Titus Livius
Römische Geschichte
Titus Livius

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33. Ungefähr um diese Zeit lief bei dem Consul, als er die Gebiete von Änos und MaroneaAeniorum Maronitarumque]. – Die Römer kamen eher nach Maronea, als nach Änos. Sollten vielleicht die Abschreiber, was ihnen bei Namen so oft begegnet, die Worte Maronitarum Aeniorumque versetzt haben? Oder ist das que hier emphatisch so viel, als et – quoque, und es hieße dann: das Gebiet von Änos und folglich auch Maronea? zurückgelegt hatte, die Nachricht ein, die königliche Flotte sei bei Myonnesus geschlagen und Lysimachien von seiner Besatzung geräumt. Letzteres freute die Römer noch weit mehr, als der Seesieg; vollends als sie hinkamen, und eine Stadt sie aufnahm, die mit Vorräthen aller Art, als wären sie zur Ankunft des Heeres angeschafft, gestopft war, wo sie sich schon auf die höchste Noth und Anstrengung bei Belagerung der Stadt gefaßt gemacht hatten. Hier hatten sie einige Tage ihr Standlager, damit das Gepäck und die Kranken nachkommen möchten; da sie allenthalben in den kleinen Festungen Thraciens Kranke und vom langen Wege Ermüdete zurückgelassen hatten. Nachdem sie alle an sich gezogen hatten, machten sie sich wieder auf den Weg durch den Chersones, und kamen an den Hellespont, wo sie, weil König Eumenes Alles zum Übergange sorgfältig veranstaltet hatte, als wie auf Freundes Küsten, von niemand gehindert, und so, daß einige Schiffe hier, andre dort anfuhren, ohne die mindeste Unordnung übersetzten. Dies gab den Römern noch mehr Muth, da sie sahen, daß ihnen der Übergang nach Asien, bei dem sie sich eines harten Kampfes versehen hatten, nicht einmal gewehret wurde. Darauf hatten sie am Hellesponte eine Zeitlang ihr Standlager, weil gerade jetzt die für einen 458 zu unternehmenden Marsch bedenklichen Tage einfielen, in welchen die Ancilien umgetragen werden. Eben diese Feiertage, die den Publius Scipio, weil er Salischer Priester war, noch näher angingen, hatten ihn auch vom Heere getrennt gehalten, und bis er nachkommen konnte, gab schon sein persönliches Ausbleiben zu diesem längeren Aufenthalte die Veranlassung.

34. Gerade in diesen Tagen war als Gesandter vom Antiochus der Byzantiner Heraclides mit Anträgen zum Frieden in das Lager gekommen. Daß dieser zu erlangen stehe, machte ihm das Säumen und Zögern der Römer sehr wahrscheinlich; da er geglaubt hatte, so wie sie Asien beträten, würden sie gleich in fortstürzendem Zuge dem königlichen Lager zueilen. Doch nahm er sich vor, zum Consul nicht eher zu gehen, als zum Publius Scipio; auch hatte ihm dies der König befohlen. Auf diesen setzte er die größte Hoffnung; außerdem, daß seine Seelengröße und Sättigung an Ruhm ihm vor allen Andern eine Stimmung zur Versöhnlichkeit gab, und es den Nationen kund war, wie er sich als Sieger in Spanien und in Africa benommen hatte; auch deswegen, weil sein Sohn als Gefangener in des Königs Gewalt war. Wo und wann und durch welchen Unfall er Gefangener wurde, darüber sind die Schriftsteller, wie über so manches Andre, nicht ganz einig. Die Einen sagen, er sei im Anfange des Krieges auf der Fahrt von Chalcis nach Oreum von königlichen Schiffen umringt: die Andern: nach dem Übergange auf Asien sei er mit einem Geschwader Fregellanischer Reuterei gegen das königliche Lager auf Kundschaft ausgeschickt, sei auf dem Rückzuge, weil ein Schwarm königlicher Reuterei auf ihn heraussprengte, mit dem Pferde gestürzt, mit noch zwei Rittern übermannet und so vor den König gebracht. Darin aber sind Alle eins, daß er, selbst wenn der Friede mit Rom Bestand gehabt, und der König mit den Scipionen in einer engeren gastlichen Verbindung gestanden hätte, nicht anständiger, nicht gütiger habe behandelt und gehalten werden können, als er wirklich gehalten wurde. Da also der Gesandte aus diesen Gründen die 459 Ankunft des Publius Scipio abgewartet hatte, so begab er sich, als dieser ankam, zum Consul, und erbat sich für seine Anträge Gehör.

35. Nach Berufung eines zahlreichen Kriegsraths wurde dem Gesandten Gehör ertheilt. Er sagte: «Gerade aus dem Umstande, daß von den vielen des Friedens wegen schon früher vergebens hin und her gegangenen Gesandschaften alle diese früheren Gesandten nie etwas erlangt hätten, verspreche er sich, diesmal etwas auszurichten. Denn immer sei Smyrna, Lampsacus, Alexandria, Troas, und in Europa Lysimachien der Vorwurf jener Unterhandlungen gewesen. Von diesen Städten habe der König Lysimachien schon geräumt, so daß sie nicht sagen könnten, er habe Besitzungen in Europa: er sei bereit, jene in Asien liegenden Städte herauszugeben, und auch noch die, welche die Römer etwa, weil sie es mit ihnen gehalten hätten, von der königlichen Oberherrschaft befreit zu sehen wünschten. Auch wolle der König dem Römischen Volke die Hälfte der Kriegskosten abtragen.» Dies waren die Friedensbedingungen. Der übrige Inhalt seiner Rede war: «Sie möchten, des Wechsels in menschlichen Dingen eingedenk, in ihrer Lage sich mäßigen und Andre in der ihrigen nicht bedrängen. Sie möchten ihre Herrschaft auf Europa begränzen. Auch dann sei sie schon unermeßlich. Sie hätten sich bei dem Erwerbe leichter in den Besitz des Einzelnen setzen können, als sie das Ganze zusammenhalten könnten. Wenn sie jetzt auch von Asien ein Stück abreißen wollten, so werde der König, wofern sie nur die Gränzen nicht unbestimmt ließen, dem Frieden und der Eintracht zu Liebe, seine eigene Enthaltsamkeit gegen die Römische Erwerbsucht die nachgebende sein lassen.»

Alles, was der Gesandte zur Erlangung des Friedens als Wichtigkeiten angesehen hatte, erschien den Römern als Kleinigkeit. Sie meinten: «Der König müsse die auf einen Krieg verwandten Kosten, an dessen Ausbruche er schuld sei, ganz tragen: ferner, nicht bloß aus Ionien und Äolis müßten die königlichen Besatzungen abgeführt 460 werden, sondern so wie Griechenland insgesamt frei gemacht sei, so müßten auch die Städte, die zu Kleinasien gehörten, insgesamt frei werden. Dies könne nicht anders möglich werden, als wenn Antiochus seinen ganzen Antheil an Kleinasien diesseit des Gebirges Taurus abträte.»

36. Al8 der Gesandte glaubte, er werde in einem Kriegsrathe nie annehmliche Bedingungen erhalten, so versuchte er, in einer besondern Unterredung – dazu hatte er ja den Auftrag – seine Einwirkungen auf den Publius Scipio zu machen. Gleich zuerst sagte er, der König werde ihm seinen Sohn ohne Lösegeld zurückgeben; und dann versprach er ihm, unbekannt mit Scipio's Geiste und Römischer Sitte, eine ansehnliche Summe Goldes, und, bloß mit Ausnahme des königlichen Titels, völlige Gemeinschaft des Throns, wenn der König durch ihn den Frieden erlangte. Hierauf antwortete Scipio: «Daß du die Römer alle, daß du mich, an den du abgeschickt bist, nicht kennest, wundert mich weniger, da ich sehe, daß dir selbst die Lage dessen unbekannt ist, von dem du kommst. Lysimachien mußtet ihr behaupten, um uns nicht in den Chersones eindringen zu lassen; oder uns am Hellesponte entgegentreten, um uns nicht nach Asien übergehen zu lassen, wenn ihr mit uns – angenommen, wir wären über den Erfolg des Krieges in Unruhe gewesen – einen Frieden unterhandeln wolltet. Jetzt, da ihr uns den Übergang nach Asien gestattet habt, nicht bloß den Zügel, sondern sogar das Joch euch habet auflegen lassen; was bleibt da noch für Unterhandlung als zwischen zwei gleichen Theilen übrig, wo der eine sich das Gebot gefallen lassen muß? Von der Freigebigkeit des Königs wird für mich mein Sohn das größte Geschenk sein; der übrigen möge – das hoffe ich zu den Göttern – meine Lage nie bedürfen! wenigstens soll mein Herz es nie. Für jenes mir gemachte große Geschenk wird er mich dankbar finden, wenn er den Dank des Privatmannes für die dem Privatmanne erwiesene Wohlthat wünschenswerth findet: in Beziehung auf den Stat werde ich so wenig 461 von ihm das Mindeste annehmen, als ihm geben. Was ich für jetzt geben kann, ist ein treu gemeinter Rath. Geh hin, sage ihm in meinem Namen, er solle vom Kriege abtreten und auch keiner Friedensbedingung sich weigern.» Auf den König blieb dies ohne Wirkung, und er hielt sich bei dem mißlichen Glückswurfe des Krieges immer noch gedeckt, wenn ihm gerade als einem schon jetzt Besiegten Gesetze vorgeschrieben würden. Ohne für jetzt des Friedens weiter zu erwähnen, richtete er seine ganze Sorge auf die Erfordernisse des Krieges.

37. Als der Consul nach allen Vorkehrungen zu Erreichung seiner Zwecke aus seinem Standlager aufgebrochen war, kam er zuerst nach Dardanum, von da nach Rhöteum; und aus beiden Städten strömten ihm die Bürger entgegen. Von hier rückte er nach Ilium vor, nahm sein Lager in der Ebene vor den Mauern, ging hinauf in die Stadt und zur Burg, und brachte der Minerva, der Schutzgöttinn der Burg, ein Opfer; und so wie die Ilier durch Thaten und Worte in allen ihren Ehrenbezeigungen die Römer als ihre Nachkömmlinge priesen, so freuten die Römer sich ihres Stammortes. Nach ihrem Aufbruche von hier kamen sie in sechs Märschen an die Quelle des Stromes Caicus. König Eumenes war anfangs Willens gewesen, mit seiner Flotte vom Hellesponte in die Winterquartiere nach Eläa zurückzugehen; weil ihn aber widrige Winde mehrere Tage lang gehindert hatten, um das Vorgebirge Lecton zu kommen, war er ans Land gegangen; und um nicht gleich bei dem Anfange der Unternehmungen zu fehlen, eilte er mit einer kleinen Bedeckung auf den nächsten Wegen ebenfalls hieher in das Römische Lager. Aus dem Lager mußte er, um Zufuhr zu besorgen, nach Pergamus zurückgehen, ließ das Getreide an die vom Consul dazu Ernannten abliefern und traf noch in eben diesem Standlager wieder ein. Von hier wollte man, als sich die Soldaten auf mehrere Tage mit Kost versorgt hatten, gegen den Feind gehen, ehe man vom Winter überrascht würde. Das Lager des Königs stand bei Thyatira. Als er hier erfuhr, Publius Scipio sei krank nach Eläa 462 gebracht, so schickte er Gesandte, die ihm seinen Sohn wiederbrachten. Dies war nicht allein dem Vaterherzen ein willkommenes Geschenk, sondern die Freude beförderte auch die körperliche Genesung des Scipio, und als er endlich in den Umarmungen des Sohns seine Sehnsucht gestillt hatte, sprach er: «Vermeldet dem Könige meinen Dank; sagt ihm, jetzt könne ich mich auf keine andre Art dankbar erweisen, als daß ich ihm riethe, sich nicht eher auf eine Schlacht einzulassen, bis erquam ut in castra]. – Perizonius will in diesem ut den Sinn eines ub oder postquam annehmen. Gronov und Crevier wollen es geradezu wegwerfen. Sollte nicht durch ein Versehen des Abschreibers dies ut in aus ubiin entstanden sein? Wenn er in dem i von ubi schon das i von in zu sehen glaubte, so blieb ihm nichts übrig, als ub in ut zu verwandeln. meine Rückkehr in das Lager erfahren habe.» Ließen gleich zweiundsechzig tausend Mann zu Fuß und mehr als zwölftausend zu Pferde die Aussicht des Königs auf eine Schlacht zuweilen nicht ohne Hoffnung, so hörte er doch auf das Wort eines so großen Mannes, auf den er bei dem ungewissen Ausgange des Krieges die ganze Rettung seines Glückes baute, zog sich über den Strom Phrygius zurück und nahm sein Lager bei Magnesia, welches am Sipylus liegt: und damit nicht etwa die Römer, wenn er Zeit gewinnen wollte, einen Angriff auf seinen Lagerwall thäten, so zog er einen sechs Ellen tiefen und zwölf Ellen breiten Graben herum, und den Graben umgab er von außen mit einem doppelten Walle; am inneren Rande führte er eine Mauer mit vielen Thürmen auf, um von da herab dem Feinde so viel leichter den Übergang über den Graben zu verwehren.

38. Der Consul, in der Meinung, der König stehe bei Thyatira, kam in ununterbrochenen Märschen am fünften Tage auf das Gefilde Hyrcanium herab. Als er hörte, er sei von hier aufgebrochen, folgte er seiner Spur und schlug diesseit des Stromes Phrygius viertausend Schritte vom Feinde sein Lager auf. Hier machten fast tausend Mann Reuterei, – größtentheils waren es Gallogräcier, mit einigen beigegebenen Dahen und berittenen Bogenschützen 463 von andern Völkern – die mit großem Lärmen über den Strom setzten, einen Angriff auf die Posten. Anfangs setzten sie diese, die nicht im Schlusse waren, in Schrecken. Als aber das Gefecht langer dauerte und die Römer, bei der Leichtigkeit, aus ihrem nahen Lager Hülfe zu bekommen, sich verstärkten, so machten sich die Königlichen, schon ermüdet und der verstärkten Anzahl nicht gewachsen, auf den Rückweg, und hatten am Ufer des Stromes, als sie ins Wasser gehen wollten, gegen ihre Verfolger einigen Verlust. Dann waren zwei ruhige Tage, in welchen niemand von beiden Theilen über den Strom setzte. Am dritten Tage kamen die Römer sämtlich zugleich herüber und schlugen etwa zweitausend fünfhundert Schritte vom Feinde ein Lager. Noch waren sie mit der Absteckung und Verschanzung beschäftigt, als dreitausend Mann auserlesener königlicher Truppen, Reuterei und Fußvolk, drohend und lärmend ankamen. Der Posten, bei weitem schwächer, aber doch zweitausend stark, behauptete sich nicht allein im Anfange des Gefechts, ohne jemand von der Arbeit am Lager abzurufen, sondern schlug auch bei fortgesetztem Kampfe den Feind wirklich, tödtete ihm hundert Mann und machte gegen hundert Gefangene. In den folgenden vier Tagen standen die Heere von beiden Seiten vor ihrem Walle in Schlachtordnung: am fünften rückten die Römer in die Mitte des Feldes vor. Der König aber kam mit seinen Reihen nicht näher, so daß sein Hintertreffen nicht einmal tausend Schritte von seinem Walle entfernt war.

39. Als der Consul den Feind die Schlacht verweigern sah, fragte er in einem Tags darauf berufenen Kriegsrathe an: «Was er thun solle, wenn sich Antiochus auf keine Schlacht einließe. Der Winter rücke heran. Entweder müsse man die Soldaten unter Zelten aushalten lassen, oder, wenn man Winterquartiere beziehen wolle, den Krieg bis in den Sommer verschieben.» Nie haben die Römer einen Feind so sehr verachtet. Von allen Seiten wurde gerufen: «Er möge sie sogleich gegen den Feind führen, und die Kampflust der Soldaten benutzen.» Und wirklich waren diese, nicht als hätten sie mit so viel 464 tausend Feinden fechten, sondern eben so viele Schafe niederhauen sollen, bereit, wenn der Feind nicht zum Treffen herauskäme, über Graben und Wälle ihm ins Lager zu brechen. Wie also Cneus Domitius, den der Consul ausschickte, den Weg in Augenschein zu nehmen und wo man dem feindlichen Walle beikommen könne, über Alles sichere Auskunft gab, so wurde beschlossen, am folgenden Tage mit dem Lager näher anzurücken, und am dritten Tage zogen die Truppen in die Mitte des Feldes und die Stellung der Linie begann. Und Antiochus, der auch nicht länger zaudern zu müssen glaubte, damit er nicht durch Verweigerung des Treffens seinem Heere den Muth schwäche und des Feindes Vertrauen verstärke, führte ebenfalls seine Truppen aus und schritt vom Lager so weit vor, daß man sah, er wolle schlagen.

Die Römische Schlachtordnung war sowohl in Betracht der Männer, als der Waffen, beinahe einförmig. Sie hatte zwei Legionen Römer und zweiduae socium ac Latini]. – Das mit Recht von Crev. und Drak. eingeschaltete Wort alae möchte ich lieber auf das Wort socium folgen lassen, weil es dann wahrscheinlich wird, daß dies ale durch das gleich folgende acl verdrängt wurde. Also: duae socium alae ac Latini nom. In der Übersetzung der gleich folgenden Worte: quina millia et quadringenos singulae habebant, habe ich, weil quadringenos in Beziehung auf die Legionen unrichtig ist, wie Duker aus vielen Stellen, selbst des Livius, beweiset, eine Lücke gelassen. Quadringenos sollte ich, so wie es dasteht, nicht übersetzen, und das von Duker vorgeschlagene ducenos nehme ich aus Gründen nicht statt quadringenos an: denn ich möchte mir das durch alle Handschriften, selbst durch die, welche irrig quadragenos lesen, gesicherte quadringenos nicht nehmen lassen. Wären von vier C (CCCC) zwei verblichen, so konnte der Abschreiber quadringenos in ducenos verwandeln. Daß aber zu CC noch einmal CC hinzugesetzt und ducenos in quadringenos übergegangen sei, ist unwahrscheinlicher. Zum Andern: so richtig hier Duker durch ducenos die Zahl der Legionen bestimmt, so leiden doch dagegen durch dies ducenos die ungleich stärkern alae sociorum. Duker und Drakenborch helfen sich durch die Vermuthung, daß die Latiner von ihrer Überzahl schon zur Besetzung der unterwegs an die Römer übergegangenen Städte abgegeben hätten. Folgt aber daraus ein so genaues Zusammentreffen, daß auf Seiten der Latiner ganz und gar kein Überschuß blieb? Dies und die Rücksicht auf quadringenos bringen mich auf folgende Vermuthung. Wenn Livius geschrieben hätte: duae legiones Romanae, duae socium alae ac Latini nominis erant: quina millia et ducenos illae, alae quina millia et quadringenos singulae habebant, und der Abschreiber verlief sich aus dem ersten quina millia in das zweite, so fielen die cursiv gedruckten Worte aus und unser et quadringenos blieb stehen. Appian hilft hier durch seine Angabe nicht, weil er die Einen und die Andern in runder Summe jede zu 10,000 berechnet, und die überzähligen Hunderte bei Beiden auslässet. Daß wir durch die gewonnenen 400 der von Appian auf 30,000 angegebenen Summe des Ganzen noch etwas näher kommen, mag ich selbst nicht einmal in Anschlag bringen. Abtheilungen 465 Bundesgenossen: jede bestand aus fünftausend und ..... Mann. Im Mittelpunkte standen die Römer, auf den Flügeln die Latiner. Das erste Treffen machten die Hastaten aus, auf diese folgten die Principes, zuletzt schlossen die Triarier. Außerhalb dieser gleichsam schon für sich bestehenden Linie ließ der Consul ihr zur Rechten die unter die beschildeten Achäer gemischten Hülfstruppen des Eumenes, beinahe dreitausend Mann Fußvolk, in gleicher Linie auftreten: noch weiter nach außen stellte er die Reuterei auf, nicht volle dreitausend Mann, worunter achthundert vom Eumenes, alle Übrigen Römische Reuterei waren. Den äußersten Platz gab er den Trallen und Cretensern: beide zusammen machten fünfhundert Mann aus. Der linke Flügel schien solcher Hülfstruppen nicht zu bedürfen, weil ihn der Fluß und abschüssige Ufer deckten; doch wurden auch hier vier Geschwader Reuterei aufgestellt. Dies war Alles, was die Römer an Truppen hatten, außer noch zweitausend Mann, aus Macedoniern und Thraciern gemischt, welche als Freiwillige mitgegangen waren. Diese wurden als Besatzung im Lager zurückgelassen. Sechzehn Elephanten bekamen ihren Platz als Rückhalt hinter den Triariern. Denn außerdem, daß sie wahrscheinlich der Menge der königlichen Elephanten – ihrer waren vierundfunfzig – nicht Stand halten konnten, können selbst bei gleicher Anzahl die Africanischen den Indischen nicht widerstehen, entweder weil sie von ihnen an Größe – denn darin haben diese bei weitem den Vorzug – oder an Ausdauer im Muthe übertroffen werden.

40. Die Linie des Königs war in ihren vielen Völkerschaften, bei der Verschiedenheit der Waffen und Hülfstruppen, weit bunter. Sechzehntausend Mann zu Fuß, Phalangiten genannt, waren Macedonisch gewaffnet. Im Mittelpunkte aufgestellt, hatten sie auf der Stirnbreite fünfhundertHaec media acies fuit in fronte]. – Die beiden letzten Worte erklärt Crevier für unnütz. Ja, ich glaube sogar, sie führen uns, wenn sie so ohne eine Zahl allein stehen, auf die falsche Vermuthung, daß dieses Centrum der Armee noch einen Rückhalt oder Hintertreffen gehabt habe, wovon aber Livius nichts sagt, und was auch bei der Tiefe von 32 Gliedern nicht nöthig war. Crevier vermuthet, wie ich glaube, sehr richtig, daß hier das Wort quingentorum ausgefallen sei; und wie leicht konnte die Zahl, durch D ausgedrückt – vollends, wenn dem Abschreiber fuit din fronte dictirt wurde – hier ausfallen! Ich lese also: Haec media acies fuit quingentorum in fronte. Auch beim Appian kommen, wie Crev. bemerkt, die Fünfhundert auf die Fronte, nur berechnet er sie nach den 10 Abtheilungen jede zu 50. ες δέκα μέρη· καὶ τούτων εκάστου μέρους η̃σαν ΕΠΙ ΤΟΥ μὲν ΜΕΤΩΠΟΥ πεντήκοντα άνδρες. Mann in zehn Abtheilungen: diese trennte er 466 durch zwei zwischen jeder Abtheilung aufgepflanzte Elephanten. Von der Stirnseite nach innen breiteten sich diese Truppen in zweiunddreißig Glieder aus. Sie waren der Kern des königlichen Heeres und gewährten eben sowohl durch ihr übriges Äußere, als durch die so hoch zwischen den Bewaffneten herausragenden Elephanten, einen fürchterlichen Anblick. Diese gehörten schon zu den sehr großen, und was ihnen noch mehr Ansehen gab, waren ihr Stirnschmuck, ihr Federbusch, der auf ihren Rücken gelagerte Thurm und vier Bewaffnete, die noch außer dem Lenker auf jedem Thurme standen.

Den Phalangiten zur rechten Seite stellte er tausend fünfhundert Gallogräcische Reuter auf, Mit diesen verband er dreitausend Mann schwergepanzerte Reuter; sie hießen Cataphracten, und als Zugabe noch ein Geschwader von beinahe tausend Reutern, AgemaAgema]. – Agema genannt. Ich behalte das Wort bei, ohne es zu verdeutschen. Denn wenn ich es durch Zug, Sturm, die Durchbrecher, die Staunenswerthen übersetzen wollte, würde jede dieser Auslegungen ihren Gewährsmann finden. genannt. Es waren Meder, auserlesene Männer, und aus vielen Völkern jener Gegend zusammengebrachte Reuter. An diese schloß sich als Rückhalt eine Heerde von sechzehn Elephanten: eben da stand auf etwas hervor gedehntem Flügel die Königscohorte, von ihrer Rüstung die Silberschildner genannt. Dann die Dahen, berittene Bogenschützen, tausend zweihundert. Weiter hin dreitausend Leichtbewaffnete, zum Theile Cretenser, zum Theile Trallen, beide fast in gleicher Anzahl. Ihnen waren zweitausend fünfhundert Mysische Bogenschützen zugegeben. Den Flügel 467 schlossen auf der Ecke viertausend Cyrtäische Schleuderer und Elymäische Bogenschützen unter einander gestellt.

Auf dem linken Flügel stießen an die Phalangiten tausend fünfhundert Gallogräcische Reuter, und in ähnlicher Rüstung zweitausend Cappadocier: Ariarathes hatte sie dem Könige geschickt. Dann folgten zweitausend siebenhundert Mann Hülfsvölker aller Art unter einander, und dreitausend schwergepanzerte Reuter, und noch andere tausend, das sogenannte Königsgeschwader, mit den vorigen fast von gleicher Rüstung, außer daß Mann und Roß leichtere Panzer hatten; meistentheils Syrer, mit Phrygiern und Lydiern untermischt. Vor dieser Reuterei standen die vierspännigen Sichelwagen und die dort Dromedare genannten Kameele. Auf diesen saßen Arabische Bogenschützen mit schmalen Degen, vier Ellen lang, um von einer solchen Höhe herab den Feind erreichen zu können. Dann folgten noch die übrigen Truppen, mit denen auf dem rechten Flügel in gleicher Stärke; zuerst Tarentiner, dann zweitausend fünfhundert Gallogräcische Reuter, ferner tausend Neucretenser, und mit diesen in gleicher Rüstung tausend fünfhundert Carier und Cilicier, eben so viele Trallen, ferner dreitausend Rundschildner; – dies waren Pisiden, Pamphylier und Lycier – dann eben so viele Cyrtäische und Elymäische Hülfsvölker, als auf dem rechten Flügel standen, und in einiger Entfernung sechzehn Elephanten.

41. Der König selbst war auf dem rechten Flügel: seinen Sohn Seleucus und seines Bruders Sohn Antipater setzte er über den linken; das Mittelheer übergab er Dreien, dem Minio, Zeuxis und Philipp, dem Vorgesetzten der Elephanten. Ein Morgennebel, der mit zunehmendem Tage als Gewölk aufstieg, verbreitete eine Dunkelheit; und, wie bei Regenwinde, durchzog seine Feuchtigkeit Alles. Beides war den Römern gar nicht, den Königlichen sehr nachtheilig. Denn das trübe Licht benahm den Römern in einer so mäßigen Linie die Übersicht aller Theile keinesweges; und die Feuchtigkeit konnte bei ihrer größtentheils schweren Rüstung die Schwerter oder Wurfspieße 468 nicht stumpfen. Allein die Königlichen in einer so langen Linie konnten nicht einmal aus dem Mittelpunkte ihre Flügel, viel weniger auf beiden Ecken sich unter einander erkennen; und die Feuchtigkeit machte ihre Bogen und Schleudern und die Riemen ihrer Wurfpfeile schlaff. Auch die vierspännigen Sichelwagen, wodurch Antiochus die feindliche Linie in Unordnung zu bringen gehofft hatte, brachten den Schrecken über sein eignes Heer. Die Art ihrer Bewaffnung war etwa folgende. Sie hatten an der Deichsel gleich Hörnerncuspides circa temonem ab iugo decem cubita]. – Diese von Drakenb. Crevier für unrichtig anerkannte Lesart ist, wie ich vermuthe, aus cuspides duas circa temonem ab iugo duo item cubita exstantes entstanden. Die Silbe des in cuspides verschlang das Wort duas, und aus duoitem oder II.item entstand das Ungeheuer decem. Zehn Ellen lang konnten die Spieße nicht sein, wenn sie nicht brechen oder eben wegen dieser Länge mit der vorderen Spitze auf der Erde schleppen sollten: und so wie ihnen Livius die Länge von zwei Ellen giebt, giebt ihnen Xenophon drei Spannen (τρισπίθαμα). Zehn Spieße konnten es nicht sein, sonst hätten sie, wie man in der Abbildung bei Scheffer sehen kann, als ein zusammengefaßtes Bündel Einen Feind unnützer Weise zehnfach durchstochen. Auch Potter hat in der Abbildung nur zwei von der Deichsel hervorragende Spieße gegeben; doch scheinen sie auch hier näher zusammengestellt, als sie billig sollten. Ich glaube, Livius würde weiter hin nicht gesagt haben: et in extremis iugis binae, sondern ohne et, bloß: in extremis iugis binae, wenn er nicht durch dies et auf gleichfalls zwei im Vorhergehenden Rücksicht genommen hätte; auch Xenophons άλλα δύο (noch andere zwei) scheint eben das anzudeuten. zwei ebenfalls zwei Ellen lang vor dem Wagen herausstehende Spieße, die Alles, was ihnen entgegen kam, durchbohren sollten: auch an der Hinterwage ragten an jeder Seite zwei Sicheln hervor; die eine mit dem Wagen in gleicher Höhe, die andre niedrigere sich abwärts zur Erde senkend; jene sollte Alles, was ihr von der Seite in den Wurf kam, durchschneiden; diese die Gefallenen und Unterkriechenden erreichen: und so waren wieder zwei Sicheln auf beiden Seiten an den Axen der Räder in eben so verschiedener Richtung befestigt. Diese so bewaffneten Wagen hatte der König, wie ich vorhin sagte, vor der Linie aufgestellt, weil sie, wenn er ihnen ihren Platz hinten oder in der Mitte gegeben hätte, durch seine Leute hätten durchfahren müssen. Als dies Eumenes sah, der mit dieser Art des Gefechts bekannt 469 war, und wußte, wie mißlich dies Hülfsmittel sei, wenn man, statt einen förmlichen Angriff zu thun, lieber die Pferde scheu machte; so ließ er die Cretensischen Bogenschützen, die Schleuderer und berittenen Wurfschützen, nicht im Schlusse, sondern so viel möglich vereinzelt gegen sie heransprengen, und sie von allen Seiten zugleich mit Pfeilen beschießen. Nicht anders als ein Wettersturm machte dies die Pferde theils durch die ihnen von allen Seiten her mit Geschossen beigebrachten Wunden, theils durch das mistönende Geschrei so wild, daß sie plötzlich, wie zügellos, ohne Bahn zu halten, hier und dorthin rannten. Auch wichen ihrem Anlaufe die Leichtbewaffneten, die flinken Schleuderer und der schnelle Cretenser ohne Mühe aus; durch die nachsetzende Reuterei wurde unter den Pferden und eben so scheu gewordenen Kameelen das Getümmel und der Schrecken noch größer, und hierzu kam noch das mannigfaltige Geschrei der übrigen auf den Seiten sie umgebenden Menge. So wurden die Wagen aus dem Felde zwischen beiden Linien hinausgedrängt, und als dies leere Possenspiel entfernt war, da erst erhob man sich auf das von beiden Seiten gegebene Zeichen zum förmlichen Angriffe.

42. Gleichwohl wurde diese Posse die Veranlassung zu der bald nachher eintretenden wirklichen Niederlage, Denn da die als Rückhalt aufgestellten Hülfstruppen, die den Sichelwagen zunächst standen, voll Schrecken über die scheu gewordenen und durch einander stürzenden Gespanne, ebenfalls die Flucht nahmen, so entblößten sie den ganzen Flügel bis an die schwergepanzerten Reuter. Und als die Römische Reuterei nach Zerstreuung jenes Rückhalts an diese kam, hielten diese auch nicht einmal den ersten Angriff aus; theils wurden sie verjagt, theils wegen der Schwere ihrer Panzer und Waffen niedergemacht. Jetzt bekam der ganze linke Flügel eine Beugung; und da nun die zwischen der Reuterei und den sogenannten Phalangiten aufgestellten Hülfsvölker geworfen waren, so ging der Schrecken auf das Mitteltreffen über. Hier geriethen die 470 Glieder in Unordnung und zugleichIbi simul perturbati]. – Auch Crevier setzt mit Sigonius vor die Worte intulere signa ein Punctum. Dann ist dies simul nicht so viel, als simulac, sondern ein bloßes zugleich. konnten sie von ihren überlangen Lanzen – sie heißen bei den Macedoniern Sarissen – keinen Gebrauch machen. Die Römischen Legionen rückten an und beschossen sie in ihrer Unordnung noch mit Wurfpfeilen. Nicht einmal die zwischengepflanzten Elephanten schreckten den Römischen Soldaten zurück, da er schon seit den Africanischen Kriegen gewohnt war, dem Anlaufe eines solchen Ungeheuers auszuweichen, und ihm von der Seite entweder mit Wurfpfeilen zuzusetzen, oder ihm, wenn er in der Nähe daran kommen konnte, mit dem Schwerte die Kniekehle abzuhauen. Von vorn her war fast das ganze Mitteltreffen schon zu Boden gestreckt; das umgangene Hintertreffen wurde im Rücken niedergehauen; da sahen die Römer auf der andern Seite die Flucht der Ihrigen, und vernahmen das Geschrei von denen, die in ihrem eignen Lager fast schon in Noth waren. Antiochus nämlich hatte von seinem rechten Flügel, weil er sah, daß die Römer hier, durch den Fluß gesichert, keinen stärkern Rückhalt, als die vier Geschwader Reuterei, aufgestellt hatten, und daß diese, um sich den Ihrigen anzuschließen, das Ufer bloßgaben, mit seinen Hülfstruppen und der schwergepanzerten Reuterei auf dieser Seite einen Angriff gethan, und drang nicht bloß von vorn ein, sondern bedrängte auch diesen auf der Seite des Flusses umgangenen Flügel in der Flanke, so daß zuerst die geschlagene Reuterei und dann auch das zunächst stehende Römische Fußvolk nach ihrem Lager getrieben wurde.

43. Über das Lager war der Oberste Marcus Ämilius gesetzt, ein Sohn desjenigen Marcus Lepidus, der wenige Jahre nachherGerade 10 Jahre nachher, im J. R. 572. S. B. 40. Cap. 42. Hoherpriester wurde. Als er die Seinigen fliehen sah, rückte er ihnen mit seiner ganzen Besatzung entgegen. Zuerst befahl er ihnen, Stand zu halten; dann, ins Treffen zurückzukehren, und schalt auf ihre 471 Bestürzung und schimpfliche Flucht. Nun folgte die Drohung, sie würden, wenn sie sich an seinen Befehl nicht kehrten, blindlings in ihr Verderben rennen. Zuletzt gab er den Seinigen das Zeichen, die vordersten Flüchtlinge niederzuhauen und den Schwarm, der Nachfolgenden durch Schwertschlag und Wunden auf den Feind zurückzutreiben. Diese größere Besorgniß überwand die kleinere. Von zwei Seiten bedroht, machten sie anfangs Halt; dann gingen nicht sie allein in das Treffen zurück, sondern auch Ämilius that mit seiner Besatzung – es waren zweitausend tapfre Männer – dem als Verfolger heranstürzenden Könige nachdrücklich Widerstand. Auch Attalus, des Eumenes Bruder, kam vom rechten Flügel, von welchem der feindliche linke gleich beim ersten Angriffe geschlagen war, als er die Flucht der Seinigen auf dem linken Flügel und das Gewühl in der Nähe des Lagers sah, zu rechter Zeit mit zweihundert Reutern herbei. Als Antiochus die Truppen, die ihm eben noch den Rücken zugekehrt hatten, das Gefecht erneuern, und hier einen andern Schwarm aus dem Lager, dort aus der Linie herbeiströmen sah, wandte er sein Pferd zur Flucht um. So zogen die Römer, auf beiden Flügeln Sieger, über die Haufen von Leichen, die sie vorzüglich im Mittelpunkte des Treffens über einander gestreckt hatten, weil hier die Kerntruppen theils ihre Tapferkeit, theils die schwere Rüstung nicht fliehen ließ, gerade auf das Lager zu, um es zu plündern. Des Eumenes Reuter, allen andern voran, und ihnen nach auch die übrige Reuterei, verfolgten überall im ganzen Felde die Feinde, und hieben die Letzten, so wie sie sie erreichten, nieder. Allein zu größerem Verderben gereichte den FliehendenPestis, intermixtis]. – Crevier wünschte, vor intermixtis möchte ab stehen. Dann würde freilich die Verbindung ungezwungener. Nach meiner Vermuthung entstand das et vor sua ipsorum turba aus dem t des voraufgegangenen erat. Dann hinge maior pestis sua ipsorum turba zusammen. ihr eignes mit Sichelwagen, Elephanten, Kameelen sich mischendes Gewühl, in welchem sie ohne Gliederschluß, wie blind einer über den andern fortstürzend, 472 von den zwischenlaufenden Thieren zertreten wurden. Auch im Lager erfolgte ein schreckliches Gemetzel, fast größer noch, als in der Schlacht. Denn die ersten Scharen der Fliehenden hatten meistens ihre Richtung nach dem Lager genommen, und im Vertrauen auf diese Menge vertheidigte die Besatzung ihren Wall so viel hartnäckiger. Als nun die Römer, aufgehalten in Thoren und vor einem Walle, welche sie im ersten Anlaufe zu erobern gehofft hatten, dennoch endlich durchbrachen, so vergossen sie in der Erbitterung des Blutes so viel mehr.

44. An funfzigtausend zu Fuß und dreitausend von der Reuterei sollen an diesem Tage getödtet sein. Der Gefangenen waren tausend vierhundert; auch funfzehn Elephanten mit ihren Lenkern. Die Römer hatten mehrere Verwundete; an Gefallenen nicht über dreihundert vom Fußvolke, vierundzwanzig von der Reuterei, und fünfundzwanzig vom Heere des Eumenes. Für heute kehrten die Sieger, nach Plünderung des feindlichen Lagers, mit großer Beute in das ihrige zurück; am folgenden Tage zogen sie die Erschlagenen aus und brachten die Gefangenen zusammen. Von Thyatira und Magnesia am Sipylus kamen Gesandte, welche ihre Städte übergaben.

Antiochus, der nur von Wenigen begleitet floh, erreichte doch mit einer ziemlichen Bedeckung von Soldaten, weil sich Mehrere unterweges angeschlossen hatten, beinahe um Mitternacht Sardes. Von hier brach er, weil er hörte, sein Prinz Seleucus sei schon mit einigen Günstlingen nach Apamea vorausgegangen, ebenfalls mit seiner Gemahlinn und Tochter um die vierte Nachtwache nach Apamea auf, nachdem er den Zeno zum Befehlshaber in der Stadt, den Timon zum Statthalter in Lydien gemacht hatte. Doch ohne sich an diese zu kehren, schickte man von Sardes mit Übereinstimmung der Bürger sowohl, als der Soldaten auf der Burg, Gesandte an den Consul ab,

45. Fast zu gleicher Zeit kamen von Tralles, von Magnesia jenseit des Mäander, und von Ephesus Gesandte, welche ihre Städte übergaben. Ephesus hatte Polyxenidas auf die Nachricht von der Schlacht verlassen, 473 und da er mit der Flotte bis nach Patara in Lycien gesegelt war, war er aus Furcht vor dem Posten Rhodischer Schiffe, der bei Megiste stand, ans Land gegangen und machte nur mit Wenigen die Reise nach Syrien zu Lande. Die Städte Kleinasiens gaben sich in den Schutz des Consuls und unter die Landeshoheit des Römischen Volks. Der Consul war schon zu Sardes. Dahin kam auch von Eläa Publius Scipio, sobald er die Beschwerde der Reise ertragen konnte. Ungefähr um dieselbe Zeit suchte und erhielt ein Herold des Antiochus durch den Publius Scipio bei dem Consul für seinen König die Erlaubniß, Gesandte zu schicken. Wenige Tage nachher kamen Zeuxis, gewesener Statthalter von Lydien, und Antipater, des Königs Brudersohn. Zuerst besuchten sie den Eumenes, von dem sie sich, der alten Streitigkeiten wegen, einer vorzüglichen Abneigung gegen den Frieden versahen; und als sie ihn über ihre und ihres Königs Erwartung versöhnlich fanden, so ließen sie sich nun beim Publius Scipio einführen, und durch ihn bei dem Consul: auf die Bitte, ihre Aufträge vorlegen zu dürfen, wurden sie einem zahlreichen Kriegsrathe vorgestellt, und Zeuxis sprach:

«Wir haben nicht sowohl von unsrer Seite einen Vortrag zu thun, als vielmehr bei euch, ihr Römer, anzufragen, mit welchem Sühnopfer wir den Fehltritt des Königs büßen und von den Siegern Frieden und Verzeihung erlangen können, Immer habt ihr mit der höchsten Großmuth besiegten Königen und Völkern verziehen. Mit wie viel höherer Großmuth und Versöhnlichkeit müßt ihr jetzt dasselbe in einem Siege thun, der euch zu Beherrschern des Erdkreises gemacht hat! Mit Aufgebung alles Unfriedens gegen die Sterblichen überall, müßt ihr eben so wie die Götter, des menschlichen Geschlechts euch annehmen und seiner schonen.» Schon vor der Ankunft der Gesandten war die ihnen zu gebende Antwort bestimmt, und Africanus sollte sie geben. Seine Worte sollen etwa folgende gewesen sein:

«Was wir Römer an solchen Gütern besitzen, welche von der Gewalt der unsterblichen Götter abhingen, darin 474 erkennen wir der Götter Geschenk. Unser Sinn, dies Eigenthum unsers Geist es, der uns in allen Schicksalen blieb, bleibt auch jetzt derselbe: er überhob sich weder im Glücke, noch stimmte Unglück ihn herab. Hierüber würde ich euch, mit Übergehung aller Andern, euren Hannibal zum Zeugen geben, wenn ich nicht diese Zeugen in euch selbst aufstellen könnte. Dieselben Forderungen, die wir nach unserm ersten Übergange über den Hellespont an euch machten, ehe wir noch des Königs Lager, ehe wir noch seine Linie erblickten; die wir an euch machten, als wir vom Mars den Sieg uns noch beide versprachen und der Ausgang des Krieges noch ungewiß war; die wir, als ihr auf den Frieden antruget, als Gleich an Gleich an euch machten, eben diese machen wir jetzt als Sieger an unsre Besiegten. Enthaltet euch Europa's, und tretet ganz Kleinasien ab, so weit es diesseit des Gebirges Taurus liegt. Als Kriegskosten sollt ihr uns funfzehntausend EuböischeDas Euböische Talent betrug nach Creviers kleinerer Ausgabe (er hat auch eine größere) 40 Minen – (das Attische hatte 60) – oder 52 Pariser Mark, oder 1,048 Gulden nach dein Zwanzigguldenfuße. Dann betrüge die ganze Summe 18,650,000 Gulden. S. unten XXXVIII. 9. Talente zahlen; fünfhundert sogleich; zweitausend fünfhundert dann, wenn Roms Senat und Volk den Frieden genehmigen; dann zwölf Jahre nach einander tausend Talente. Auch an den Eumenes müßt ihr fünfhundert Talente entrichten, und den Rückstand von dem Getreide, das ihr seinem Vater liefern mußtet. Wenn wir diese Bedingungen machen, so wird es zwar eine Art von Unterpfand sein, das uns die Erfüllung von eurer Seite sichert, wenn ihr uns nach unsrer Auswahl vierzig Geisel stellt; allein nie werden wir die Gewißheit haben, daß da für Römer Friede sei, wo Hannibal ist. Vor allen Dingen fordern wir seine Auslieferung. Auch den Ätoler Thoas, den Urheber des Krieges mit den Ätolern, der euch im Vertrauen auf sie, und sie in Vertrauen auf euch gegen uns bewaffnete, müßt ihr uns herausgeben, und mit ihm den Acarnanen Mnasilochus, und die 475 beiden Chalcidier Philo und Eubulidas. Jetzt wird der König in seiner schlimmern Lage Frieden machen, weil er ihn später macht, als er ihn machen konnte. Sollte er jetzo säumen, so mag er sich gesagt sein lassen, daß es schwieriger ist, Könige vom höchsten Gipfel ihrer Würde zur Mittelstufe herab zu nöthigen, als sie von der Mittelmäßigkeit in das tiefste Untenhin zu stürzen.» Die Gesandten waren vom Könige mit der Vollmacht abgeschickt, jede Friedensbedingung anzunehmen. Also kam es zu dem Beschlusse, Gesandte nach Rom zu schicken. Der Consul vertheilte die Truppen auf die Winterquartiere nach Magnesia am Mäander, nach Tralles und Ephesus. Wenig Tage nachher wurden die Geisel vom Könige nach Ephesus an den Consul geliefert; und die nach Rom bestimmten Gesandten trafen ein. Mit den königlichen Gesandten reiste auch Eumenes zu gleicher Zeit nach Rom. Ihnen folgten die Gesandschaften der sämtlichen Völker Kleinasiens.

46. Während dieser Verrichtungen in Asien kehrten ungefähr um dieselbe Zeit zwei Proconsuln von ihren Standplätzen mit der Hoffnung auf einen Triumph nach Rom zurück; Quintus Minucius aus Ligurien, Manius Acilius aus Ätolien. Nachdem die Väter Beide über ihre Thaten vernommen hatten, verweigerten sie dem Minucius den Triumph, bewilligten ihn aber mit großer Übereinstimmung dem Acilius, und er zog wegen seines Sieges über den König Antiochus und die Ätoler triumphirend in Rom ein. In dem Triumphe wurden seinem Wagen voraufgetragen zweihundert und dreißig Fahnen; an unverarbeitetem Silber dreitausendDreitausend Pfund Silber sind nach Crevier etwa 93,748 Gulden. Auch die Vierdrachmen sind Gulden, und die Cistophoren haben jeder etwa den Werth eines halben Guldens. Unrichtig ist es, wenn Crevier und Andere den Namen der Münze Cistophorus so erklären, quod in eo κιστοφόροι essent expressi cum mystica Bacchi cista, da doch nach Eckhel die Münze keine Kistenträger zeigte, sondern selbst metaphorisch Kistenträger hieß, weil nicht die Personen mit einer cista, sondern die cista selbst darauf abgebildet waren. Pfund; an gemünztem hundert dreizehntausend Attische Vierdrachmenstücke; 476 zweihundert achtundvierzig tausend Cistophoren (Kistegulden); auch viele silberne Gefäße von getriebener Arbeit und großer Schwere. Auch ließ er silbernes Geräth des Königs vorantragen und prächtige Kleidungsstücke; fünfundvierzig goldene Kränze, von verbündeten Staten ihm geschenkt, und erbeutete Rüstungen aller Art. Der vortretenden Gefangenen von Stande waren sechsunddreißig, theils Ätolische, theils Syrische Anführer. Einige Tage vorher war der Ätolische Feldherr Damocritus bei Nacht dem Kerker entlaufen, und als ihn am Tiberufer die Wache einholte, durchstach er sich, ehe sie ihn greifen konnte, mit seinem Schwerte. Bloß das Gefolge des Wagens, die Soldaten, fehlten; übrigens verherrlichte den Triumph der prachtvolle Anblick und der Thatenruhm. Die Freude über diesen Triumph wurde durch die traurige Nachricht aus Spanien gemindert, daß in einer unglücklichen Schlacht gegen die Lusitanier im Vastetanischen Gebiete unter der proconsularischen Anführung des Lucius Ämilius bei der Stadt Lycon das Römische Heer sechstausend Mann verloren habe. Die Übrigen hätten sich in voller Bestürzung hinter ihren Wall geflüchtet, das Lager nur mit Mühe behauptet, und wären dann, wie auf der Flucht, in Zwangmärschen auf Freundesgebiet zurückgeführt. So weit die Nachricht aus Spanien. Aus Gallien kamen Gesandte von Placentia und Cremona, die der Prätor Lucius Aurunculejus dem Senate vorstellte. Auf ihre Klage über die Verringerung ihrer Mitpflanzer, welche theils durch Unfälle des Krieges, theils durch Krankheit, weggerafft, zum Theile auch aus Überdruß der Gallischen Nachbarschaft weggezogen waren, beschloß der Senat: «Der Consul Cajus Lälius sollte, wenn er es für nöthig hielte, sechstausend Familien zur Vertheilung auf diese Pflanzstädte sich einschreiben lassen, und der Prätor Lucius Aurunculejus die Dreimänner zur Ausführung dieser Pflanzbürger wählen lassen.» Die gewählten waren Marcus Atilius Serranus, Lucius Valerius Flaccus, des Publius Sohn, Lucius Valerius Tappo, Sohn des Cajus.

47. Nicht lange nachher kam der Consul Cajus 477 Lälius, weil schon die Zeit der Consulnwahl heranrückte, aus Gallien nach Rom zurück. Er brachte nicht allein nach dem in seiner Abwesenheit ausgefertigten Senatsschlusse die Pflanzbürger zur Wiederbevölkerung von Cremona und Placentia zusammen, sondern trug auch darauf an, daß auf die ehemaligen Bojischen Ländereien zwei neue Bürgerpflanzungen ausgeführt würden, und dies wurde, seinem Vorschlage gemäß, von den Vätern beschlossen. Zu gleicher Zeit meldete ein Schreiben des Prätors Lucius Ämilius (Regillus) den Seesieg bei Myonnesus und den Übergang des Consuls Lucius Scipio mit seinem Heere nach Asien. Wegen des Seesieges wurde ein feierlicher Gottesdienst auf einen Tag angeordnet; auf den folgenden Tag ein zweiter, damit das Ereigniß, das jetzt zum ersten Male ein Römisches Heer sein Lager in Asien bezogen hatte, glückliche und erfreuliche Folgen haben möchte. Der Consul erhielt den Auftrag, an jedem dieser beiden Festtage zwanzig große Thiere zum Opfer darzubringen. Nun ging die Consulnwahl vor sich, nicht ohne großen Bewerberkampf. Marcus Ämilius Lepidus hatte bei seinem Gesuche die öffentliche Meinung gegen sich, weil er, um sich zum Consulate zu melden, seinen Amtsposten in Sicilien verlassen hatte, ohne bei dem Senate um Erlaubniß anzufragen. Mit ihm bewarben sich Marcus Fulvius Nobilior, Cneus Manlius Vulso, Marcus Valerius Messalla. Man ernannte zu dem Einen Consul – denn die Andern hatten die Stimmen nicht vollzählig – den Fulvius. Am folgenden Tage machte er, mit Verdrängung des Lepidus – und Messalla meldete sich nicht weiter – den Cneus Manlius als seinen erwählten Amtsgenossen bekannt. Die gleich darauf ernannten Prätoren waren die beiden Quintus Fabius, der eine mit dem Zunamen Labeo, der andre: Pictor, der in diesem Jahre zum Eigenpriester des Quirinus geweihet war, ferner Marcus Sempronius Tuditanus, Spurius Postumius Albinus, Lucius Plautius Hypsäus, Lucius Bäbius Dives.

48. Als Marcus Fulvius Nobilior und Cneus Manlius Vulso Consuln geworden waren; ging, nach der 478 Angabe des Valerius von Antium, in Rom das Gerücht allgemein, und wurde beinahe als zuverlässig geglaubt, der Consul Lucius Scipio und zugleich Publius Africanus hätten sich vom Könige, um die Rückgabe des jungen Scipio zu bewirken, zu einer Unterredung herauslocken lassen; da habe er beide festgenommen, und so wie er die . Feldherren in seiner Gewalt gehabt, sei sogleich ein Heer vor das Römische Lager gerückt, habe es erobert und die Römischen Truppen sämtlich aufgerieben. Dies habe den Ätolern Muth gemacht; sie hätten sich aller an sie gemachten Forderungen geweigert und ihre Häupter nach Macedonien, in das Gebiet der Dardaner und nach Thracien abgehen lassen, um Hülfsvölker in Sold zu nehmen. Als Überbringer dieser Nachricht nach Rom habe der Proprätor Aulus Cornelius den Aulus Terentius Varro und Marcus Claudius Lepidus aus Ätolien abgefertigt. – An diese Erzählung knüpfte er noch die Zugabe: Man habe im Senate die Ätolischen Gesandten unter andern auch darüber befragt, woher sie wüßten, daß Antiochus die Römischen Feldherren in Asien gefangen genommen und das Heer zu Grunde gerichtet habe. Die Ätoler hätten geantwortet, sie hätten den Bericht von ihren Gesandten erhalten, die bei dem Consul gestanden hätten. Weil ich für dieses Gerücht keinen andern Gewährsmann hatte, so wollte ich die Sache selbst weder durch eine Äußerung von meiner Seite bestätigen, noch als eine Erdichtung übergehen.


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