Victor Hugo
Victor Hugo's sämmtliche poetische Werke. Zweiter Band
Victor Hugo

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Ihr Name.

Nomen aut numen.

Dreizehnte Ode.

Der Lilie reiner Duft, der Sonne letztes Glühen,
  Das Säuseln, wenn der Abend thaut,
Des Freundes Klage, der dem Freund des Lebens Mühen
Will lindern, das Lebwohl der Stunden, die verblühen,
  Der Liebesküsse holder Laut;

Das siebenfarbige Band, das, fliegend gleich Trophäen,
Der Sturm der Sonne läßt, die siegt im Himmelsraum,
Der lieben Stimme Ton beim ersten Wiedersehen,
Der Jungfrau stiller Wunsch und tief geheimes Flehen,
  Des Kindes erster holder Traum;

In stiller Wüstenluft der Memnonsäule Klingen
  Beim ersten Strahl des Morgenlichts,
Das Zittern eines Tons, verhallend fernes Singen, –
Was nur es geben mag von himmlisch süßen Dingen,
  Süß wie ihr Name klingt doch Nichts.

Leis, meine Laute, darfst du nur den Namen nennen.
Und ein Gebet für sie sei jegliches Gedicht.
Er soll als ew'ges Licht im dunkeln Tempel brennen,
Er sei das heilge Wort, das fromme Beter kennen,
  Das stets dieselbe Stimme spricht.

Ja, Freunde, eh' ich ihn in Worten, die wie Flammen
  Auflodern, ihn, der mich erfüllt,
Mit andern Namen, die unheilgem Kreis entstammen,
Und die die Welt verehrt, je nennen mag zusammen,
  Das Kleinod, das mein Herz verhüllt, –

Muß hell mein Lied erst, rein, wie jene Hymnen klingen,
Bei deren heil'gem Ton die fromme Andacht kniet;
Durch alle Lüfte muß es sie erschütternd dringen,
Wie wenn ein Engel, leis bewegend seine Schwingen,
  Im Flug an uns vorüberzieht.

1823.


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