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Zwey Schwestern
an der silbernen Hochzeit ihrer Ältern.

Ein heit'rer Festesmorgen steigt herauf,
In Sommerblüth' und Sonnenlichtern hell,
Und über unser Antlitz fällt ein Strahl
Der süßen, frommen Himmelsfreud' herein.
Denn was ist süßer und was frommer wohl,
Als Kindesfreud' an guter Ältern Glück? –
Ermuthigt blickten ringsumher wir aus
Nach schönen Blumen, Kränze d'raus zu flechten, –
Ach, streng' und düster blickt' es uns entgegen!
Nicht die Natur; die lächelte, wie immer.
Jedoch die Menschen senkten ihren Blick,
Und zogen ihre Stirn in dunkle Falten.
Sie meinten, Fest und Freude sey dahin;
Dergleichen zieme nur für gold'ne Zeit,
Und gold'ne Zeit sey nur ein Dichtertraum;
Und silbern nicht einmahl, nein eisern heiße
Nach Fug und Recht die Zeit, darin wir steh'n. –
Wir staunten, wandten unser Aug' zurück
Auf unser Fest; – das ist doch wahrlich silbern.
So heiter und so rein und spiegelklar
Strahlt ja nach fünf und zwanzig frohen Jahren
Der Ältern tugendreicher Ehebund
Viel Segen der Vergangenheit zurück.
Gewiß, die Menschen draußen nur sind irr,
Und wir, in unsres Hauses trauterm Rund,
Wir fassen sich'rer, was die Welt bedeutet.
Treu, fromm und sittig leben, wie die Ältern,
Das schafft daheim aus eh'rner Zeiten Last
Ein Silberblinken, ja ein Goldlicht gar.
Denn wendet nur den Spiegel! Auch die Zukunft
Schaut froh herein, verheißt uns abermahl
Nach fünf und zwanzig Jahren solch ein Fest.
Dann heißt die Hochzeit golden; und die Zeit, –
Wenn's Ehen viel, wie die der Ältern, gibt,
Im Schirme Deutscher Würd' und Ehrbarkeit,
Die Zeit ist auch wohl golden mit geworden,
Und Alles lächelt froh, wie heute wir.

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