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An Julius Eduard Hitzig,

zum 26. März 1815.

( In der Charwoche.)

Schon kränzt mit zarten Gräsern, frühen Moosen,
Der Hügel sich, wo sanft in kühlig stiller Nacht
Johanna's Körper schläft. Ach, ist sie nicht erwacht,
Um Dir noch ein Mahl liebzukosen
Mit Augensternen, Lippenrosen,
An diesem Tag, wo Lichtes heit're Pracht
Vor manchem Jahre Dir zum ersten Mahl gelacht? –

Nein, nein! – Sie ist und bleibt von uns geschieden,
Von dieser trüben Sinnenwelt;
Es seye denn, daß mit dem sel'gen Frieden,
Der jetzt ihr eigen ist, sie Dir im Traum hier nieden
Den edlen, müden Geist erhellt.
So that sie's wohl vor dem Geburtstagsmorgen,
Dem sie voll süßer Liebessorgen
Im Leben sonst mit zarter Hand
So viel der Freudenkränze wand. –

Was bringt jetzt der Geburtstag? – Perlen bringt er;
Ja, Perlen, die dem glüh'nden Aug' entfließen
In schmerzensreicher Füll' und Lust.
Denn wie auch Kindlein blühend Dich umsprießen,
Dich mannigfach mit lieben Wünschen grüßen,
Ach dieser Morgen, doch beschwingt er
Die heiße Sehnsucht Deiner Brust.
Drum will ich durch mein brüderliches Singen
Dir Perlen auch, und nichts als Perlen bringen.

Doch Perlen, fromm zum Kranz gewunden
In dieser heil'gen Woche Stunden,
Die stillen wundersam den herben Lebensschmerz,
Und ihnen nach sprüht aus des Gottsohn's Wunden
Ein Himmelsbalsam in das Herz.
Laß jetzt uns mit den Jüngern weinen,
Als ihnen barg ein Grab den Herrn im düstern Wahn,
Auf daß wir einst mit All' den Seinen
Der Wahrheit Lebenstrost empfah'n.
Da wird hell leuchtend auch Johanna Dir sich nah'n,
Mit der voran gegang'nen Kleinen,
Und sie und Du und ich, und wen wir scheiden sah'n
Im Herrn, wir werden uns auf ewig hellem Plan
Zu Gottes Lobgesang vereinen.
O liebe Todten, wie Ihr süß mir winkt!
Wie Eurer Haine sel'ges Funkeln
Durch dieß unsich're Erdendunkeln
Aus Gottes Gnadenwort mir hoch verheißend blinkt
Der Herr, mit den für uns an's Kreuz geschlag'nen Händen,
Er kann's, Er will's, Er wird's vollenden!

Wenn dieses Blatt mit leisen Klängen
Dich anhaucht, ist der Ostertag,
Wo aus des Grabes dunklen Engen
Der Sieger, unser Heil, in's neue Leben brach,
Und das ist auch der Tag, der Dich geboren!
O nimm die hohe Deutung an,
Und zeuch vertrauend Deine schwere Bahn;
Denn Alles ist gewonnen, nichts verloren
Für uns, die wir den Herrn mit Glaubensaugen sah'n.

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