt der Koch, bei den Alten im Preise und im Gebrauche der schlechteste Sklav, einen Werth, und was Knechtsgeschäft gewesen war, galt nun als Kunst. Und doch war Alles das, was damals auffiel, im Verhältnisse zu der Üppigkeit; welche noch kommen sollte, kaum der Keim.
11 7. Die in seinem Triumphe vom Cneus Manlius eingeführten Summen betrugen an goldenen Kränzen zweihundert und (a) zwölf Pfund, an Silber zweihundert und (b) zwanzigtausend Pfund, an Golde zweitausend einhundert (c) und drei Pfund, an Attischen Vierdrachmenstücken (d) hundert siebenundzwanzigtausend, an Kistegulden (e) zweihundert und funfzigtausend, an Goldphilippen (f) sechzehntausend dreihundert und zwanzig. Gallische Waffen und Beute in Menge fuhren auf zweirädrigen Kriegswagen vorüber. Dem Siegswagen voran gingen zweiundfunfzig feindliche Anführer. Jedem Soldaten gab er zum Antheile an der Beute zweiundvierzig (g) Denare; dem Hauptmanne das Doppelte; auch gab er Jedem im Fußvolke eine doppelte Löhnung, dem Ritter die dreifache. Dem Wagen folgten viele mit kriegerischen Ehrenzeichen Beschenkte von allen Graden. Auch sangen die Soldaten auf den Feldherrn solche Lieder, daß man wohl sehen konnte, sie galten einem nachsichtigen und um Gunst buhlenden Befehlshaber, und der Triumph zeichne sich mehr durch den Beifall der Soldaten, als des Volkes aus. Doch dem Manlius auch die Volksliebe zu erwerben, waren seine Freunde wirksam genug. Auf ihren Betrieb wurde der Senatsschluß abgefaßt: «Von dem Gelde, das in diesem Triumphe eingebracht sei, sollten die der Kammer vom Volke gemachten Beisteuern, die sie bisher noch nicht zurückgezahlt habe, bezahlt werden.» Mit treuer Pünktlichkeit zahlten die Schatzmeister der Stadt auf jede tausend (h) Kupferass fünfundzwanzig und einen halben (i) Ass alscum fide et cura solverunt]. – Ich folge in dieser schwierigen Stelle Creviers Erklärung, nach welcher die 25½ Ass die Zinsen von den dem State geliehenen Beiträgen sein sollen, die noch außer dem Capitale abgetragen wären. Die übrigen in diesem Cap. angegebenen Summen betragen ungefähr: a) 750,000 Gulden Conv. M., b) 6,875,000 Gulden, c) 657,310 Gulden, d) 283,748 Gulden, e) 41,460 Gulden, f) 101,800 Gulden, g) 7 Thaler, h) 20 Thaler, i) 12 Ggr.; daß also die Römische Kammer drittehalb Procent an Zinsen gab. Zinsen. Um diese Zeit kamen aus den beiden Spanien zwei Obersten mit Briefen vom Cajus Atinius und Lucius Manlius; welche auf jenen Posten standen. Aus 12 diesen Briefen ersah man, daß die Celtiberer und Lusitaner in den Waffen waren und auf dem Gebiete Römischer Bundsgenossen plünderten. Die ganze Berathschlagung hierüber verschob der Senat auf die neuen Obrigkeiten. Bei der diesjährigen Feier der Römischen Spiele, welche Publius Cornelius Cethegus und Aulus Postumius Albinus anstellten, schlug auf der Rennbahn ein zu schwach befestigter Stützpfahl auf das Standbild der Pollentia nieder und warf es herab. Voll frommer Bedenklichkeit hierüber verordneten die Väter, der Feierlichkeit der Spiele Einen Tag zuzugeben, und statt des Einen Standbildes zwei aufzustellen, und das neue vergolden zu lassen. Auch die Bürgerspiele wurden von den Ädilen Cajus Sempronius Bläsus und Marcus Furius Luscus einen Tag lang gefeiert.
8. Das folgende Jahr gab den Consuln Spurius Postumius Albinus und Quintus Marcius Philippus statt der Sorge für das Heer, für Kriege und Heeresposten, eine Rotte im Innern zu dämpfen. Die Prätoren erhielten vom Lose ihre Standplätze; Titus Mänius die Rechtspflege in der Stadt, Marcus Licinius Lucullus die über Bürger und Fremde, Cajus Aurelius Scaurus Sardinien, Publius Cornelius Sulla Sicilien, Lucius Quinctius Crispinus das diesseitige Spanien, Cajus Calpurnius Piso das jenseitige. Beiden Consuln wurde die Untersuchung der geheimen Zusammenrottungen aufgetragen.
Ein gemeiner Grieche kam zuerst nach Hetrurien, ohne irgend eine von jenen Geschicklichkeiten zu besitzen, deren das unterrichtetste aller Völker so manche zur Bildung des Geistes und des Körpers bei uns eingeführt hat; ein bloßer Opferpriester und Wahrsager; und zwar kein solcher, der durch unversteckte Ausübung gottesdienstlicher Gebräuche, bei offener Angabe seines Erwerbes und seiner Lehre, in den Gemüthern ein heiliges Grauen zu wecken suchte, sondern er leitete einen geheimen und nächtlichen Gottesdienst. Die Geheimnisse der Weihe wurden zuerst nur Wenigen mitgetheilt, dann wurden sie mehr allgemein, unter Männern und Weibern. Um 13 Mehrere anzulocken, wurden die Reize des Weins und des Mahles mit dem Gottesdienste in Verbindung gesetzt. Wenn der Wein die Besinnung, wenn die Nacht und das Gemisch aus Männern und Weibern, des zarteren Alters mit Bejahrteren jede schamhafte Entfernung vernichtet hatte, so führte dies zuerst zu Sünden der Unzucht aller Art, da sich Jeder den Genuß dessen, wozu er sich am stärksten gelüstet fühlte, geboten sah: allein die Entehrungen des eignen und des andern Geschlechts an freigebornen Knaben und Weibern blieben nicht die einzige Art der Verbrechen, sondern falsche Zeugnisse, falsche Siegel, Testamente und Anklagen gingen aus derselben Werkstatt hervor. Eben daraus Vergiftungen und Familienmorde, bei welchen zuweilen nicht einmal die Leichname zum Begräbnisse aufzufinden waren. Vieles unternahm hier die List, das meiste die Gewalt: und die Gewaltthat blieb unter der Hülle; weil man vor vielfachem Geheule, vor dem Getöse der Pauken und Schallbecken bei allen Schändungen und Mordthaten kein Hülferufen hören konnte.
9. Dies verderbliche Übel zog sich, wie eine ansteckende Seuche, aus Hetrurien nach Rom. Zuerst gab ihm die Größe der Stadt, für solche Übel geräumiger und empfänglicher, eine Verborgenheit. Endlich fand eine Anzeige ihren Weg zum Consul Postumius, etwa auf folgende Art.
Publius Äbutius war von seinem Vater, der in seinen Felddiensten ein Pferd vom State gehabt hatte, unmündig hinterlassen, und dann nach dem Absterben seiner Vormünder unter der Aufsicht seiner Mutter Duronia und seines Stiefvaters Titus Sempronius Rutilus erzogen. Die Mutter hing ganz an ihrem Manne, und der Stiefvater wünschte, weil er die Aufsicht so geführt hatte, daß er keine Rechnung ablegen konnte, seinen Zögling entweder aus dem Wege zu räumen, oder ihn durch irgend eine Fessel von sich abhängig zu machen. Der sicherste Weg, ihn zu Grunde zu richten, waren die Bacchanalien. Die Mutter nahm den Jüngling vor. «Sie habe für ihn in seiner Krankheit das Gelübde gethan, ihm nach seiner 14 Genesung von den Bacchantinnen die Weihe geben zu lassen. Da sie nun durch die Gnade der Götter ihres Wunsches gewährt sei, so wolle sie sich ihres Gelübdes entledigen. Er müsse eine zehntägige Keuschheit beobachten: am zehnten Tage wolle sie ihn, wenn er sich nach dem Abendessen durch ein Bad gereinigt habe, in das Heiligthum einführen.» Eine bekannte Lustdirne, die Freigelassene Fecenia Hispala, eines anständigeren Erwerbes würdig, als der, an den sie als junge Sklavinn gewöhnt war, nährte sich auch noch nach ihrer Freilassung auf gleiche Art. Die Nachbarschaft hatte auch zwischen ihr und dem Äbutius einen Umgang gestiftet, der aber für das Vermögen und den guten Ruf des Jünglings nicht im mindesten nachtheilig war. Denn der zuerst Geliebte, der Angelockte, war er; und da ihm die Seinigen Alles sehr kärglich gaben, so lebte er von der Freigebigkeit seines Lustmädchens. Ja von seinem Umgange bezaubert war sie so weit gegangen, daß sie sich, weil sie nach ihres Freigebers Tode in Niemands Gewalt stand, von den Tribunen und dem Prätor einen Pfleger erbat, und bei Niederlegung ihres Testaments den Äbutius zu ihrem alleinigen Erben einsetzte.
10. Da sie solche Beweise von Liebe und Beide kein Geheimniß vor einander hatten, sagte ihr einst der Jüngling scherzend, «sie müsse sich nicht wundern, wenn er sich auf mehrere Nächte von ihr bette. Aus einer frommen Rücksicht, um sich eines für seine Genesung gethanen Gelübdes zu entledigen, wolle er sich bei den Bacchantinnen die Weihe geben lassen.» Kaum hörte dies das Mädchen, als sie voll Bestürzung ausrief: «Bewahre Gott! Ihr und ihm,» sagte sie, «sei Sterben besser, als wenn er sich darauf einließe, und sie wünsche alle dadurch herbeigeführten Schrecknisse und Gefahren Denen auf den Kopf, die ihm dazu gerathen hätten.» Der Jüngling sowohl über diese Worte, als über ihre so große Bestürzung sich verwundernd, hieß sie der Verwünschungen sich entsehen. «Seine Mutter sei es, die ihm dies, mit Zustimmung des Stiefvaters zur Pflicht gemacht habe.»15 «So ist denn dein Stiefvater,» sprach sie, – «denn eine Mutter dessen zu beschuldigen, möchte Sünde sein – darüber aus, deine Sittsamkeit, deine Ehre, Hoffnung und Leben durch diesen Schritt zu Grunde zu richten.» Bei seinem um so mehr wachsenden Staunen, und auf seine Frage, was sie damit sagen wolle, bat sie alle Götter und Göttinnen um Schonung und Verzeihung, wenn sie, von der Liebe zu ihm gezwungen, aussagte, was sie verschweigen sollte, und erzählte: «Als Sklavinn habe sie, ihre Hausfrau zu begleiten, dies Heiligthum besucht: so lange sie frei sei, habe sie es nie betreten. Sie wisse, es sei die Werkstatt aller möglichen Verführungen, und gewiß seit zwei Jahren niemand dort eingeweiht, der über zwanzig Jahre alt sei. So wie jemand eingeführt sei, werde er den Priestern als Schlachtopfer übergeben. Diese führten ihn an einen Ort, welchen vielfaches Geheul, ein Zusammenklang von Flöten, und Becken- und Paukenschlag rund umtöne, damit man sein Hülferufen, wenn er gewaltsam geschändet werde, nicht hören könne.» Dann bat und beschwur sie ihn, die Sache auf alle mögliche Art rückgängig zu machen, und sich ja nicht dahinein zu stürzen, wo er alle Schande erst leiden und dann selbst ausüben müsse. Sie ließ den Jüngling nicht eher von sich, bis er ihr sein Wort gab, diese Weihe nicht an sich kommen zu lassen.
11. Als er zu Hause kam und die Mutter in Erinnerung brachte, was er heute, was er die folgenden Tage nach einander in Bezug auf die Weihe zu thun habe, so erklärte er, er werde von dem Allen nichts thun, und sei auch nicht gewillet, sich einweihen zu lassen. Bei diesem Gespräche war der Stiefvater gegenwärtig. Sogleich schrie die Mutter auf: «Er könne sich die Bettgesellschaft der Hispala nicht auf zehn Tage versagen. Bezaubert von den Verlockungen, von dem Gifte dieser Hyder, habe er für Mutter, für Pflegevater, für Götter keine Achtung mehr.» Unter Vorwürfen, hier von der Mutter, dort vom Stiefvater, wurde er, mit vier Sklaven ausgestattetcum quatuor eum servis]. – Ich finde dies allenthalben so übersetzt, als hätten die Ältern ihre vier Sklaven dazu gebraucht, den Sohn aus dem Hause zu werfen. Ich leugne nicht, daß dies der Sinn sein kann, glaube aber, Livius würde dann gesagt haben: servorum ope, auxilio, oder: servis convocatis, servis adiuvantibus, oder etwas Ähnliches. So wie die Worte dastehen, cum quatuor eum servis eiecerunt, glaube ich den Sinn zu finden, den ich auszudrücken gesucht habe. Die angegebene Zahl war sonst unnöthig. Ferner, seinem Stande nach ein Ritter, mußte er einige Bedienung behalten. Und endlich scheint es, sie wollten, da sie sein väterliches Vermögen vergeudet hatten, sich den Schein einer Auseinandersetzung geben, sich gleichsam mit ihm abgefunden haben, wenn sie ihm einen Theil der Sklaven mitgaben, die er entweder mit zu der Äbutia nehmen, oder durch deren Verkauf er sich gleich eine Summe Geldes verschaffen konnte. Dies sollte den Schein eines ihm herausgegebenen Erbtheils haben. zum Hause 16 hinausgetrieben. Der Jüngling begab sich nun zur Äbutia, seines Vaters Schwester, und erzählte ihr, warum ihn seine Mutter ausgestoßen habe. Auf ihr Anrathen meldete er die Sache am folgenden Tage dem Consul Postumius unter vier Augen. Der Consul entließ ihn mit dem Befehle, nach drei Tagen wieder zu ihm zu kommen; erkundigte sich aber selbst bei seiner Schwiegermutter Sulpicia, einer ehrwürdigen Frau, ob ihr eine gewisse bejahrte Äbutia vom Aventinus bekannt sei. Auf ihre Antwort, sie kenne sie als eine rechtliche Frau noch von altväterlicher Sitte, sagte er, es liege ihm daran, sie zu sprechen, sie möge ihr sagen lassen, daß sie kommen solle. Die geforderte Äbutia stellte sich bei der Sulpicia ein: und bald nachher brachte der Consul, welcher zufällig dazuzukommen schien, das Gespräch auf den Äbutius, ihres Bruders Sohn. Da brach die Frau in Thränen aus, und ließ sich auf Klagen über das Schicksal des Jünglings ein, welcher gerade von denen um sein Vermögen gebracht, die es am wenigsten thun müßten, sich jetzt bei ihr aufhalte, da ihn seine Mutter verstoßen habe, weil der zu gut gesinnte junge Mensch in einen – Gott möge es ihr verzeihen! – der Sage nach schandbaren Gottesdienst sich nicht einweihen lassen wolle.
12. Als der Consul genug herausgebracht zu haben glaubte, um die Aussage des Äbutius nicht unwahr zu finden, bat er, nach Entlassung der Äbutia, seine Schwiegermutter, auch die Freigelassene Hispala, welche 17 ebenfalls auf dem Aventinus wohne und dort der Nachbarschaft nicht unbekannt sei, zu sich rufen zu lassen: er habe auch diese um eins und das andre zu befragen. Hispala, schon über diese Einladung in Schrecken, weil sie ohne zu wissen, warum, zu einer so vornehmen und ehrwürdigen Frau gerufen wurde, erblickte kaum im Vorhause die Beilträger, das consularische Gefolge und den Consul selbst, als sie beinahe in Ohnmacht sank. Der Consul rief sie mit Zuziehung seiner Schwiegermutter in eins der innern Zimmer und sagte: «Wenn sie sich dazu verstehen könne, die Wahrheit zu sagen, so habe sie nicht nöthig, verlegen zu sein. Dies könne sie entweder der Sulpicia, einer Frau von solcher Bedeutung, oder ihm selbst aufs Wort glauben. Sie möge ihm aus einander setzen, wie es im Haine der Simila an den Bacchanalien bei dem nächtlichen Gottesdienste herzugehen pflege.» Auf diese Worte wurde das Mädchen von einem solchen Schrecken und Zittern in allen Gliedern befallen, daß sie lange nicht lauten konnte. Endlich kam sie zu sich selbst und sagte: «Als eine noch ganz junge Sklavinn habe sie mit ihrer Hausfrau die Weihe bekommen: seit mehreren Jahren aber, so lange sie Freigelaßne sei, wisse sie von Allem, was dort vorgehe, nichts.» Schon selbst das lobte der Consul, daß sie, die Weihe empfangen zu haben, nicht leugne. «Sie möge nun auch das Übrige eben so ehrlich angeben.» Als sie versicherte, sie wisse nichts weiter, sagte er: «Sie werde weder dieselbe Verzeihung, noch denselben Dank zu erwarten haben, wenn sie von einem Dritten überführt würde, als wenn sie von selbst gestände. Ihm sei schon Alles von jemand aus einander gesetzt, der es von ihr selbst gehört habe.»
13. Sie, in der sichern Voraussetzung der Wahrheit, daß Äbutius ihr Geheimniß verrathen habe, fiel der Sulpicia zu Füßen und legte sich zuerst bei ihr aufs Bitten: «Sie möchte doch das Gespräch eines freigelassenen Mädchens mit ihrem Liebhaber nicht zu einer ernsthaften, ja sogar zur Halssache werden lassen. Sie habe das gesagt, 18 bloß um ihn abzuschrecken; nicht, als ob sie selbst das Mindeste wisse.» Da sprach Postumius voll Unwillen: «Sie glaube gewiß, auch jetzt ihren Liebhaber Äbutius zum Besten zu haben, nicht aber im Hause dieser so ehrwürdigen Frau mit einem Consul zu reden.» Und Sulpicia, welche die Betäubte vom Boden aufhob, sprach zugleich ihr zu und suchte zugleich ihren Schwiegersohn zu besänftigen. Endlich faßte sie sich, klagte bitter über die Treulosigkeit des Äbutius, der ihr gerade dies so große Verdienst um ihn so schlecht vergelte, und sagte: «Sie habe große Furcht vor den Göttern, deren geheime Weihe sie jetzt enthüllen solle, aber noch weit größere vor den Menschen, welche sie als die Verrätherinn mit eignen Händen zerreißen würden. Deswegen bitte sie die Sulpicia, bitte den Consul um dies Einzige, sie außerhalb Italien irgend wohin bringen zu lassen, wo sie ihre noch übrigen Tage in Sicherheit verleben könne.» Der Consul hieß sie gutes Muthes sein, und sagte, er werde schon dafür sorgen, daß sie sicher in Rom wohnen bleibe. Nun gab Hispala Auskunft, wie dieser Gottesdienst aufgekommen sei. «Das Heiligthum sei anfänglich nur für Frauenzimmer bestimmt gewesen und der Regel nach keine Mannsperson zugelassen. Nur drei Tage im Jahre hätten sie gehabt, an welchen sie die Aufzunehmenden den Bacchantinnen bei Tage geweiht hätten. Zu Priesterinnen habe man regelmäßig die Hausfrauen von Stande eine nach der andern gewählt. Paculla Annia, eine Campanerinn, habe als Priesterinn gleichsam auf Anforderung der Götter Alles abgeändert. Sie habe in ihren Söhnen, den beiden Cerriniern, Minius und Herennius, zum ersten Male Männer eingeweiht; sie habe aus dem Gottesdienste bei Tage einen nächtlichen, aus den drei Weihetagen im Jahre fünf für jeden Monat gemacht. Seitdem die Theilnahme an der Feier frei gegeben, die Zirkel aus Männern und Weibern gemischt gewesen und die nächtliche Ungebundenheit dazu gekommen sei, sei hier kein Frevel, keine Schandthat unausgeübt geblieben. Die Männer begingen mehr Unzucht 19 unter sich, als mit Weibern. Litten Einige die Entehrung nicht willig genug, oder wären sie zu bedenklich, sie an Andern zu üben, so würden sie als Schlachtvieh geopfert. Nichts für Sünde halten, sei ihr heiligstes Glaubensgesetz. Die Männer sprächen, wie wahnsinnig, unter schwärmerischen Verzuckungen des Körpers, Weissagungen: die Weiber liefen in Bacchantinnentracht, mit fliegendem Hare und brennenden Fackeln an die Tiber, tauchten ihre Fackeln ins Wasser und zögen sie, weil sie mit gediegenem Schwefel und Kalk überzogen wären, in voller Flamme wieder heraus. Es heiße:» ««Die Götter haben sie von uns entrückt!»» «wenn man Menschen, an eine Winde gebunden und in verborgene Höhlen fortgerissen, verschwinden lasse. Das wären aber solche, die dem Eide nicht hätten beitreten, an den Freveln keinen Theil nehmen, oder sich der Entehrung nicht hätten hingeben wollen. Die Gesellschaft sei von bedeutender Größe, fast schon ein zweites Volk; und darunter mehrere Männer und Frauen von Stande! Seit den letzten zwei Jahren habe man festgesetzt, niemand einzuweihen, der über zwanzig Jahre sei. Man mache die Plane auf jene Jahre, die sich den Verirrungen, die sich der Entehrung williger überließen.»
14. Als sie mit der Aussage fertig war, fiel sie wieder auf die Knie und erneuerte die Bitte, der Consul möge sie fortschicken. Der Consul ersuchte seine Schwiegermutter, einen Theil ihres Hauses zu räumen, daß Hispala bei ihr einziehen könne. Zu dem Speisezimmer oben auf der Platte, welches ihr eingeräumt wurde, mußte die auf die Gasse führende Treppenthür verriegelt werden, so daß der Zugang in das Innere des Hauses führte. Sogleich wurden alle Sachen der Fecenia in das Haus geschafft und ihr Gesinde nachgeholt. Auch Äbutius mußte bei einem von des Consuls Schützlingen einziehen. Als sich so Postumius beider Aussager versichert hatte, brachte er die Sache vor den Senat, dem er Alles, was gleich anfangs bei ihm angezeigt war, so wie, was er selbst durch weitere Untersuchung erfahren hatte, der Reihe nach 20 vorlegte. Die Väter wurden von großem Schrecken befallen, theils aus Besorgniß für den Stat, für welchen diese Zusammenrottungen und nächtlichen Zirkel ein geheimes Bubenstück oder Gefahr herbeiführen konnten, theils Jeder aus eigner Rücksicht auf die Verhältnisse der Seinigen, ob sich nicht einer darunter auf dies Verbrechen eingelassen habe. Der Senat erkannte auf eine Danksagung an den Consul, weil er der Sache mit einer so seltenen Umsicht und ohne alles Geräusch auf die Spur gegangen sei. Dann trug er beiden Consuln außerordentlich die Untersuchung über die Bacchanalien und nächtlichen Gottesdienste auf; hieß sie dafür sorgen, daß den Aussagern, dem Äbutius und der Fecenia, hieraus kein Nachtheil erwachse, und durch Belohnungen noch Mehrere zur Aussage auffordern. Die Priester dieses Gottesdienstes, möchten sie Männer oder Weiber sein, sollten nicht bloß in Rom, sondern in allen Marktflecken und Gerichtsorten aufgesucht werden, damit die Consuln sie in ihrer Gewalt hätten. Ferner sollten in Rom und durch ganz Italien die Befehle ergehen, «daß niemand, wer bei den Bacchantinnen eingeweihet sei, sich zu diesem Gottesdienste einfinden oder mit Andern vereinigen, noch auf irgend eine Ausübung eines solchen Gottesdienstes einlassen solle.» Vor allen Dingen sollte eine Untersuchung mit denen vorgenommen werden, welche sich zusammengethan oder eidlich verbunden hätten, an Andern Unzucht oder Schandthat auszuüben. Dies waren die Ausfertigungen des Senats. Nun befahlen die Consuln den Curulädilen, alle Priester dieses Gottesdienstes aufsuchen zu lassen und die Eingezogenen zum Verhöre in Haft zu behalten, wo sie es für gut fänden; den Bürgerädilen aber, dahinzusehen, daß kein Gottesdienst in geheimen Winkeln gehalten werde. Den Dreimännern der peinlichen Gerichtspflege wurde aufgetragen, Wachen in der Stadt zu vertheilen, und darauf zu achten, daß keine nächtlichen Zusammenrottungen entständen; und zur Verhütung von Feuersbrünsten sollten mit den Dreimännern andre Fünfmänner als Gehülfenuti cis Tiberim.] – Wäre diese Lesart richtig, so sieht man nicht ein, warum die Polizei nicht auch für die jenseit der Tiber wohnenden Bürger sorgt. Gern folge ich also Creviers Vorschlage, uti in uls zu verwandeln. Nur würde ich das zwischen uls und cis von ihm eingeschobene et nicht auch aufnehmen, weil davon in den Msc. sich keine Spur findet. Uls cis kann ja eben so gut ohne et beisammen stehen, wie ultro citro, clam palam, hinc illinc, sursum deorsum und andere. Hier noch so viel eher, da Livius die Formel anzudeuten scheint. Und Livius läßt auch in andern Verbindungen das et ausfallen. Hi ferre, agere plebem (3, 37.) und foro, circo, urbe prohiberent (39, 16.) 21 jenseit und diesseit der Tiber jeder über die Gebäude seines Sprengels die Aufsicht haben.
15. Als die Consuln die Unterobrigkeiten zu diesen Ausrichtungen entlassen hatten, bestiegen sie die Rednerbühne, beriefen eine Versammlung; Postumiusconsul ita coepit]. – Aus den vorigen Cap. läßt sich vermuthen, daß dieser Consul – Postumius gewesen sei. Daß aber sein Name hier fehlt, daß die Verbindung so sonderbar ist: Consules in rostra escenderunt – et – consul ita coepit, daß eben dadurch der Leser ungewiß werden muß, welcher von beiden Consuln der Redner war, ist vermuthlich nicht die Schuld des Livius. Die Handschrift Lovel 3. (bei Drakenb.) lieset consul tum coepit. Der Abschreiber fand in der Urschrift cos.tum. Dieses costum ist, wenn ich nicht irre, noch das Überbleibsel des falsch gelesenen Wortes postumius. verrichtete das Gebet nach der feierlichen Formel, welche die Obrigkeiten ihren Anreden an das Volk gewöhnlich voraufgehen lassen und begann darauf so:
«Bei keiner Versammlung, ihr Quiriten, war diese Anrufung der Götter, nicht allein so schicklich, sondern auch so nothwendig, weil sie euch zu Gemüthe führte, «daß dies die Götter sind, welchen ihr nach der Anordnung eurer Vorfahren zu dienen, sie zu verehren und anzubeten habt; nicht aber jene, welche die von verderblichem und fremdem Aberglauben bezauberten Sinne, wie unter Furienschlägen, allen Frevelthaten, allen Lüsten nachjagen lassen. Ich für meine Person weiß weder, wie viel ich verschweigen, noch wie weit ich mich auslassen soll. Verhehle ich euch einen Theil, so möchte ich euch zur Sorglosigkeit verleiten: decke ich Alles auf, so fürchte ich, euch zu sehr mit Schrecken zu erfüllen. Was ich aber auch sagen werde, so müßt ihr doch wissen, daß ich im Verhältnisse der Abscheulichkeit und Größe des Übels noch zu wenig gesagt habe. Euch 22 wenigstens so weit zu belehren, daß ihr euch dagegen verwahren könnt, dies soll jetzt mein Bestreben sein.»
«Daß es schon längst in ganz Italien und jetzt auch in der Stadt an vielen Orten Bacchanalien giebt, ist euch gewiß nicht bloß durch die Sage, sondern auch durch das nächtliche Beckengeklapper und Geheul, das allenthalben in der Stadt ertönt, bekannt geworden; nicht aber, was die Sache zu bedeuten habe. Einige von euch glauben etwa, es sei eine Art von Gottesdienst; Andre es sei eine erlaubte Posse und Belustigung, und die ganze Sache, möge sie bestehen, worin sie wolle, gehe doch nur Wenige an. Wenn ich euch also in Rücksicht auf ihre Menge erkläre, daß es viele tausend Menschen sind, so müßte euch auf der Stelle ein Schrecken überfallen, wenn ich nicht zugleich angäbe, wer und von was für Art sie sind. Erstlich also besteht ein großer Theil aus Weibern, und von ihnen schreibt sich eigentlich das Übel her; dann aus Mannspersonen, die nicht besser als Weiber sind, Geschändete und Schänder, Schwärmer, Nachtwacher, vom Weine, vom nächtlichen Getöse und Geheule sinnlos. Noch hat die Rotte keine Stärke, aber sie geht mit großen Schritten einer Stärke entgegen, weil ihrer täglich Mehrere werden. Eure Vorfahren haben, so wie ihr, sich es nie gestattet, auf den ersten besten Anlaß sich zusammenzuthun; nur dann kamen sie, wenn entweder nach Aussteckung der Fahne auf der Burg das Heer zu den Wahlversammlungen ausrückte, oder die Tribunen bei dem Bürgerstande eine Zusammenkunft bestellten, oder wenn jemand von der Obrigkeit eine Volksversammlung berief; und allenthalben, wo die Menge sich einfand, hielten sie auch einen gesetzmäßigen Aufseher der Menge für nothwendig. Was meint ihr nun, von was für Art sind einmal diese nächtlichen, und dann diese aus Weibern und Männern gemischten Zusammenströmungen? Wenn ihr erfahret, in welchem Alter dort die Mannspersonen eingeweihet werden, so werdet ihr sie nicht bloß bemitleiden, sondern auch ihrer euch schämen. Quiriten, möchtet ihr Jünglinge, die solch 23 ein Schwur geweihet hatte, zu Soldaten machen? möchtet ihr diesen aus dem Tempel der Schandthat Genommenen die Waffen anvertrauen? diese mit Sünden eigener und fremder Unzucht Belasteten sollten das Schwert für die Keuschheit eurer Weiber und Kinder ziehen?»