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Ich will, daß Du, mir ferne, Dich betrübst,
Daß Du Dich sehnst, und daß Du Tag und Nacht mich liebst.
Ach, Tag und Nacht um Dich schweb' ich in Qual und Pein,
Sei mitten in dem Kreis der Andern fern, allein.
Schlaf mein gedenkend ein, und träume mich zu Dir,
Sieh mich nur überall, sei ewig nur bei mir!
André Chénier.
Die Pferde schütteln Zaum und Zügel, daß sie klingen,
Das Pflaster schlagen sie, daß Funkenblitze springen,
Lebwohl! Geschieden muß es sein, und ohne Schmerz:
Sei stark! – Die Wange soll Dir keine Thräne nässen.
Doch sieh, der Wagen rollt mit mir davon, – vergessen
Hat er Dich wohl? – Du bleibst, mein Herz? –
O folg' ihm lange nach, recht lang, mit Herz und Sinnen,
Und gehe nicht, bevor vom Wagen, der von hinnen
Mich trägt, der letzte Ton im Ohr sich Dir verliert.
Schon trennt ein weiter Raum mich, ach, von meinem Sterne,
Ich seh Dein weißes Tuch nicht flattern mehr von ferne,
Du hörst nicht rollen mehr das Rad, das mich entführt ...
Weh, nicht ein Ton mehr schallt, kein Schatten mehr zu schauen.
Die Nacht der Trennung füllt die Seele mir mit Grauen.
Mit jedem Schritt versink' ich tiefer nur in Noth,
In diese Höllennacht, lichtlos und ohne Schlummer,
Dies Meer von Qual und Angst und Wahnsinn, Gram und Kummer
Steig' ich hinab lebendig todt.
Wie ist mir doch? Wohin soll nun mein Haupt sich wenden?
Die Stirne, die so sanft einst schlief in Deinen Händen?
Was ist mir Alles, was die bunte Welt mir bringt?
Was wird aus meinem Schmerz, den Du nur kannst ersticken,
Aus meinem Auge, das Licht trank aus Deinen Blicken,
Der Stimme, die nur spricht, wo Deine Stimme klingt?
Mein Auge sieht zerstreut, wie hin der Weg sich windet,
Wie Baum um Baum erscheint, vorüber schwebt und schwindet,
Der grüne Wald, die Flur, der Ernte goldnes Meer,
Der Berge Höhn, der Stern des Abends hoch am Himmel,
Der spitze Glockenthurm, die Stadt und ihr Gewimmel,
Und Nebelwogen drüber her.
Das Korn, der grüne Wald, die Hügel und die Seen,
Die Sterne, die herauf und die hinunter gehen, –
Kalt läßt mich Alles, was Du nicht mit mir gesehn:
Was sind die Schlösser mir, die Bürgen alter Zeiten,
Wenn ihr bemooster Thurm nicht hört Dich, Holde, schreiten
Durch's Pflaster hin des Hofs, und mir zur Seite gehn?
So muß ich heute denn und morgen, und wie lange
Zur Sonne trauernd sehn im Auf- und Niedergange,
Ach, ohne Deinen Blick, Dein Lächeln, ohne Dich!
Ich höre Deinen Schritt nicht mehr in meiner Nähe,
Ich fühle Deine Hand nicht, wenn empor ich sehe,
Die oft mir über's Auge strich.
Und dennoch muß ich, wenn ich in der Abendstunde
Dir schreib', im Briefe Dir mittheilen frohe Kunde,
Und sprechen: »Tröste Dich, mein Kummer ist verdrängt,«
Mag jeder Augenblick, den fern von Dir ich lebe
In Angst, daß Ungemach Dich tausendfach umschwebe,
Ein blankes Schwert auch sein, das über'm Haupt mir hängt.
Was thust Du jetzt? – Du sitzst am Tische wohl, Du breitest
Die Karte, suchst den Weg, auf dem Du mich begleitest,
Und sprichst: »Wo mag er sein? – O würd' ihm, was ihn heilt!
Wo er auch sei, soll Lieb' und Achtung ihn umschweben,
Und eine Wirthin, die nach einem theuern Leben
Gleich mir sich sehnt, das ferne weilt. –
Wie schnell er reist! Er hat die ferne Stadt, die alte,
Wohl längst schon hinter sich, die Brücke sammt dem Walde,
Wo eine große That geschehn; er fährt vielleicht
Durch jene Thäler hin, und sieht an Bergesschlünden
Das Kreuz am Wege, das dem Wandrer soll verkünden,
Daß letztes Jahr ... Will's Gott, er hat sein Ziel erreicht!« –
Mein Vater wischt Dir ab das Auge, lächelnd pocht er
Dir auf die Schulter: »Kind, komm, küsse Deine Tochter;
Sei nur getrost, er kehrt uns Allen bald zurück.
Er lacht, und ist wohlauf, er sieht vielleicht die Stelle,
Wo einst gelebt ein Held, sieht eine Grabkapelle,
Und betet dort für unser Glück.
Du weißst ja, liebes Kind, er liebt, vom Mond beschienen,
Portale, Zinnen mit uraltem Schmuck, Ruinen
Der gothisch alten Kunst, mit maurischer vermählt,
Und röm'sche Thürme, die achteckig sich erheben.
Und, schuppig ausgehau'n, hoch in die Wolken streben,
Wovon er am Kamin uns schon so oft erzählt ...«
So sucht der Veteran den Schmerz Dir wegzureden,
Von seinen Fahrten spricht er, unsern großen Fehden,
Wie wir am Tajo, wie wir am Tessin gesiegt,
Vom Heldenkaiser auch, dem großen Völkerschrecken ...
Die Stimme dämpft er, um das Kleine nicht zu wecken,
Das schlummernd Dir am Busen liegt.