Victor Hugo
Victor Hugo's sämmtliche poetische Werke. Zweiter Band
Victor Hugo

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An J. F.

Des Paukenschlägers Braut.

Süß ist der Tod den glücklich Liebenden.

Desportes, Sonett.

Sechste Ballade.

»Es rief der Herzog der Bretagne
Im ganzen Lande, Mann für Mann,
Von Berg und Thälern, von Mortagne
Bis Nantes, zur blutigen Campagne
Zusammen seinen Heeresbann.

Herrn sind's von adligem Geschlechte,
Die horsten auf der Berge Kamm,
Barone, Helden im Gefechte,
Schildknappen, Reiter, Waffenknechte,
Und Einer ist mein Bräutigam.

Nach Aquitanien mitgezogen
Ist er als Pauker. Niedern Stamms
Trägt er das Haupt doch nicht gebogen,
Als Kapitän wird er gewogen
In seinem goldgestickten Wamms.

Seitdem war meine stete Bitte:
»O Schutzpatronin, meine Noth
Sieh an, o heilige Brigitte,
Bewache jeden seiner Schritte,
Damit kein Unglück ihn bedroht.«

Ich sprach zu unsrem Abt: »Laß Deine
Fürbitte frommen unsrem Heer!«
Und da er hold dem Kerzenscheine,
Ehrt' ich Sanct-Gildas' Heil'genbeine
Durch drei Wachskerzen groß und schwer.

Und in Loretto Unsrer Frauen
Hab' ich gelobt in meinem Schmerz,
Zu tragen von dem Hut, dem grauen,
Des Pilgers Muscheln; mit Vertrauen
Drück' insgeheim ich sie ans Herz.

Mit zarter Botschaft konnt' er laben
Mich nicht vom fernen Lagerwall,
Ach, die Vasallin hat, um Gaben
Zu wechseln, keine Edelknaben,
Und keine Knappen der Vasall.

Noch heute kehrt er aus dem Kriege
Mit unsrem gnäd'gen Herrn zurück,
Er hat sein gutes Theil am Siege,
Wenn ich ihm froh entgegen fliege,
Beflügelt Stolz mich auf mein Glück.

Den Fürsten, der vom fernen Orte
Mit dem zerrissnen Banner kam,
Seht ihn, dort, bei der alten Pforte,
Sie kommt, die glänzende Escorte,
Der Herzog und mein Bräutigam.

Wie er, so glänzt kein andrer Streiter,
Seht, wie sein Roß er spornt und drückt,
Das in Schabraken prangt, und weiter,
Sich schüttelnd, wiehernd, trägt den Reiter,
Mit rothen Federn hoch geschmückt.

Eilt, Schwestern, kommt von allen Enden
Geputzt, und seht ihn, stolz umringt
Von seinen Pauken, hell zum Blenden,
Die schmettern unter seinen Händen,
Daß hoch das Herz vor Freuden springt.

Ihr werdet sehn Ihn selbst vor Allen
Im Mantel, den ich ihm vordem
Gestickt. Mein Held wird Euch gefallen;
Den Helm, den Pferdehaar' umwallen,
Trägt stolz er, wie ein Diadem.

Zwar die Zigeunerin – mich schmählen
Muß ich, daß ich sie hört' und frug, –
Sie sagte: – »Gott sei unsern Seelen
Barmherzig! – Einer werde fehlen,
Ein Pauker, in dem Siegeszug.«

Gott wird ja hören mein Verlangen!
Zwar zeigte mir ein Grab im Frei'n,
Wo schwarze Schatten ihn umfangen,
Die Alte mit dem Blick der Schlangen,
Und sprach: »Dort wart' ich morgen Dein!«

Doch fort mit allen Grabgedanken! –
Ich höre trommeln! Fort! Geschwind!
Ich sehe Damen, Blumenranken,
Und Purpurzelte lustig schwanken
Und Fahnen fliegen hoch im Wind.

Voran die Pikeniere schreiten
Langsam, als gingen sie im Leid,
Das Banner sah' ich dort sich breiten,
Dort ist's, wo die Barone reiten
Mit sammtner Mütz' und seidnem Kleid.

Im Meßgewand die Priester ragen,
Aus weißem Roß der Herold strahlt,
Ein jeder stolz im steifen Kragen,
Die Wappen ihrer Herrschaft tragen
Sie auf dem Brustschild schön gemalt.

Seht in der Perser -Rüstung blitzen
Die Templer, Männer edlen Stamms,
Die sich auf Partisanen stützen,
Dort die Lausanner Bogenschützen
Im Eisenkleid und Büffelwamms.

Des Herzogs Banner seh' ich wehen,
Dort Grafen, Ritter, Cavalier'
Und die eroberten Trophäen,
Standarten, die sich nicht mehr blähen,
Und hier die Pauker, Schwestern, hier! ...«

Sie sprach's und bohrt' in das Gedränge
Den irren Blick, und wo sie sei,
Sie wußt' es nicht, ihr ward so enge,
Sie stürzte mitten in der Menge ...
Der Zug der Pauker ging vorbei.

Oktober, 1825.


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