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An Fraulein Julie Mihes in Breslau.

Oft rauscht und stürmt des Lebens trübe Welle
Kühn um das inn're Licht,
Das aus des Geistes stillen Kammern bricht,
Und dunkelt seine sel'ge Helle,
Und wie die Brust auch tapfer schwelle,
Kennt sie den rechten Strahl in ihrer Mitten nicht.

So ging es mir, als ich viel Jünglingshelden
Zu Fuß und Roß geführt nach jener Stadt,
Von der manch Wunder Schlesiens Sagen melden,
In der manch Wunder jüngst erschaut man hat,
Seit Preußens König seine Ritter
Und seine Mannen hin berief,
Und länger nicht das rettende Gewitter
In dunklen Zweifelswolken schlief.
Wie schwebten schon hochrühmliche Gefahren
Im Ahnungslicht mir vor! Zum künft'gen Schlachtgesang
Erregte sich die Zitther, doch es drang
Nur leis' und einzeln noch ihr Laut in unsre Scharen;
Mich hielt der Zukunft ernster Gang,
Die sich erhob aus finstern Jahren,
Indessen räthselhaft die ernste Wage klang,
Und fern aus der Erinn'rung Bildern
Sah manch ein liebes Antlitz drein,
Und strahlte zwischen Waffenschildern
Mich an mit stiller Wehmuth Lampenschein.
Der Dichter konnte nichts mehr schildern,
Er stand vor einem Zauberschrein,
Und war Erwartung ganz, und kaum noch fürder sein.

Da führte treue Freundeshand
Mich wie in leuchtende Capelle,
Wo von der reich geschmückten Wand
In künstlerischer Zauberhelle
Viel Bilder grüßten, fremd und doch bekannt,
Und wieder glüht' in mir der Dichtung sel'ger Brand,
Und wieder tönte mir des Liedes freud'ge Welle. –
Und eine edle Jungfrau kam.
Die hatt' in frommer Zauberkraft entfaltet,
Was hier so leicht und herrlich war gestaltet,
Was mir in Lust und süßem Gram
Das ganze Herz gefangen nahm.
Ja, endlich aus dem Kranz der Bilder
Stieg ein's von meinem Zauberring
Belohnend mir herauf, wo in dem Kreise wilder,
Goldgier'ger Araber, der schon die Hold' umfing,
Doch Bertha, an des Kreuzes Stamm gestützet,
Die Hand zum Segnen halb, und halb zum Warnen hob,
Und mehr von ihrem Schau'n durchblitzet,
Als von der Wetternacht, die rohe Schar zerstob.
Zwar riß die Mohrinn sich noch weiter
Zur ungeheuern Frevelthat,
Doch sah ein ganzer Himmel warnend heiter
Aus Bertha's Angesicht, und strahlte Engelsrath. –
Noch glühte nicht, von Farbenpracht umwoben,
Das wundersam entworf'ne Bild,
Und dennoch ward es mir ein Schild,
In dessen Schirm zur Reinheit sanft erhoben,
Die Seele lächelte, und in der Zeiten Toben
Klar und wahrhaftig ward gestillt.
Dieß Bild im treuen Ritterherzen,
Flog ich in meines Königs Deutschen Krieg,
Und oft, bey Rückzug oder Sieg,
Erschien mir, wie entflammt von Himmelskerzen,
Die Lampe, die am Kreuz aus Bertha's Hand
Das Weltgewirr mit Segensstrahlen band.
Und jetzt, da Preußens Banner schweben
Von nie geschautem Licht umglänzt,
Da mich nach wack'rem Streit ein häuslich frommes Leben
Mit seinen schatt'gen Palmen kränzt,
Ja auch vielleicht der Lorbern Wallen
Um meine Stirn erquickend strahlt, –
Da sendet mir nach heimathlichen Hallen
Die Künstlerinu das Bild, im frommen Wohlgefallen
Mit lichten Farben ausgemahlt,
Mit Farben, die durch meine Sinne
Gleich frommen Regenbogen zieh'n,
In sel'ger Kraft und sel'ger Minne
Nach ew'gem Himmelsrecht belieh'n! –
Verstumm', o Lied! Nie wird genug von Dir erhoben,
Was reich im andern Beet des Künstlergartens blüht.
Doch wenn die Erdgestalten toben,
Wenn Blitz durch wilde Nächte sprüht,
Dann, Seele, wende Dich an Bertha's Licht nach oben,
Und so, vor Juliens Kunst zum Himmelsschein erglüht,
Kannst durch die That vielleicht ihr schönes Thun Du loben.

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